Ein Krieg hinterlässt Spuren. Nicht nur in der Umgebung und Natur, auch in den Köpfen derjenigen, die den schrecklichen Umständen über einen gewissen Zeitraum ungeschützt ausgesetzt sind. In Israel wird daher schon seit Dekaden auf die heilende Wirkung von Cannabis gesetzt, die etwa Überlebenden des Holocaust eine verbesserte Nachtruhe und Beruhigung ihres Gemütszustandes ermöglicht. Auch Kriegsveteranen in den USA wissen über die Einsatzmöglichkeiten des natürlichen Heilkrautes bei Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS).
Da auch in der vom aktuellen Krieg belasteten Ukraine bereits viele Menschen mit den schwierigen Umständen umzugehen haben und im letzten Jahr die ersten Bemühungen getätigt wurden, Cannabis für medizinische Zwecke zu legalisieren, setzt sich nun selbst der Präsident des Landes für einen Fortschritt diesbezüglich offen ein. Vor dem Parlament forderte Wolodymyr Selenskyj die Freigabe von Medizinalhanf, damit Kriegs-Traumata in der Bevölkerung damit behandelt werden können.
Stärksten Sektor für geistige und körperliche Rehabilitation aufbauen
Vor der Werchowna Rada appellierte Wolodymyr Selenskyj an die Abgeordneten des ukrainischen Parlamentes, medizinisches Marihuana für vom Krieg traumatisierte Menschen und andere schwer erkrankte Personen zu legalisieren. Er sprach davon, dass alle besten Praktiken der Welt, alle wirksamsten politischen Maßnahmen und alle Lösungen, in der Ukraine angewendet werden müssten. Es sei egal, wie schwierig oder ungewöhnlich sie erschienen. Dies müsste unbedingt getan werden, damit alle Ukrainer, nicht „den Schmerz, Stress und das Trauma des Krieges“ ertragen müssen. Ebenfalls, sagte er, wäre es notwendig, dass Rehabilitationszentren für physische und psychische Erkrankungen ausgebaut würden.
Hierfür müsse man auch entsprechende Einrichtungen neu aufbauen, in denen Personal ausgebildet werden könne. Nur so könne die Versorgung der Bevölkerung abgesichert werden. Doch insbesondere wäre es wichtig, Cannabis-Medikamente „endlich für alle, die sie benötigen, fair zu legalisieren“. Dazu zähle auch eine angemessene wissenschaftliche Forschung und eine kontrollierte Produktion der Arznei in der Ukraine, berichtet unter anderem Merkur.de. Dass dies insgesamt auch von den Menschen im Land befürwortet wird, sieht man auch an einer laufenden Petition, die von ukrainische Menschenrechts-, Patienten- und Veteranenorganisationen gestartet worden ist.
Inhalte des Gesetzesentwurfs der Regierung
Die „Ukrainian Association of Medical Cannabis“ berichtete gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax, dass der Gesetzesentwurf der Selenskyj-Regierung bereits einige Details über die Handhabung mit Medizinalhanf und Medikamenten auf Cannabisbasis verrät. So soll darin unter anderem die ärztliche Verschreibungsfähigkeit der Arzneimittel, die Abgabe an Patienten sowie der Anbau und das in Umlauf bringen der Cannabis-Medikamente geregelt sein.
Nach Aussagen von Dmytro Sherembey, dem Vorsitzenden des Koordinierungsrates des Vereins „100 % Leben“, sei die ukrainische Bevölkerung nach Umfragen mehrheitlich für die Freigabe von Cannabis zu medizinischen Zwecken. Man dürfe seiner Aussage nach nicht länger mit der Legalisierung warten, da die Folgen für Veteranen, Zivilisten und Patienten mit schweren Krankheiten sonst nur schlimmer würden. Das Leben der Menschen wäre schließlich das Kostbarste.
Mehr als zwei Millionen Personen in der Ukraine sollen schon vor Ausbruch des Krieges die natürliche Arznei benötigt haben – eine Zahl, die durch die Folgen des russischen Angriffs jetzt leider wohl nur deutlich ansteigen wird.