Seit Jahren setzt sich Richter Andreas Müller öffentlich gegen ein Ende der Prohibition von Cannabis ein. Aus diesem Grund hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) jetzt einen Befangenheitsantrag gegen ihn gestellt. Sollte der Antrag Erfolg haben, könnte Müller in Zukunft in vielen Cannabis-Prozessen nicht mehr als Richter auftreten.
Es geht um ein konkretes Verfahren am Amtsgericht Bernau, wo einem Heranwachsenden unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln in Form von 28,4 g Cannabis vorgeworfen wird. Die Staatsanwaltschaft hat Zweifel an Müllers Neutralität.
Befangenheit aufgrund von Äußerungen und Publikationen
„Wir haben uns aufgrund einer Gesamtschau dieser Publikation und seiner Äußerungen in den Medien dazu entschieden, die Besorgnis der Befangenheit anzunehmen“.
Andreas Müller beantragte, das besagte Verfahren auszusetzen, bis die Verfassungsmäßigkeit des Verbots von Cannabis geprüft worden sei. Laut Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) habe man auf Grundlage des Verfahrens und Müllers vergangener Äußerungen entschieden, einen Befangenheitsantrag gegen den Richter zu stellen. Sollte dieser bewilligt werden, müsste Müller sich aus diesem konkreten Fall zurückziehen.
Eine Rolle für die Entscheidung soll auch Müllers Buch „Kiffen und Kriminalität – Der Jugendrichter zieht Bilanz“ gespielt haben. „Wir haben uns aufgrund einer Gesamtschau dieser Publikation und der Äußerungen in den Medien dazu entschieden, die Besorgnis der Befangenheit anzunehmen. Wir gehen davon aus, dass er sich unverrückbar endgültig festgelegt hat und unabhängig von diesem Normenkontrollantrag nicht mehr zu einer Verurteilung kommen kann“, sagte Ricarda Böhme, Staatsanwältin und stellvertretende Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder gegenüber Vice.
Müller als bekanntes Gesicht der Legalisierung
Seit vielen Jahren setzt sich Andreas Müller für die Entkriminalisierung von Cannabis ein, schreibt Bücher, diskutiert in Talkshows, hält Vorträge. Im Oktober 2019 wandte er sich in einem sogenannten Normenkontrollantrag an das Bundesverfassungsgericht, um das Cannabisverbot prüfen zu lassen.
Sollte der Befangenheitsantrag Erfolg haben, wird sich das weder auf Andreas Müllers Normenkontrollantrag ans Verfassungsgericht noch auf andere zurückliegende Fälle auswirken. Sehr wohl aber auf alle vergleichbaren Fälle in der Zukunft. Hier müsse man konsequenterweise dann ebenfalls davon ausgehen, dass Müller in der Sache nicht neutral sei, so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Richter Müller darf sich zu dem laufenden Verfahren noch nicht öffentlich äußern.