Seit mehreren Jahren läuft in Spanien das Modell der Cannabis Social Clubs. Sie entstanden auf der Grundlage des Rechts, dass Pflanzen für den Eigenbedarf angebaut werden dürfen. Unter Berufung auf das Vereinsrecht haben sich Menschen zusammengetan und einen Verein gegründet, der gemeinschaftlich Cannabis anbaut und über den Mitglieder Cannabis und Cannabisprodukte erwerben können. Ein neues Urteil des Tribunal Supremo bringt Unruhe in die Szene.
Cannabis Social Club
Bereits seit Längerem gibt es in Spanien das Modell der Cannabis Social Clubs, das auch für eine mögliche Legalisierung in anderen europäischen Ländern diskutiert wird. Das oberste spanische Gericht schuf einen Rahmen, in dem die Vereine arbeiten können. Die Clubs sind zwar per Gesetz nicht legal reguliert, bewegen sich durch andere gesetzliche Bestimmungen aber in einem straffreien Raum und werden toleriert.
Halten sich die Cannabis Social Clubs an die sogenannte Doktrin des geteilten Konsums (doctrina del consumo compartido), ist der Konsum in den Räumlichkeiten des Vereins nicht strafbar. Demnach können die Clubs für ihre Mitglieder Cannabis anbauen. Der Bedarf eines jeden Mitglieds wird im Vorfeld ermittelt. Außerdem darf kein Cannabis an Dritte weitergegeben werden und die Clubs dürfen nicht gewinnorientiert wirtschaften. So weit, so gut. Das oberste Gericht in Spanien fällte Ende letzten Jahres ein neues Urteil, das die Arbeit der Vereine enorm erschwert und in der spanischen Cannabis-Szene für erhebliche Beunruhigung sorgt.
Ende des CSC-Modells?
Konkret zusammengefasst besagt das Urteil des obersten spanischen Gerichts, dass die Cannabis Social Clubs illegal sind. Mit ihren Aktivitäten haben die Clubs gegen das Gesetz verstoßen und ohne Änderung des Strafgesetzbuches könne die Arbeit der Vereine von den Regionalparlamenten nicht reguliert werden.
Alles begann 2011 mit einer Razzia in dem Club EBERS in Bilbao. Die Polizei stellte insgesamt knapp 5 kg Cannabis sicher und mehrere Mitglieder des Clubs wurden wegen Drogenhandel, Angriff auf die öffentliche Gesundheit, Teilnahme an einer kriminellen und unrechtmäßiger Vereinigung angeklagt. Obwohl das Regionalgericht Bilbao alle Beteiligten freisprach, brachte die Staatsanwaltschaft den Fall vor das oberste Gericht und die Angeklagten wurden aufgrund der Förderung des Cannabiskonsums von Dritten zu Haftstrafen von jeweils 3 und 6 Monaten verurteilt. Der Tatbestand wurde als Angriff auf die öffentliche Gesundheit gewertet und ist somit strafbar.
Im Zuge dessen fällte der Tribunal Supremo ein strenges Urteil darüber, ob die Cannabis-Vereine unter die Doktrin des geteilten Konsums fallen. Die Social Clubs sind methodisch organisiert, institutionalisiert und damit offen für den Zugang weiterer Mitglieder. Und da liegt das Problem, denn laut dem Urteil ist dies nicht Teil der „Abmachung“.
Das Verfassungsgericht ist der Auffassung, dass das spanische Gesetz in Bezug auf illegale Betäubungsmittel klar und eindeutig definiert ist und vom obersten Gericht auch richtig ausgelegt wurde. Sprich, alle damals gefällten Urteile sind somit rechtskräftig. In der Begründung des Verfassungsgerichts finden sich keinerlei Argumente, die diese Entscheidung begründen würden. Damit endet eine jahrzehntelange juristische Debatte über die unklare strafrechtliche Bestimmung, die von vielen Clubs als Schlupfloch genutzt wurde. Ob die strafrechtlichen Bestimmungen neu formuliert werden, darf angesichts der restriktiven Haltung der Richter, die eine Cannabis-Regulierung ablehnen, bezweifelt werden. Denn diese scheinen sowohl im obersten Gerichtshof als auch beim Verfassungsgericht in der Mehrheit zu sein.
In Bezug auf die Auslegung des Gesetzes besagt das Urteil, dass Cannabis eine für die Gesundheit gefährliche Substanz ist und insofern ist jede Nutzung, die nicht von der Zulassungsstelle für Arzneimittel autorisiert ist, illegal. Trotzdem stellt sie noch keine Straftat dar. Jede absichtliche Herstellung von Cannabis zu Konsumzwecken, die über den Eigenbedarf hinausgehen, sind sehr wohl eine Straftat. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine kommerzielle Absicht dahintersteckt oder nicht. So gesehen stellen die Cannabis Social Clubs nun keine Form des Eigenbedarfs mehr dar und ihre Arbeit wird als Straftat angesehen. Damit fällt die letzte gesetzliche Hintertür zu, die den Clubs ihr Dasein erlaubte.
Durch die restriktive Interpretation der Doktrin des geteilten Konsums wird es für die bereits existierenden Clubs immer schwieriger, alle Auflagen zu erfüllen. Im Jahr 2013 erklärte die spanische Generalstaatsanwaltschaft alle Cannabis-Clubs zu kriminellen Organisationen, die man verfolgen müsse. Deshalb konnte das Urteil über die Freisprüche im Fall EBERS auch angefochten werden. Francisco Babín, Beauftragter der nationalen Drogenpolitik, kündigte schon seit Längerem an, dass sich die Gerichte um die Cannabis Social Clubs kümmern würden. Nun hat man die Gesetzeslücke geschlossen und vor allem größere und professionell geführte Clubs dürften in große Schwierigkeiten geraten. Denn jetzt können sich die Verantwortlichen nicht mehr darauf beruhen, „nichts gewusst“ zu haben.
Es bleibt jedoch weiter unklar, wo die Grenze zu kleineren Clubs gezogen wird, die dem laut Verfassungsgericht zulässigen, kollektiven Eigenbedarfsanbau gerecht werden. Sollte auf nationaler Ebene nicht bald eine eindeutige Regelung formuliert und der Gesetzestext geändert werden, besteht die Gefahr, dass die tolerante Cannabis-Politik in Spanien ein herbes Ende nimmt.