Du willst diesen Beitrag hören statt lesen?
Klicke dazu auf den unteren Button, um den Inhalt von Soundcloud zu laden.
Vor den Feiertagen und dem Jahreswechsel haben die Unionsparteien, allen voran die bayerische CSU mit ihrem Ministerpräsidenten Markus Söder, noch einmal versucht, die Entkriminalisierung von Cannabis verbal zu torpedieren. In einer Plenarsitzung im Bundestag sind sie dabei krachend gescheitert, hatten sie nur leere Phrasen, haltlose Falschaussagen und jede Menge Polemik im Gepäck anstelle von sachlichen und inhaltlich korrekten Argumenten.
Dennoch scheinen die schwarz-konservativen fest davon überzeugt, nach einer gewonnenen Bundestagswahl im Februar das Rad der Zeit zurückdrehen zu wollen und Cannabis als Genussmittel erneut zu kriminalisieren. Nun stellen sich also Millionen von Bürgern die Frage, ob das möglich ist. Müssen wir davon ausgehen, dass das CanG bald Geschichte ist und die Verfolgung der Konsumenten weitergehen wird?
Jetzt ist alles möglich, doch wie wahrscheinlich ist ein solches Szenario? Und gibt es Möglichkeiten, auf diese Entwicklung Einfluss zu nehmen? Einige Faktoren, die für eine Einschätzung relevant sind, möchten wir uns einmal anschauen.
Mit welchen Wahlergebnissen haben wir zu rechnen?
Um sich eventuelle Szenarien nach der Bundestagswahl im Februar vorstellen zu können, sollte man sich zunächst überlegen, wie die Wahlergebnisse realistisch aussehen könnten. Dafür wiederum kann man die aktuellen Wahlumfragen der großen Institute zurate ziehen.
Da die Union bei allen derzeitigen Umfragen mit um die 30 Prozent führend ist, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie als stärkste Kraft aus der Bundestagswahl hervorgehen und den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten wird. Mit diesem Wahlausgang liegt das Problem auch schon auf dem Tisch, denn die Union wäre damit der stärkere Partner in jeder Koalition.
So kann der Versuch unternommen werden, in Koalitionsverhandlungen die Rücknahme der CanG Reform von möglichen Koalitionären zu fordern. Dies führt uns dann direkt zur nächsten Frage: Wer kommt für eine Regierungskoalition mit der CDU/CSU infrage?
Wird eine Ampelpartei das CanG zugunsten einer Koalition aufgeben?
Da sich die Union bisher zumindest klar gegen ein Bündnis mit der AfD ausspricht, ist ein solches auch nicht besonders realistisch, auch eine Koalition mit den Linken oder dem BSW ist tendenziell auszuschließen. Somit kommen als Koalitionspartner am ehesten die Parteien der Ampelregierung infrage. Für Cannabisfreunde ist das schon einmal positiv, denn die an der bisherigen Bundesregierung beteiligten Parteien haben das CanG schließlich entworfen und durchgesetzt.
Diesen Erfolg einer sonst eher durchwachsenen Regierungsarbeit will man sich sicher nicht in den Koalitionsgesprächen einfach weg-verhandeln lassen. Das bedeutet aber leider nicht, dass es keine Rückschritte geben kann, und diese hängen eben vom künftigen Regierungsbündnis ab. Mit wem sind Restriktionen also am wahrscheinlichsten und welche Partei wird am meisten Widerstand leisten?
FDP womöglich nicht im nächsten Bundestag
Die FDP muss angesichts aller derzeitiger Umfrageergebnisse um einen Einzug in den Bundestag bangen, und wenngleich sie nicht an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern oder ihren Weg ins Parlament über Direktmandate finden, wären sie als Koalitionspartner für die Union nur bedingt interessant.
Ein schwarz-gelbes Zweier-Bündnis würde vielleicht keine Regierungsmehrheit haben. Da die FDP die Cannabisliberalisierung vorantreiben möchte und sich dazu auch im Wahlprogramm positioniert, ist das natürlich bedauerlich.
Union nicht einig über Zusammenarbeit mit Grün
In seinen Wahlkampfreden und Interviews schließt Markus Söder die Zusammenarbeit mit den Grünen aus und basht die Partei bei jeder Gelegenheit ohne Sinn und Verstand. Kanzlerkandidat Friedrich Merz sieht das Ganze ein wenig anders und hält eine schwarz-grüne Regierung für möglich.
Das wäre zunächst einmal positiv zu bewerten, denn die Grünen sind die stärkste pro Legalisierungskraft im Bundestag, und sie werden in dieser Thematik bei Verhandlungen wohl nur wenig Zugeständnisse machen, wenn überhaupt.
Unions-Wunschoption GroKo, doch SPD ohne Cannabis im Programm
Da die Unionsparteien sich bei den Grünen uneins sind, und vielleicht auch, weil der Spitzenkandidat der Grünen, Robert Habeck, bei Umfragen derzeit für die Bürger die beliebteste Kanzler-Option zu sein scheint, muss man davon ausgehen, dass die SPD der Wunschpartner für eine Regierungskoalition sein wird.
Von den drei Ampelparteien sind die Sozialdemokraten die Einzigen, die im Entwurf ihres Wahlprogramms Cannabis mit keiner Silbe erwähnen. Aktuell befindet sich das Ganze noch im Stadium eines Entwurfs, doch in wenigen Tagen, am 11. Januar 2025, um genau zu sein, soll das Programm final verabschiedet werden. Dann steht fest, ob die SPD eine wählbare Partei für Cannabiskonsumenten ist, oder ob man mit ihnen eine Rolle rückwärts befürchten muss.
Höchstwahrscheinlich werden sich alle drei genannten Parteien in einer Verhandlungsposition wiederfinden, bei der sie der Union Zugeständnisse machen müssen. Insofern ist kaum damit zu rechnen, dass in den kommenden Jahren Fortschritte bei der Legalisierung erzielt werden. Nun aber spielt das Wahlprogramm eine immens wichtige Rolle. Wenn liberalisierende Reformen der Cannabis-Gesetzgebung im Programm eines potenziellen Regierungspartners vorhanden sind, dann müssen sich CDU und CSU womöglich damit begnügen, dass diese Reformen einfach nur gestrichen werden. Das CanG bleibt und es verändert sich nichts.
Wenn am Verhandlungstisch die Union auf jemanden trifft, der Cannabis überhaupt nicht im Programm hat, wie eben bis dato die SPD, dann können leichter Rückschritte verhandelt werden. Aus diesem Grund sollte die SPD in den kommenden Tagen dringend dazu aufgefordert werden, Cannabis noch in ihr Wahlprogramm zu integrieren, obwohl es nur darum geht, diesen Punkt später streichen zu können.
Wahlprogramme bzw. Entwürfe: bundestagswahl-bw.de/bundestagswahl-wahlprogramme
Wahlumfragen: wahlrecht.de/umfragen