Wer bereits in den Jahren 2017 und 2018 Cannabis als Medizin verordnet bekam, erinnert sich sicher noch daran, dass Cannabismedikamente manchmal Mangelware gewesen sind. Von der Auswahl, die wir jetzt in den Apotheken finden, konnte man damals nur träumen.
Heute ist das anders. Manche auf Cannabis spezialisierte Apotheke führt ein riesiges Sortiment von Blüten und anderen Cannabismedikamenten, sodass unerfahrene Patienten sich kaum orientieren und für sich das passende finden können. Tatsächlich ist das Überangebot an medizinischem Cannabis so groß, dass eine große Menge davon nie einen Patienten erreicht, sondern vernichtet werden muss.
Cannabis Überschuss trotz Unterproduktion
Nach wie vor produziert Deutschland selbst nur einen Bruchteil der Mengen Cannabis, die die Patienten für die Behandlung ihrer Beschwerden benötigen. Der Großteil wird importiert und stammt aus Ländern, die in der Kultivierung fleißiger sind, wie die Niederlande, Kanada, Südafrika, Mazedonien oder Dänemark. Mittlerweile kaufen die zahlreichen Vertriebsunternehmen sogar mehr Cannabis ein, als der Markt benötigt.
Im Jahr 2022 wurden knapp 23 Tonnen eingeführt – Deutschland lebt im Medizinalcannabis Überschuss. Ein Teil davon kann gelagert werden, ein weiterer Teil wird innerhalb der EU weiterverkauft, doch eine beachtliche Menge muss entsorgt werden. Etwa eine halbe Tonne Cannabis wurde bereits verbrannt, da es nicht mehr haltbar war und daher nicht mehr an Patienten abgegeben werden darf.
Recreational Markt als Absatz für überschüssiges Cannabis
Hätte die Ampelregierung ihre Koalitionsvereinbarung umgesetzt und eine umfassende Legalisierung mit Verkauf von Cannabis über lizenzierte Fachgeschäfte durchgesetzt, dann könnte überschüssiges Medizinalcannabis über diese Abgabestellen an Konsumenten veräußert werden. Mit der Entkriminalisierung und dem erlaubten Anbau zu Hause oder in Cannabis-Anbau-Clubs ist dies leider nicht so einfach zu bewerkstelligen.
Ebenfalls denkbar wäre vielleicht die Nutzung überschüssiger Medizinalcannabisblüten für die Weiterverarbeitung zu Cannabis-Fertigarzneimitteln. Dafür müssten die Anbieter der Blüten entweder Verträge mit weiterverarbeitenden Unternehmen aushandeln, oder selbst aus den Blüten andere Medikamente erzeugen.
Kein exklusives Problem der Cannabisbranche
Prinzipiell ist es natürlich bedauerlich und auf vielen Ebenen zu kritisieren, dass Cannabis vernichtet werden muss, für das es eigentlich jede Menge dankbare Abnehmer gäbe. Auch, wenn man die Tatsache kritisieren mag, dass Cannabismedikamente entsorgt werden, die nicht abverkauft werden können, ist dies ein völlig normaler Zustand ist. So kennen wir es auch von Lebensmitteln und anderen Produkten kennen, die bei uns im Überfluss produziert, sich dem Mindesthaltbarkeitsdatum nähern und weggeworfen werden. Wir haben es folglich nicht mit einem Problem der Cannabisindustrie zu tun, sondern mit einer traurigen Tatsache, die in unserem Umgang mit verderblichen Waren leider üblich ist.