Uruguay war das erste Land der Erde, das einsah, dass ein legaler Markt für das natürliche Rauschmittel Cannabis ein besseres Ergebnis bringen könnte als ein florierender Schwarzmarkt. Vor zehn Jahren wurde daher der Weg geebnet, den erwachsenen Einwohnern einen staatlich kontrollierten Zugang zu gewähren.
Nachdem der Eigenanbau und Konsum einige Jahre lang das konkrete Bild dargestellt hatte, wurde ab Juli 2017 staatliches Marihuana zu niedrigen Preisen in Apotheken angeboten. Schon ein Jahr später zog man eine recht positive Bilanz, die nun zehn Jahre nach dem Versuch, den Schwarzmarkthandel auszutrocknen, erneut gezogen wird. Auch wenn nicht alles perfekt verläuft, kommt man dennoch zu dem Ergebnis, dass eine deutliche Verbesserung der Gesamtsituation stattgefunden hat.
Statt Schwarzmarkt: „Graumarkt“
Im Gespräch mit der Welt spricht die Sozialwissenschaftlerin Lorena Repetto von der Universität der Republik (Udelar) über die überraschenden Erkenntnisse, die knapp fünf Jahre nach dem Verkaufsstart von Cannabis in Apotheken gesammelt werden konnten. Zum einen weist sie darauf hin, dass es sich bei dem Projekt nicht um den Versuch handelte, ein staatliches Geschäftsmodell zu etablieren, sondern überwiegend dem Schwarzmarkt den fruchtbaren Boden zu entziehen. Man müsse der Mafia das Geschäft entreißen, sagte der damalige Präsident Pepe Mujica, um die Entscheidung für einen legalen Handel zu rechtfertigen.
Nach Analysen der vergangenen Jahre kommt die Wissenschaftlerin Repetto mit zwei Kolleginnen zu dem Schluss, dass der Schwarzmarkt trotz der Schaffung eines legalen Marktes nicht komplett verdrängt werden konnte. Doch ein Wettbewerb zwischen dem illegalen und legalen Markt habe dazu geführt, dass eine Art „Graumarkt“ entstanden sei, bei dem Marihuana legal produziert würde, allerdings auf nicht unbedingt legalen Umständen in Verkehr gebracht würde.
Dennoch ein Erfolg!
Laut einer kürzlich durchgeführten Umfrage des Instituts für Regulierung und Kontrolle von Cannabis (IRCCA) in Uruguay sei in erster Linie der Umstand der Grund für den Erfolg des „Graumarktes“, dass viele Nutzer von Cannabis mit der Qualität des staatlichen Marihuanas nicht zufrieden sind. 60 Prozent gaben an, dass dieses grüne Kraut nicht den erwünschten „Hit“ besitzen würde, weshalb sie das potentere Cannabis von Selbstkultivierern bevorzugten.
Dies habe trotzdem dafür gesorgt, dass immer weniger Menschen den Weg zu alteingesessenen Dealern einschlagen, was einen positiven Effekt bezüglich des Kontaktes dieser Personen zum kriminellen Milieu mit sich gebracht hätte. Zwischen 2014 und 2017 ging dessen Prozentsatz von 78 auf 41 zurück. Es wird daher als Erfolg gewertet, dass das Hauptziel des Projektes, die Verbraucher vom Drogenhandel und der damit verbundenen Gewalt fernzuhalten, in gewisser Weise funktioniert habe.
Mehr Gewissheit über die Realität
Weiter kam man zu mehr Klarheit, was den tatsächlichen Stand der Dinge betrifft. So konnte aufgedeckt werden, dass von den circa 3,4 Millionen Einwohnern Uruguays ungefähr 700.000 Menschen registrierte Cannabisnutzer sind. Von diesen würden wohl 70 Prozent auf den legalen Markt und die Versorgung in Apotheken zurückgreifen, während 20 Prozent ihr Marihuana lieber selbst produzieren. Zehn Prozent griffen auf Angebote aus Cannabis Social Clubs zurück, die das natürliche Rauschmittel für ihre gemeldeten Mitglieder herstellen.
Auch dass man eine steigende Zahl von registrierten Cannabisnutzern festhalten konnte, wird als Erfolg für die veränderte Drogenpolitik gewertet. Nachgebessert müsste das bisherige Vorgehen nach Ansicht einer Anwältin, die auf den medizinischen Einsatz von Cannabis spezialisiert ist, aber dennoch etwas. Man habe schließlich die Patienten betreffend des Zugangs zu ihrer bevorzugten Medizin vergessen. Ebenso die Touristen, die das Land bereisen und nicht legal an das eigentlich erlaubte Rauschmittel gelangen können. Dennoch wertet auch Julia Alves die Beendigung der Prohibition bezüglich der Kriminalitätsbekämpfung insgesamt als positiv.
Tourismus das nächste Ziel
Das angesprochene Problem mit dem legalen Erwerb aufseiten der Uruguay besuchenden Touristen wurde im November auch von dem Institut für Regulierung und Kontrolle von Cannabis in den Fokus gerückt. Experten präsentierten vor der Tourismus-Kommission der Abgeordnetenkammer einen Vorschlag, künftig auch Gästen des Landes etwas Cannabis legal zu gewähren. Man rechne mit 100.000 mehr Besuchern, würde diese Möglichkeit geschaffen, so die Aussagen, die auf „El Observador“ veröffentlicht wurden.
Dort wurde auch Daniel Radio zitiert. Der für Drogenpolitik zuständige Generalsekretär (JND) verglich dort am Beispiel des Alkoholgenusses im Ausland, dass man in diesem Falle auch nicht von Drogentourismus sprechen könne. Eine Öffnung des legalen Marktes für Touristen würde dazu wohl auch mit Gewissheit dafür Sorge tragen, dass der Gang zum alteingesessenen Dealer nochmals seltener eingeschlagen wird.
Was Deutschland aus den Ergebnissen des legalen Marktes in Uruguay dagegen schnell lernen sollte, wäre die Tatsache, dass Konsumenten nur bedingt auf limitierte THC-Werte beim Cannabis beschränkt sein möchten. Der „Graumarkt“ lockt dann nur stärker!