Gerade erst vor wenigen Tagen hatten wir in einem Beitrag darüber berichten dürfen, dass das zuständige Gericht den Befangenheitsantrag gegen den Jugendrichter Andreas Müller als unbegründet abgelehnt hat. Lange währt die Freude jedoch nicht. Die Staatsanwaltschaft hat angekündigt, die Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen zu wollen.
Der Jugendrichter ist mittlerweile bei Konsumenten bekannt
Der Jugendrichter Andreas Müller ist mit Gewissheit sehr vielen Menschen, die etwas mit Cannabis zu tun haben, ein Begriff. Sehr lautstark hat er sich schon des Öfteren öffentlich für das Ende der Cannabis-Prohibition eingesetzt. Stets betonte er, dass die Strafverfolgung von Konsumenten kein angemessenes oder geeignetes Mittel ist, mit der Hanfpflanze und den Menschen, die sie schätzen, umzugehen. Im Rahmen eines Strafverfahrens gegen einen Heranwachsenden wegen Besitz von etwas mehr als 28 Gramm Cannabis, bei dem Richter Müller den Vorsitz innehatte, hatte dieser den Prozess aufgrund von Zweifeln, ob das Verbot von Cannabis mit der Verfassung konform geht, gestoppt.
Der Normenkontrollantrag als Anlass für einen Befangenheitsantrag
Der Hanfverband hatte vor einiger Zeit viel Mühe in eine groß angelegte Justizkampagne gesteckt, deren Ergebnis unter anderem die Erstellung einer Richtervorlage war. Mithilfe dieser Vorlage kann ein sogenannter Normenkontrollantrag gestellt werden, der anschließend beim Bundesverfassungsgericht eingereicht wird. Jugendrichter Müller stellte diesen Antrag im April 2020, da er die Prohibition für verfassungswidrig hält. Dies soll das BVerfG nun überprüfen. Müller entschied überdies, das Verfahren gegen den Angeklagten auszusetzen, bis über den Normenkontrollantrag entschieden sei. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) nahm dies zum Anlass, einen Befangenheitsantrag gegen den Richter zu stellen.
Gericht lehnt Antrag der Staatsanwaltschaft ab
Vor einigen Tagen entschied eine Richterin am Amtsgericht in Bernau, dass der Befangenheitsantrag gegen Richter Müller abzulehnen ist. Dies berichtete der Gerichtsdirektor Thomas Melzer vor wenigen Tagen. Die Staatsanwaltschaft will die Entscheidung des Gerichts jedoch nicht annehmen und soll bereits Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Befangenheitsantrags eingereicht haben, wie ein Sprecher der Behörde bestätigte.
Man habe nach Müllers jahrelangem Wirken gegen das Cannabis-Verbot die Besorgnis, dass der Jugendrichter in solchen Prozessen befangen sei, so heißt es in der Erklärung der Staatsanwaltschaft. Damit ist wohl neben einigen öffentlichkeitswirksamen Auftritten, bei welchen Müller seine Haltung für eine Legalisierung kundtat, auch die Tatsache gemeint, dass der Richter bereits 2002 das oberste Gericht in Karlsruhe anrief zu prüfen, ob das Verbot von Cannabis mit dem Grundgesetz vereinbar ist, damals leider erfolglos.
Befangenheitsantrag geht in die nächste Instanz
Über die Motivlage hinter dem Vorgehen gegen Richter Andreas Müller, auch jetzt nach Zurückweisung des Antrags, lässt sich unterdessen nur spekulieren. Handelt es sich vielleicht um den bloßen, mittlerweile in die Jahre gekommenen Idealismus, den man heute eigentlich nur noch bei Bundestagsdebatten von CDU- und AfD-Mitgliedern zu hören bekommt?
Oder ist es einfach nur sehr schwer, sich mit der Ablehnung des Befangenheitsantrags und damit der Niederlage in Bernau abzufinden? Hatte man sich insgeheim vielleicht ein Schulterklopfen und ein wenig positive Publicity erhofft? Über die Beschwerde gegen das Urteil wird also nun das Landgericht entscheiden müssen. Wir drücken Richter Müller die Daumen.