Das deutsche Gesetz für den Umgang mit Cannabis als Medizin gilt als Pionierleistung in Europa. Nirgendwo sonst gibt es ein vergleichbar ausgearbeitetes Regelwerk, nirgendwo sonst in Europa gibt es so viele Menschen, die Cannabis auf einem Rezept verordnet bekommen und in der Apotheke beziehen können. Doch auch in anderen Ländern werden immer mehr Patienten mit Cannabismedikamenten behandelt. Österreich verzeichnete im vergangenen Jahr erneut einen Rekord bezüglich der Einfuhrmengen von Cannabis für den medizinischen Gebrauch.
Immer mehr Patienten trotz langsamer Fortschritte
Im Vergleich zum benachbarten Deutschland, oder einigen Nationen auf dem amerikanischen Kontinent, sind die Fortschritte im Bereich Cannabis als Medizin in Österreich eher sehr langsam und so ist der Zugang für Patienten vergleichsweise eingeschränkt. Dennoch beherbergt Österreich im Verhältnis zur Bevölkerung doch eine wachsende Zahl Patienten, die legal medizinisches letzten Jahr einen Rekordzuwachs verzeichneten. Entsprechend aktueller Daten des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) hat Österreich im Jahr 2021 etwa 6.460 Gramm Dronabinol importiert. Das bedeutet einen Anstieg von 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Warum wird gerade Dronabinol importiert?
In Österreich selbst werden keine Cannabismedikamente unmittelbar hergestellt, darum ist die Republik auf Importe angewiesen. Medizinisches Cannabis darf in Österreich nur von der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) angebaut werden. Die Erträge werden dann exportiert und im Ausland zu Fertigarzneien wie Dronabinol verarbeitet. Anders als in Deutschland ist eine Verordnung von Cannabisblüten zum medizinischen Gebrauch nicht legal. Dronabinol mit einem Reinheitsgrad von mindestens 95 Prozent ist eine der wenigen Formen von Cannabisarznei, die in Österreich zugelassen ist, ebenso die Medikamente Sativex und Nabilon.
Patientenzahlen im Durchschnitt
Zwar ist davon auszugehen, dass mit der steigenden Menge der importierten Cannabismedizin auch die Anzahl der Patienten gestiegen ist, aktuelle und genaue Zahlen dazu sind aber kaum zu finden. Die letzten bekannten Daten zeigten für 2018 zwischen 7.000 und 8.000 Patienten an. Auch wenn die Zahlen zunächst nicht besonders hoch zu sein scheinen, so entsprechen sie in etwa den Patientenzahlen von Ländern wie Polen, Dänemark und den Niederlanden. Mehr Cannabispatienten findet man zum Beispiel in Deutschland oder auch Italien.
Wenig Perspektive für parlamentarische Reformen, Hoffnung liegt bei Verfassungsgericht
Für die nächsten Jahre ist in Österreich nicht mit progressiven Reformen in der Cannabis-als-Medizin-Gesetzgebung zu rechnen. Die derzeitige Regierung hatte sich unlängst gegen jede Liberalisierung ausgesprochen, die zum Beispiel Cannabisblüten oder andere Extraktprodukte für den medizinischen Gebrauch zulassen würden. Auch die Ärzteschaft und die Krankenkasse zeigen kaum Interesse an Cannabistherapien. Kostenübernahmen sind daher für Patienten nur schwer zu erhalten. Ähnlich wie in Deutschland zahlt ein großer Teil der Patienten ihre Cannabismedikamente selbst. Das macht Cannabis in Österreich ebenfalls zu einem Medikament für Besserverdienende. Allgemein wird das Cannabisverbot in Österreich derzeit vor dem Verfassungsgerichtshof angefochten. Parallel zu Deutschland wird auch beim Nachbarn überprüft, ob eine Cannabis-Prohibition noch rechtlich vertretbar ist.