E-Growing, was ist das eigentlich? Diese oder eine ähnliche Frage dürften sich in den vergangenen Jahren einige gestellt haben, denn verschiedene Konzepte des E-Growings haben sich in jüngster Vergangenheit unter investitionswilligen Fans von Cannabis verbreitet. Wohl gibt es unterschiedliche E-Growing Formate, das grundlegende Konzept besteht jedoch in der Regel darin, dass Menschen online in Cannabiszucht-Projekte investieren und dementsprechend am Ertrag beteiligt werden.
Das klingt gut? Ja selbstverständlich, welcher Hanffreund möchte nicht gerne eine Stange Geld mit dem Anbau von Cannabis verdienen, ganz ohne die Risiken der Illegalität. Vielleicht klingt das Ganze aber oft auch zu gut, um wahr zu sein. Diese Erkenntnis mussten sehr viele Investoren nun machen, die ihr Geld einem Anbieter für E-Growing-Investitionen anvertraut hatten.
Nur wenig Skepsis gegenüber dem Unternehmen
Viele Anleger wähnen sich gerade als Opfer eines sogenannten Exit Scams von JuicyFields, das ist übersetzt ein „Ausstiegs-Betrug“, bei welchem Beteiligte der Unternehmensführung sich sämtliche investierten Gelder aneignen und sich damit davon machen, während Investoren und auch Angestellte des Unternehmens um Lohn und Investment gebracht sind. Und wie es scheint, ist genau dies bei JuicyFields jetzt abgelaufen. Noch lässt sich nicht klar beziffern, in welcher Höhe sich die Verantwortlichen bereichert haben sollen, doch es ist von einem enormen Schaden auszugehen. Manche Quellen sprechen im Zusammenhang mit dem JuicyFields Betrug sogar von Milliardenbeträgen.
Über die Internetplattform Juicyfields.io hatte das Unternehmen seit 2020 eine vermeintliche Investitionsmöglichkeit in legale Cannabisgeschäfte angeboten. Eine unerhört hohe Rendite, bis über die Hundert Prozent im Jahr, gepaart mit einer sehr benutzerfreundlichen Oberfläche, Auszahlung auf das Konto oder auch in Form von Kryptowährungen, schufen ein Angebot, das viele Cannabisfreunde nicht ablehnen konnten.
Kritische Stimmen und jede Menge Skepsis gab es zwar von Anfang an, viel davon verstummte jedoch mit der Zeit, da die Berichterstattung über positive Nutzererfahrungen die Runde machten, Investitionen und Auszahlungen liefen eine ganze Zeit lang weitgehend reibungslos. Obwohl es keine seriösen Erklärungen darüber gab, wie JuicyFields diese hohen Renditen erwirtschaften kann, brachten sehr viele Menschen JuicyFields ihr Vertrauen entgegen. Auch viele andere Unternehmen, bekannte Gesichter der Cannabis-Community, und auch Medien, haben sich täuschen lassen oder haben, das Geschäft nicht hinterfragt, davon bin auch ich als Person oder als Journalist des Hanf Magazins nicht ausgenommen.
Als viele Kryptowährungen in den vergangenen Wochen und Monaten schwere Kurseinbrüche zu verzeichnen hatten, stieg das Interesse an der Anlagemöglichkeit JuicyFields abermals stark an, damit wohl auch das von den Anlegern investierte Kapital.
Warnungen stießen auf taube Ohren
Ja, es gab sie wohl, die Anzeichen dafür, dass bei JuicyFields nicht alles mit rechten Dingen zuging. Die Finanzaufsichtsbehörde Spaniens, das Pendant zur deutschen Bafin, hatte schon frühzeitig gewarnt, die Bafin selbst tat dies erst im März dieses Jahres. Im Juni bekam JuicyFields von der BaFin auch ein Verbot ausgesprochen, das Geschäft weiterzubetreiben. Nutzer aus Deutschland waren aber nur für einen sehr kurzen Zeitraum vom Investment ausgeschlossen, mit einer Meldung man habe die Unstimmigkeiten mit der Bafin geklärt war die Plattform dann wieder freigegeben.
Im Grunde wurden regelmäßig Desinformationskampagnen gefahren, die Anleger bei der Stange halten und Beobachter verwirren sollten. In zahlreichen Newslettern wurden regelmäßig Erfolgsgeschichten erzählt, über Expansion und Reichtum durch Cannabis. Dieser wurde auch stets bei öffentlichkeitswirksamen Auftritten mit Luxusautos und Champagner zelebriert. Am Ende sollten nur wenige Menschen mit JuicyFields reich werden, und viele andere dafür mit geleerten Taschen hinterlassen.
Seit einigen Tagen können die JuicyFields Anleger nun nicht mehr auf ihre Nutzerkonten zugreifen. Dies markierte wohl den Anfang vom Ende, und es wirft viele Fragen auf. Hat es die Anbauprojekte von JuicyFields jemals gegeben? Wie konnten so viele Menschen gleichzeitig und über einen so langen Zeitraum getäuscht werden? Wer wusste was zu welchem Zeitpunkt? Wo verläuft im Unternehmen die Grenze zwischen Täter und Geschädigten, und wo befinden sich die Verantwortlichen jetzt? All dies bedarf einer gründlichen Aufarbeitung, bislang wird viel gemutmaßt und nur wenige Menschen dürften in diesem Augenblick über einen realistischen Überblick über die Abläufe bei JuicyFields und die jetzige Situation verfügen.
Der freie Journalist und Szene-Experte Micha Knodt aus Berlin widmet der Recherche um die Machenschaften von JuicyFields bereits seit einiger Zeit seine Aufmerksamkeit. In Zusammenarbeit mit ihm wollen wir in naher Zukunft einen ausführlichen Beitrag zu diesem Thema veröffentlichen, wenn die dafür notwendigen Fakten zusammengetragen sind. Micha hatte sich bereits vor mehr als drei Monaten in einem Videobeitrag auf seinem YouTube-Kanal mit JuicyFields auseinandergesetzt. Eine weitere Stellungnahme ist vor wenigen Tagen in der Rubrik des drogenpolitischen Kommentars zum Wochenende auf seinem Instagram Kanal erschienen.