Seit 2017 können kranke Personen unter den richtigen Umständen Cannabis ärztlich verschrieben bekommen, das sie mit dem entsprechenden Rezept ausschließlich aus Apotheken beziehen können. Die Preise für die natürliche Medizin sind außergewöhnlich hoch, da spezielle Abrechnungsformen für die Fertigarznei in Blütenform oder die Zubereitung von zerkleinerten Blüten, Cannabisextrakten oder Dronabinol-Zubereitungen gelten.
In Anlage 10 der Hilfstaxe waren die genauen Berechnungsgrundlagen seit März 2020 bislang verankert, mit denen neben den selbst zahlenden Patienten auch die Gesetzlichen Krankenkassen nicht ganz einverstanden waren. Nach einem Jahr und fünf Verhandlungsterminen ist nun ein Schiedsspruch gefallen, der die Preise und Abrechnungsregeln von BfArM-Medizinalcannabis für die Zukunft festlegt.
Die Hintergründe und die Neuerungen
Im April 2021 wurden der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und der Deutsche Apothekerverband (DAV) vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) dazu aufgefordert, alle BfArM-Cannabisblüten wegen ihres geringen Herstellerabgabepreises in der Hilfstaxe zu berücksichtigen. Der Preis beträgt 4,30 € pro Gramm Cannabis. Da sich die beiden Parteien jedoch nicht auf einen gemeinsamen Nenner einigen konnten, entschied nun die Schiedsstelle über die Problematik.
Der nun gefällte Schiedsspruch sehe laut Informationen der Pharmazeutischen Zeitung drei Neuerungen in der entsprechenden Anlage 10 der Hilfstaxe vor. Diese gelten fortan in den Bereichen der Preisgestaltung für alle vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vertriebenen Cannabissorten. Hierbei bezieht sich die Neuregelung auf alle in unverändertem Zustand belassenen Blüten, auf die Preisregelung für Zubereitungen sowie auf die Abrechnungsoptionen für zu vernichtendes BfArM-Cannabis. Alle neuen Regeln sollen rückwirkend zum 01. Juni 2021 in Kraft treten.
Genaue Abrechnungsregeln
Der Schiedsspruch sieht vor, dass der vom BfArM mitgeteilte Preis von 4,30 pro Gramm auf unveränderte Cannabisblüten zuzüglich eines Aufschlags von 100 Prozent auf die verordnete Menge abrechnungsfähig sei. Ein spezielles Sonderkennzeichen gehöre dazu auf die Abrechnung. Für Zubereitungen mit Cannabis dürfe der Preis von 4,30 € pro Gramm plus ein Zuschlag von 90 Prozent auf die verordnete Menge aufgerechnet werden. Wieder mit einem Sonderkennzeichen auf der Abrechnung versehen. Bezüglich der nachweislichen Vernichtung von Cannabisblüten soll der Schiedsspruch vorsehen, dass Apotheken maximal viermal im Jahr zwischen 5 und 45 Gramm einer Cannabissorte zu 4,30 € abrechnen können sollen, wobei angebrochene Gebinde verschiedener Sorten nicht auf der gleichen Abrechnung erscheinen dürften.
Spätestens im Folgemonat nach der Vernichtung könne die Rechnung an die Krankenkasse gestellt werden, daraufhin müsse die Kasse bei vorliegenden Belegen innerhalb von 30 Tagen den Betrag begleichen. Alle Regeln sollen zunächst bis zum 30.06.2023 Gültigkeit besitzen. Wenn die Vereinbarung bis dahin jedoch nicht gekündigt würde, bestünde sie aber solange weitere, bis ein neuer Vertrag geschlossen wird. Wichtig sei die Klärung bezüglich der Vernichtung von Cannabisblüten vor allem deshalb, da seit dem 01. Juli 2021 diese nur noch in Gebindegrößen von 50 Gramm an Apotheken abgegeben werden und dann teils nur vier Monate oder kürzer haltbar sind.
Deutscher Apothekerverband denkt über Klage nach
Mit dem Ergebnis des Schiedsspruchs seitens der Schiedsstelle ist offensichtlich der DAV nicht einverstanden, wie die Pharmazeutische Zeitung berichtet. Man hätte zum einen nicht die Forderung der Apotheker nach einer aufwandsbezogenen Vergütung erfüllt, die oberhalb der Arzneimittelpreisverordnung hätte liegen sollen. Zum anderen wäre übersehen worden, dass bei der Vernichtung von Cannabisblüten, deren Einkaufspreis nicht einberechnet worden ist, der somit nicht erstattet würde.
Der DAV wolle nach Informationen der Pharmazeutischen Zeitung jetzt wohl überprüfen, ob eine Klage gegen den Schiedsspruch Sinn ergäbe. Innerhalb eines Monats wäre die Zeit dafür gegeben. Inwieweit die Klärung der genauen Preisgestaltung von Cannabis aus Apotheken den bedürftigen Patienten nutzt, bleibt bei dem Streit für Außenstehenden jedoch gänzlich unbeantwortet.