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Neulich widmete sich eine Podiumsdiskussion auf der Pharma-Messe „Exopharm“ in München dem Thema Hanffreigabe und Privatrezepte für Cannabinoide vom Arzt. Wissenschaftler, Apotheker und die Geschäftsführerin vom Cannabis-Verband (VCA) sprachen über steigende Zahlen bei den Verordnungen rund um THC an Selbstzahler.
Viele Leute wollen bekanntlich nicht erst lange auf die Kostenübernahme für Grasblüten durch Krankenkassen warten und haben auch keine Lust auf langwierigen, seit April 2024 legalen Eigenanbau beziehungsweise den Gang zu Dealern auf dem Schwarzmarkt. Experten sehen diese Entwicklung eher kritisch – warum eigentlich?
Cannabis-Legalisierung ohne regulierten Fachhandel
Was sich die Ampelkoalition bei ihrem seltsamen Modell einer THC-Freigabe ohne offiziellen Verkauf gedacht hat, ist Bürgern wie Kennern der Drogenpolitik ziemlich schleierhaft. Auch „Der Deutsche Apothekertag“ nahm in der Diskussion das neue Cannabisgesetz ins Visier. Auf dem Podium wurde betont, dass jenseits von heimischer Zucht oder dem Anbau im Verein Marihuana auf legalem Weg nur noch über ein Rezept zu haben ist.
Zwar könnte es in näherer Zukunft bei immer mehr „Cannabis Social Clubs“ Entlastung geben, doch zu Recht verweisen die Experten der Exopharm auf sperrige Bürokratie, die es den Growern in Vereinen maximal schwermache, statt für eine rasche Zulassung zu sorgen. Das erhöht den Druck auf Mediziner und Apotheken, wo man Marihuana vom Arzt am liebsten nur für Patienten zur Verfügung stellen möchte.
Telemedizin könnte zusätzlich für Engpässe bei Medizinalhanf sorgen
Cannabispatienten fragen nicht nur öfter beim Hausarzt nach therapeutischem Cannabis und schrecken selbst vor den hierzulande vergleichsweise recht hohen Kosten für Privatrezepte nicht zurück. Auch die praktischen Angebote der Telemedizin sind beliebt und heute viel zahlreicher im Netz zu finden als vor der THC-Legalisierung. In wenigen Minuten steht eine solche Verschreibung für Gras oder Cannabiskonzentrate wie Hanföl zur Verfügung. Hanfprodukte kommen auf gleich mal 80 Prozent aller Privatverordnungen im Lande.
Das Gesundheitsministerium schaut sich eigenen Angaben diese Entwicklung zwar an und will bei Bedarf auch gegen unlauter agierende Glücksritter vorgehen, aber verständlicherweise dürfte das genauso wenig für wirkliche Entlastung sorgen wie kulante Zulassungsbehörden. Engpässe beim Cannabis als Therapeutikum sind denkbar und im schlimmsten Fall müssten wegen Freizeitkonsumenten kranke Menschen länger auf das begehrte Heilmittel warten.
Modellprojekte zum Cannabis-Fachhandel vorziehen
Das ist der Wunsch von Apotheken und Lieferfirmen, und natürlich würden sich auch zahllose Bürger über eine raschere Implementierung der zweiten Säule vom Cannabisgesetz freuen. Vorgesehen sind mehrere Jahre laufende Projekte zum Hanfverkauf auf Probe, bei wissenschaftlicher Begleitung und in ausgewählten Modellregionen. Laut Politik braucht es diesen langwierigen Anlauf angeblich unbedingt.
Experten jedoch betrachten das Ganze als eine weitere, sinnlose Verzögerung der so lange überfälligen Marihuana-Läden für volljährige Kundschaft. Ohnehin steht der nächste Schritt hin zum echten Freigeben von Cannabis auf wackligen Beinen. Sogar Gesundheitsminister Lauterbach von der SPD höchstpersönlich sinnierte bereits über eine Streichung der Modellprojekte! Vollmundige Wahlversprechen und klare Zusagen im Koalitionsvertrag? Offenbar nicht der Rede wert!
Selbst eigene, bereits verabschiedete Gesetze sind Sozialdemokraten scheinbar egal, wenn es um künftige Machtoptionen etwa mit der CDU/CSU geht, von der schwierigen Situation beim Medizingras ganz zu schweigen. Deutsche Apotheken und Cannabisverbände bezeichnen die Bundesregierung als viel „zu passiv“ und fordern endlich mehr Engagement für Patienten wie Freizeit-User. Deren Versorgung mit ausreichend Hanf wäre bei realistischer Politik kein Problem, aber wer weiß – vielleicht bekommt diese abgewirtschaftete Ampelkoalition am Ende nicht mal die Freigabe einer uralten Heilpflanze erfolgreich auf die Reihe?