Seit Jahrtausenden werden Hanfpflanzen in Ostasien als Faser- und Samenlieferant angebaut. Nun fanden Forscher im Pamir-Gebirge Belege dafür, dass Cannabis wegen der psychoaktiven Wirkung als Begräbnisritual im Rahmen von Bestattungen verwendet wurde.
Nicht nur als Nutz- und Heilpflanze besitzt Cannabis in Asien eine lange Geschichte. Das Verlangen und die Suche nach Rausch oder berauschenden Substanzen ist so alt wie die Menschheit selbst und begleitet uns seit Urzeiten.
Wie Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte in Jena jetzt berichten, deuten Funde im Pamir-Gebirge in Zentralasien darauf hin, dass Cannabis wegen seiner psychoaktiven Wirkung im Rahmen von Begräbnissen eine wichtige Rolle spielte.
Für die Herstellung von Seilen oder Stoffen aus den Fasern oder Öl aus den Samen wurden Hanfpflanzen schon mindestens 3.800 vor Christus angebaut. Seit wann Menschen um die psychoaktive Wirkung mancher Bestandteile der Pflanze wussten, war lange unklar. Zu den wenigen Hinweisen zählt unter anderem ein Bericht des griechischen Geschichtsschreibers Herodot, der um das Jahr 450 vor Christus lebte. In seinem Werk „Historien“ berichtet er von dem Nomadenvolk der Skythen, die sich am Dampf von Cannabis berauscht haben sollen. So habe das Volk kleine Zelte gebaut, in die sie heiße Steine legten. Sie seien dann in diese Zelte gegangen und haben Cannabis auf die Steine gelegt, wodurch Rauch entstanden sei.
Funde in einer Grabstätte in China
Bei einer Ausgrabung im Pamir-Gebirge sind Forscher jetzt auf einen Friedhof aus dem Jahr 500 vor Christus gestoßen. Die Archäologen entdeckten in manchen Gräbern Hölzerne Brenngefäße mit Steinen und Rückstände von Verbrennungen.
Wie Nicole Boivin vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte gegenüber dem Deutschlandfunk berichtet, habe eine chemische Analyse des Materials ergeben, dass es sich bei den Rückständen in den Brenngefäßen um Cannabis handle. Besonders interessant sei dabei, dass es sich um Cannabis mit einem viel höheren THC-Gehalt gehandelt habe, als bei Pflanzen, die in der Wildnis wachsen.
Die Menschen wussten also bereits damals um die psychoaktive Wirkung der Pflanze und nutzten gezielt Cannabis mit einem hohen THC-Gehalt. „Wir nehmen an, dass die Menschen es damals bei Begräbnisritualen genutzt haben.“, erklärt Boivin. Ob die Cannabispflanze zu dieser Zeit auch schon zu medizinischen Zwecken benutzt wurde, sei möglich. Belege gäbe es dafür aber so gut wie keine.
Auch woher es genau stammte, ist laut den Wissenschaftlern am Max-Planck-Institut noch nicht abschließend geklärt. Mitte des ersten Jahrhunderts tauche es an verschiedenen Stellen in Eurasien auf, zum Beispiel im Altai-Gebirge in Sibirien. Am wahrscheinlichsten sei die Cannabispflanze jedoch über Handelsrouten transportiert worden, die wir heute als Seidenstraße kennen.