Jetzt, da viele Hanffreunde den Reformen entgegenfiebern, die Cannabis aus der Illegalität holen sollen, ist der öffentliche Fokus uneingeschränkt auf den Aspekt des Genussmittels gerichtet, das Cannabis für Millionen Menschen ist. Für eine andere Gruppe von Menschen bedeutet die Pflanze weitaus mehr, für Patienten ist sie Heilung, Linderung und ein Stück Lebensqualität. Verständlich also, dass innerhalb dieser Gruppe von Menschen, die Cannabis medizinisch verwenden, ein wenig Besorgnis darüber aufkommt, bei einer Legalisierung oder Entkriminalisierung vergessen zu werden, sodass die Entwicklungen zum Nachteil für die Situation von Cannabispatienten werden.
Der Patientenbeirat, den die Cannamedical Pharma GmbH im vergangenen Jahr gegründet hat, setzt sich mit den Themen auseinander, die erkrankte Menschen mit Cannabistherapie beschäftigen, und auch mit deren Bedürfnissen. Gemeinsam arbeiteten die Mitglieder, die selbst Patienten sind, einen Forderungskatalog aus. Diesen übergab eine Delegation des Beirats dem SPD Gesundheitspolitiker Dirk Heidenblut (MdB) bei einem Treffen im Bundestag am 20.04.2023 (dem weltweit bekannten Tag des Cannabiskonsums 4.20.).
Dirk Heidenblut, der Berichterstatter für Drogen- und Suchtpolitik der SPD-Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss hatte den Patientenbeirat eingeladen, um über die Versorgungssituation der deutschen Cannabispatienten zu sprechen. Stellvertretend für den Beirat, der sich für die Bedürfnisse der Patienten engagiert und aktuell aus 15 Mitgliedern besteht, hat sich eine Delegation auf den Weg nach Berlin gemacht, um Heidenblut zu treffen, der auch im Rahmen der Legalisierung von Cannabis als Genussmittel sehr viel Austausch mit der Community betreibt.
Unter den Eckpunkten der Legalisierung von Cannabis in zwei Schritten war nichts über die Versorgung kranker Menschen mit Medizinalcannabis zu finden. Der Cannamedical-Patientenbeirat hofft, mit seinem Beitrag dazu beitragen zu können, dass die Patienten bei den nun anstehenden Entwicklungen berücksichtigt werden und nicht ins Hintertreffen geraten. Folgende Punkte hat der Beirat in seinem Forderungskatalog formuliert und Dirk Heidenblut vorgelegt:
1. Versorgung sichern
Patient:innen müssen bei der Versorgung mit Cannabis „Vorfahrt“ haben. Es darf keine Knappheit durch den Freizeitmarkt entstehen. Sollte die Nachfrage höher als die vorhandene Menge sein, hat der medizinische Markt Vorrang. Hier sollte es keine gedeckelte Abgabe- bzw. Besitzmenge geben.
2. Zugang erleichtern
Durch eine Re-Klassifizierung von Cannabis von einem Betäubungsmittel zu einem verschreibungspflichtigen Medikament (Rx) können Hürden für eine Verschreibung verkleinert und der Zugang zu Medizinalcannabis für Patient:innen erleichtert werden. Diese sollte zeitnah erfolgen.
3. Importe ermöglichen
Die nationale Produktion wird den Schwarzmarkt (mit etwa 400–800 Tonnen) nicht austrocknen können. Cannabis-Importe aus dem Ausland sind für die medizinische Versorgung möglich und sollten die nationale Produktion ergänzen. Denn: Um sowohl Patient:innen als auch Konsument:innen mit sicheren und hochwertigen Produkten zu versorgen, muss eine stabile Versorgung gewährleistet sein.
4. Qualität garantieren
Sicherheitsstandards wurden in der Ankündigung der Bundesregierung nicht genauer beschrieben. Good Manufacturing Practice ist seit Jahren etablierter Standard und sollte Orientierungspunkt für zukünftige Regelungen sein. Daneben haben sich auch GACP-Qualitätsstandards sowie die des Deutschen Arzneimittelbuchs im Bereich des Medizinalcannabis bewährt, da sie eine zuverlässige Rückverfolgbarkeit und hohe Qualität des Cannabis sicherstellen und Verunreinigungen durch gefährliche Streckmittel minimieren.
Gemeinsamer Einsatz für den Genehmigungsvorbehalt
„Die uns täglich erreichenden Krankengeschichten von Cannabis-Patient:innen zeigen deutlich, wie wichtig eine verbesserte Gesetzgebung im Bereich der medizinischen Anwendung von Cannabis ist, und wir setzen uns aktiv für eine solche Veränderung ein. Wir sind dankbar für die Möglichkeit, uns mit dem Abgeordneten Heidenblut zu treffen und Patienten eine Stimme zu geben, um ihre Erfahrungen im Umgang mit Cannabis als Medizin zu teilen.“
So, Nico Kipnik, Patient Ambassador der Cannamedical Pharma und Mitglied des Patientenbeirats. Auch Heidenblut setzt sich seit einiger Zeit schon dafür ein, dass der Genehmigungsvorbehalt abgeschafft wird, durch den die Krankenkassen die Kostenübernahme einer Cannabistherapie in zahlreichen Fällen ablehnen.
Eine Reform der Cannabispolitik in Deutschland sollte nicht nur für das Genussmittel eine positive Veränderung herbeiführen, auch der medizinische Umgang könnte noch in einigen Belangen optimiert werden. Es wäre also zu begrüßen, wenn die Initiative des Cannamedical-Patientenbeirats dahin gehend einige Impulse setzen kann.