Für europäische Verhältnisse gelten in Frankreich ziemlich harte Gesetze, wenn es um Cannabis geht. Trotzdem ist unser Nachbar in der Europäischen Union eines der Länder, in denen pro Kopf am meisten davon konsumiert wird. Das Land verbraucht aktuell etwa 500 bis 700 Tonnen Cannabis jedes Jahr.
Dies wird zunehmend als Zeichen verstanden, dass die Verbotspolitik gescheitert ist und ein anderer Ansatz gefunden werden muss, um mit der Hanfpflanze und ihren Nutzern umzugehen. Auch wird den Regierungen in vielen Ländern zunehmend klar, dass die restriktive Cannabispolitik immense Ressourcen verbraucht, während dem Staat gleichzeitig erhebliche Steuereinnahmen entgehen. Die Zahlen aus Kanada oder einigen Bundesstaaten der USA sind da sehr überzeugend.
Folgt Frankreich in Sachen Cannabis der Empfehlung seiner Experten?
Die wirtschaftlichen Argumente könnten auch eine große Rolle gespielt haben, als die Experten des Rats für Wirtschaftsanalysen (CAE) in einem aktuell veröffentlichten Bericht der französischen Regierung nahe legten, Cannabis zu legalisieren. Der Rat verwies in seinem Bericht ebenfalls auf die Konsumzahlen und das offensichtliche Scheitern des Cannabis-Verbots. Der Expertenrat ist direkt dem französischen Premierminister, Édouard Philippe, unterstellt, und so wird ihm auch der Bericht unmittelbar vorgelegt worden sein. Wie er und sein Chef, Präsident Emmanuel Macron, sich hierzu positionieren, ist derzeit noch nicht bekannt. Grundsätzlich soll der CAE bei der politischen Entscheidungsfindung helfen und so hat das Wort des Rats durchaus Gewicht bei der Regierung Frankreichs.
Auch die französische Wirtschaft würde von einer Legalisierung profitieren
Die Empfehlung des CAE ist das Errichten eines öffentlichen Monopols für die Produktion und den Vertrieb von Cannabisprodukten. Dies sollte von einer unabhängigen Behörde reguliert und kontrolliert werden. So will man den Preis stabil und die Qualität sauber halten. Laut Expertenrat ist diese Maßnahme dazu geeignet, dem Schwarzmarkt die Geschäftsgrundlagen entziehen, nämlich die Kunden.
Die Preisempfehlung für den Einzelhandel wurde mit neun Euro pro Gramm festgelegt, was etwas niedriger ist als der durchschnittliche Preis auf der Straße. Bei dem derzeitigen Konsumverhalten der Franzosen würde die Legalisierung nach Vorstellung der CAE der Regierung jährliche Steuereinnahmen von bis zu 2,8 Milliarden Euro bescheren, zuzüglich zu Einsparungen bei der Strafverfolgung, die den größten Teil eines Jahresbudgets von 568 Millionen ausmachen, das Frankreich für die Bekämpfung von Cannabis investiert.
Was wir hoffentlich von Frankreich lernen können
Im deutschsprachigen Raum scheinen die aktiven Legalisierungsbemühungen gefühlt geradezu stehen geblieben zu sein. In Deutschland liegen entsprechende Anträge und Petitionen lange auf dem Tisch und werden dank einer scheinbar handlungsunfähigen SPD monatelang nicht bearbeitet. In Österreich bewegt man sich sogar eher in Richtung stärkerer Restriktionen, vorwiegend im Bereich cannabidiolhaltiger Produkte, aber auch in Bezug auf Cannabis-Stecklinge. In der Schweiz ist man da etwas anders, lässt mehr zu als in den EU-Ländern, aber das Medizinalhanf-Programm nimmt nur sehr langsam Gestalt an und wenn es um Cannabis als Genussmittel geht, gibt es mal einen Schritt vorwärts, dann aber auch wieder einen zurück.
Die Franzosen sind uns allgemein als weniger revolutionsmüde bekannt. Die Gelbwesten in Paris haben dies mitunter sehr eindrucksvoll dargestellt. Und auch die französische Politik macht auf jemanden wie mich, der knapp zwei Jahre in Frankreich gelebt hat, den Eindruck etwas schneller zu reagieren und sich weniger vor Umbrüchen zu scheuen. Da Luxemburg gerade kürzlich bekannt gegeben hat, dass man bis zur Umsetzung der Legalisierung noch vier Jahre benötigen werde, möchte man also beinahe auf Frankreich als Zugpferd einer progressiveren Cannabispolitik in der EU setzen, ungeachtet der strengen Gesetze, die dort aktuell noch immer gelten.