Viele Menschen aus der Cannabisbranche hatten darauf gesetzt, dass Deutschland den Hanf freigeben wird. Eine vollständige Legalisierung wurde erwartet, was jetzt leider nicht in der erhofften Form passieren wird. Einzig der Konsum, der Anbau zum Eigenbedarf sowie die Produktion von Cannabis in Vereinen für die Mitglieder der Social Clubs soll im ersten Schritt erlaubt werden.
Später soll es dann auch wissenschaftlich begleitete Modellprojekte in gewissen Regionen geben, wo das Genussmittel erworben werden darf. Doch all diese Entwicklungen werden wirtschaftlich nicht die Erwartungen erfüllen, die bei einer vollständigen Legalisierung prognostiziert wurden. Anstatt jährlich allein 4,7 Milliarden Euro in die Staatskassen zu spülen, werden nach neueren Berechnungen durch die Legalisierung Light gerade einmal 1,1 Milliarden Euro aufgrund der Entlastungen eingespart.
Verdienen können Unternehmen, die sich auf Cannabis spezialisieren, jedenfalls weiterhin nur in der Medizinalhanfsparte. Doch es gibt seitens der Involvierten auch Überlegungen, wie man unter den kommenden Umständen das Geschäft etwas ausweiten könnte.
Service für Cannabis Social Clubs
Cannabis-Start-ups hatten damit gerechnet, dass sie in Zukunft Fachgeschäfte beliefern oder sogar gleich selbst eröffnen dürfen. Doch nun müssen die Pläne umgeschrieben und Investoren beruhigt werden, berichtet das Portal der Wirtschaftswoche. Dort kommt unter anderem auch der CEO des Frankfurter Start-ups Bloomwell zu Wort, der mit den Einschränkungen zu arbeiten versucht. Niklas Kouparanis erklärt, dass man sich jetzt auf die Cannabis Social Clubs konzentrieren und diesen sinnvolle Konzepte anbieten wolle. Man wolle den Cannabis Social Clubs etwa Zubehör für die Pflanzenzucht, Hanfsamen und die entsprechende IT-Infrastruktur liefern, so der CEO von Bloomwell.
In Kürze könnten sich die Vereine auf der Webseite des Unternehmens dazu registrieren. Es dürften nach seiner Ansicht nach Tausende der Clubs in Deutschland nötig sein, um den Bedarf an Cannabis in der Bevölkerung zu decken, wobei es vermutet wird, dass sich die meisten der Vereine in Ballungszentren befinden werden. Doch es ist aktuell noch nicht abzuschätzen, wie viele Vereine es tatsächlich geben wird, auch weil noch nicht abzusehen ist, wo überhaupt die geeigneten Plätze dafür zu finden sein werden.
Es wird schließlich die Auflage geben, dass CSCs stets den Abstand von 250 Metern zu Schulen, Kitas, Sportstätten, Jugendeinrichtungen und Spielplätzen wahren müssen, sodass die Einrichtungen vor einigen Hürden stehen. Laut Datenanalysen von Bloomwell wäre es etwa in Heidelberg fast nicht möglich, einen Cannabis Social Club unter diesen Bedingungen zu eröffnen. Dennoch rechnet man bei dem Unternehmen damit, dass die ersten Clubs in Deutschland ab dem ersten Quartal des nächsten Jahres ihre Arbeit aufnehmen können.
Probleme werden erkannt
Philipp Goebel, der Geschäftsführer von Demecan sieht in den Anbauvereinen auch Gefahren. Es wäre laut Goebel theoretisch möglich, dass die Produktion von Cannabis in den Social Clubs ein Einfallstor für den Schwarzmarkthandel schaffen könnte, da man den Anbau dort schlecht kontrollieren könne. Daher plädiere man bei Demecan dafür, dass man die Clubs auch seitens zertifizierter Produzenten beliefern lassen müsse.
Auch der einige Unternehmen in Rechtsfragen beratende Anwalt Gunnar Sachs, ein Partner bei der renommierten Kanzlei Clifford Chance, hält gewisse Gefahren durch die Vereine für möglich. Es sei seiner Meinung nach fraglich, wie sichergestellt und kontrolliert werden könne, dass Vereinsmitglieder das in dem Club bezogene Cannabis nicht an Dritte weiterverkaufen. Notfalls müssten die zuständigen Behörden dies kontrollieren, obwohl es einst geplant gewesen war, die Behörden mit der Cannabislegalisierung zu entlasten. Positiv könnte sich hingegen die Entkriminalisierung auf die Akzeptanz von Cannabis in der Medizin auswirken, denken Beobachter. Es sei davon auszugehen, dass die Verschreibungszahlen steigen werden, wenn medizinisches Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel betrachtet würde.
Modellprojekte als Alternative
Da sich als zweite Säule der Legalisierung Modellprojekte etablieren könnten, sieht man in Unternehmen hier eine kleine Chance auf Beteiligung. Wenn Cannabis zu Genusszwecken in entsprechenden Einrichtungen an Erwachsene verkauft werden darf, benötigen diese Waren aus professioneller Herstellung. Finn Hänsel, der CEO der Sanity Group, berichtet daher auch darüber, dass man sich in strategischen Planungen mit den Pilotprojekten bereits beschäftigte und sie stets als eine von mehreren Möglichkeiten betrachtet habe.
Man hätte sich daher auch schon frühzeitig im Rahmen der Schweizer Pilotprojekte eingebracht, um dort wertvolle Erfahrungen machen zu können. Man sehe in der Umsetzung von Pilotprojekten in Deutschland somit auch eine wichtige Chance. Inwieweit es sich jedoch tatsächlich lohnen wird, unter strengen Auflagen und großem Aufwand Cannabis für einige Modellregionen zu produzieren, lässt sich bislang schwer abschätzen. Der Anwalt Gunnar Sachs bremst die Euphorie ein wenig aus.
Die regional beschränkten Modellprojekte wären schließlich auch nur auf fünf Jahre angelegt und würden danach wissenschaftlich bewertet. Aber auch wenn die Analyse anschließend positiv ausfallen würde, wäre es bis zu einer vollständigen Legalisierung in Deutschland noch ein weiter Weg. Vergessen dürfe man weiterhin nämlich nicht, dass man immer noch eine Zustimmung der Europäischen Kommission benötigen würde, bevor Cannabis frei verkauft werden dürfte.