Das bayerische Landessozialgericht urteilte im Falle eines chronischen Schmerzpatienten in zweiter Instanz, dass die Krankenkasse die Kosten für die Therapie mit medizinischem Cannabis übernehmen muss.
Konkret geht es um den Fall eines chronischen Schmerzpatienten mit den Diagnosen chronische Schmerzstörung, ferner eine chronische Lumboischialgie, ADHS, rezidivierende depressive Episoden, chronische Gastritis mit Ulcus veritriculi und Refluxösophagitis sowie ein Reizdarmsyndrom. Nach mehreren erfolglosen stationären Schmerztherapien ist Cannabis nach eigener Angabe das einzige Mittel, mit dem sich die Schmerzen effektiv lindern lassen. Die bisherigen Schmerzmittel zeigten keine Wirkung oder mussten wegen zu starker Nebenwirkungen abgesetzt werden. Die hohen Kosten für das Cannabis aus der Apotheke trug der Betroffene bisher selbst.
Bereits im Anfang 2016 stellte er bei seiner Krankenkasse einen Antrag auf Kostenübernahme. Zu dieser Zeit war Cannabis zu medizinischen Zwecken noch nicht zugelassen und der Antrag wurde abgewiesen. Der Patient legte Widerspruch ein, der ebenfalls abgewiesen wurde. Der Schmerzpatient hatte daraufhin eine Klage beim Sozialgericht (SG) Augsburg eingereicht. Auch wenn die Richter ihm zunächst recht gaben, wurde der Neuantrag bei der Krankenkasse wieder abgelehnt. Der Widerspruch wurde im Januar 2018 zurückgewiesen. Grund: Es seien keine ärztlichen Angaben zu anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Leistungen vorgelegt worden.
Die Stellungnahme der Krankenkasse: Angesichts der Fülle der möglichen Schmerzmedikamente auf dem Markt und der demgegenüber geringen Verordnungen sei nicht nachvollziehbar, dass ausschließlich Medizinal-Cannabisblüten zur Schmerzbekämpfung wirksam seien. Man empfehle daher standardisierte Arzneimittel wie Sativex, heißt es weiter. In diesem Fall konnte die Wirksamkeit von Sativex belegt werden – der Patient verträgt das Medikament nicht.
Richter und MDK erkannten schließlich die schwerwiegende Erkrankung des Patienten an. Das Sozialgericht entschied in zweiter Instanz, dass die Krankenkasse ein verfügbares Cannabispräparat als Arzneimittel zur Verfügung stellen beziehungsweise die entstandenen Kosten erstatten muss.