Kaum ein Land ist so bekannt für den Krieg zwischen Drogenkartellen und Strafverfolgungsbehörden wie Mexiko. Die Bosse der Unterwelt haben seit Jahrzehnten eine Art Prominentenstatus inne und werden in Filmen und Serien regelrecht abgefeiert. Und auch wenn im Fokus der Öffentlichkeit eher Kokain den Weg in die mediale Berichterstattung fand, auch wegen des Bekanntheitsgrades diverser Drogenbosse, so war und ist Cannabis dennoch ein riesiger Markt, der gerade im Angesicht der aktuellen internationalen Legalisierungswellen nach wie vor großes Potenzial birgt.
Solch ein Markt wäre schon in der freien Wirtschaft hart umkämpft, wenn auch nur mit den Mitteln des offenen Wettbewerbs. In der Illegalität ist jedoch leider Waffengewalt das Mittel der Wahl und so bringt das Jahr 2017 in Mexiko den traurigen Rekord von um 29.000 Tötungsdelikten hervor, ein großer Teil davon kann mit der Drogenkriminalität in Verbindung gebracht werden. Abgesehen von den direkt betroffenen Menschen leidet auch die Tourismusbranche und all seine Beschäftigten unter der steigenden Gewalt, gerade in eigentlich beliebten Reisezielen.
Enrique de la Madrid, der amtierende Tourismusminister Mexikos, wirbt daher dieser Tage für die Legalisierung des Konsums, des Anbaus und sogar des Verkaufs von Cannabis speziell in Urlaubsorten wie Los Cabos und Cancun. Dies soll dort die Kriminalität reduzieren und die Orte zu sicheren Urlaubszielen machen, da die durch die Freigabe sinkende Gewinnspanne für Marihuana das Geschäft für Kartelle unattraktiver machen soll. Kritische Stimmen erwidern, dass der Effekt auf die Kriminalität nicht besonders spürbar wäre, da die Kartelle ja in weit mehr Geschäftsbereichen aktiv sind als dem Cannabishandel.
Persönlich würde ich dieses Argument bestreiten, da ich in Tijuana innerhalb sehr kurzer Zeit feststellen konnte, dass angefangen beim Taxifahrer an der Grenze bis zu den Betreibern der Souvenirläden wirklich jeder nebenbei Marihuana unter der Hand verkauft, und mit unter der Hand meine ich eigentlich ganz offen. Dies weist stark darauf hin, dass die Freigabe in Mexiko den Kartellen wenigstens etwas Wasser abgraben könnte und vor allem den Cannabismarkt von Dingen wie Prostitution, Kokain und Waffenhandel trennen. Bei manchen Produkten und Dienstleistungen mag „Alles aus einer Hand“ ein gutes Attribut sein. Bei der Wahl der Stelle, wo man sein Gras kauft, ist es vielleicht eher keines.
Ob eine nur regionale Legalisierung sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln. Ebenso, dass sie in dieser Form Realität werden wird. Konsequent freigeben könnte viel wirkungsvoller sein, um im beinahe aussichtslosen Kampf gegen Organisiertes Verbrechen ein Instrument an der Hand zu haben, die Kartelle spürbar zu schwächen.