Innerhalb der Europäischen Union dürfen nur diejenigen Arten von Nutzhanf angebaut werden, die im sogenannten EU-Sortenkatalog aufgelistet sind. Eine Hanfsorte in diesem Katalog listen zu lassen, ist mit erheblichem Aufwand verbunden. Für die Validierung muss ein Saatgut-Unternehmen mehr als 500.000 € ausgeben. Nicht jeder Anbieter kann das leisten. Bis heute besteht darum ein Großteil des europäischen CBD-Hanf-Saatguts aus illegalen Sorten.
Zugelassene Anbieter für Saatgut von THC-armen, legalen Hanfsorten, wie sie etwa die CBD-Industrie verwendet, stecken viel Zeit und Geld in die Entwicklung ihrer Produkte. Durch illegales Saatgut, das den europäischen Markt beherrscht, entgehen ihnen Umsätze in Millionenhöhe. Landwirte, die Hanfsamen illegalen Ursprungs beziehen, drohen empfindliche strafrechtliche Konsequenzen, und die Hersteller, die zertifiziertes Saatgut vertreiben, drängen die Europäische Kommission dazu zu handeln und verstärkt gegen unseriöse Anbieter vorzugehen.
EU gründet Netzwerk für Betrug mit Hanfsamen
Im Jahr 2022 hat die Europäische Union eigens eine Instanz für Saatgutbetrug eingerichtet, doch ernsthaft durchgegriffen hat die Kommission bis dato noch nicht, und das, obwohl nach wie vor mehr als die Hälfte der in Europa angebauten CBD-Hanfpflanzen aus illegalen, nicht zertifizierten Samen stammen. Wenn man bedenkt, dass der EU-Markt für CBD-Blüten und CBD-Extrakte nun mehr als 300 Millionen Euro im Jahr generiert, ist das eine ganze Menge. Man geht von ungefähr fünf Millionen Samen aus, die dafür gepflanzt werden müssen. Das bedeutet, dass über 2,5 Millionen illegale Samen gesetzt werden. Legitime Saatgut-Unternehmen wie der Chef des Unternehmens CBD Seed Europe, Americo Folcarelli, beklagt:
„Es ist unfair, dass wir Zeit, Geld und Mühe investieren, um alles legal zu machen, und dann mit Züchtern konkurrieren müssen, die das nicht tun. Das schadet auch unserer Branche. Häufig müssen wir später den Landwirten helfen, nachdem das Unternehmen, das ihnen das Saatgut verkauft hat, sie hängen lässt, wenn etwas nicht funktioniert. Die Landwirte wissen zum Teil nicht, dass das gekaufte Saatgut nicht zugelassen war und von den staatlichen Behörden nicht so streng geprüft wurde wie unseres. Wenn wir als Branche ernst genommen werden wollen, müssen wir uns an die Regeln halten, und wenn jemand das nicht tut, muss er zur Rechenschaft gezogen werden.“
Illegales Saatgut kostet weniger als die Hälfte
Im Jahr 2022 gelang es den zwei Unternehmen Jupiter Seed Europe und CBD Seed Europe, zwei neue CBD-Hanfsorten in den EU-Sortenkatalog aufnehmen zu lassen. Dafür wurden mehr als zwei Jahre Zeit für Forschung und Versuche benötigt, außerdem wurden mehr als eine halbe Millionen Euro investiert. Diese Aufwände wirken sich natürlich auch auf den Preis aus, und so kostet ein zertifizierter Samen für eine Hanfpflanze mit erhöhtem CBD-Gehalt gut und gerne bis zu einem Euro pro Stück. Unternehmen, die mit illegalem Saatgut handeln, können das für weniger als die Hälfte anbieten.
Auf eine Anfrage des Magazins businessofcannabis.com nahm die EU-Kommission Stellung zum Handel mit illegalen Samen. Die zuständige Pressestelle bestätigte zunächst, dass selbstverständlich nur Saatgut gehandelt werden darf, das im EU-Sortenkatalog zu finden und in den jeweiligen EU-Mitgliedsstaaten registriert ist. Weiter wurde ausgeführt:
„Die Mitgliedstaaten haben diese Rechtsvorschriften in ihr nationales Recht umgesetzt und wenden sie seit Jahren an, indem sie die Erzeuger im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens in Bezug auf die Anbauflächen und das gewonnene Saatgut kontrollieren und das Saatgut nach dem Inverkehrbringen einer Nachkontrolle unterziehen. Nur Saatgut dieser Art, das einem Anerkennungsverfahren unterzogen wurde, darf in den Verkehr gebracht werden, und für die Anerkennung von Hanfsamen ist es erforderlich, dass die Sorte registriert ist. Die Saatgutverpackung muss ein amtliches Etikett tragen, das dies bestätigt. Da die Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten ein Netzwerk für Saatgutbetrug betreibt, würde sie es begrüßen, über alle betrügerischen Aktivitäten informiert zu werden.“
Etiketten-Schwindel mit CBD-Hanf
Eigentlich ist das zertifizierte Saatgut schon durch ein besonderes Etikett auf der Verpackung gekennzeichnet. Für einen Großteil der Landwirte ist der bürokratische Aufwand, speziell auch die Regeln und Vorschriften der Europäischen Union, ein Buch mit sieben Siegeln. Viele kennen die Vorschriften nicht vollständig, verstehen sie nicht richtig, aber manche umgehen sie auch einfach. Sie kaufen eine günstige zertifizierte EU-Sorte mit dem offiziellen Etikett, diese wird aber nie angebaut, es wird lediglich den Behörden das Etikett vorgelegt.
Kultiviert wird dann eine CBD-reiche illegale Sorte, die viel günstiger ist als eine zertifizierte. Die Behörden führen in aller Regel nur einen THC-Konformitätstest durch, durch den die Sorte nicht bestimmt werden kann. Der richtige Genetik-Test ist aufwendig, teuer und wird fast nie in Anspruch genommen. Solange man mit dieser Vorgehensweise unproblematisch und unbehelligt Hanfpflanzen mit hohem Cannabidiol-Gehalt für die CBD-Industrie anbauen kann, wird der Markt wohl auch weiterhin von nicht zugelassenem Saatgut dominiert.