Am 14.09.2015 feierten Vision e. V., Akzept e. V. und JES Bundesverband e. V. ein 25-jähriges Jubiläum und knüpften am 15.09.2015 mit einer Drogenfachtagung an: „Herauswachsen aus dem Krieg gegen Drogen“! Szeneinterne hochkarätige Gäste hielten insgesamt vier Plenarvorträge. Prof. Dr. Heino Stöver (Frankfurt University of Applied Sciences), Hubert Wimber (ehem. Polizeipräsident Münster), Maximilian Plenert (Deutscher Hanfverband) und Claudia Schiere (JES Bundesverband e. V.) zusammen mit Dirk Schäffer (Deutsche AIDS-Hilfe e. V.). Es gab bei der Drogenfachtagung zwischendurch Kaffee und abschließend Mittagessen. Danach folgte noch eine Mitgliedersitzung, die hier jedoch weniger interessant ist.
Die Katze lässt das Mausen nicht, der Mensch lässt den Rausch nicht aus!
Die Redner und Gäste dieser Drogenfachtagung haben praktisch alle einen persönlichen Bezug zum Krieg gegen Drogen und der damit verbundenen Drogenthematik. Die einen waren selber drauf und sind nun in Substitution, andere sind Cannabispatienten, die nächsten haben beruflich mit diesen Personengruppen zu tun und weitere Gäste sind Angehörige und Freunde von teils bereits verstorbenen Betroffenen. Man muss immerhin nicht selber betroffen sein, um auch getroffen zu werden, wenn die nächsten Mitmenschen durch den Krieg gegen Drogen härter als durch die eigentlichen Drogen getroffen werden.
Dabei sollte doch jedem rational denkenden Menschen nicht nur auf dieser Drogenfachtagung klar sein, dass es keine abstinente Welt geben wird, da sich die Menschen den Konsum psychotroper Substanzen nicht abgewöhnen werden und automatisch aus dem verfügbaren Sortiment schöpfen. Dann wäre es doch besser, wenn weniger bedenkliche Substanzen, wie Cannabis leichter verfügbar und akzeptierter wären, damit weniger auf harte Drogen wie Alkohol, Heroin und Kokain zugegriffen wird.
Es gibt nämlich immer nur Konsumverlagerungen und nicht weniger Konsum! Deswegen wäre es doch gut, dass man weniger bedenkliche Substanzen konsumiert, um auf Anderes verzichten zu können oder es wenigstens zu reduzieren. Es geht doch um die Steigerung der Lebensqualität und dieses erreichen viele auch durch ihren Substanzkonsum. Sonst würde man doch aufhören und selbst einen Entzug auf sich nehmen oder nach diesem nicht wieder rückfällig werden, wenn es nicht auch was hätte!
Cannabis Verzögerungspolitik im Krieg gegen Drogen
„Der Krieg gegen Drogen ist ein Krieg gegen Menschen“ als Ausgangsbasis dieser Drogenfachtagung. Drogen sind immerhin nur Substanzen und was damit gemacht wird, liegt immer noch an den Menschen selber. Drogen werden verboten aber dadurch nicht weniger genommen. Es wird jedoch noch gefährlicher und noch existenzvernichtender durch diese Verbote, die jedes ihrer angeblichen Ziele nachweislich verfehlt haben.
In den Vortragsreihen der Drogenfachtagung wird ganz deutlich, dass Politiker bislang praktisch immer nur bestehende Verbote bestärkt und ausgebaut haben. Entkriminalisierung hingegen geht bislang immer noch auf Gerichtsurteile zurück und die deutsche Politik hat nur so wenig gemacht, wie sie unbedingt musste oder sogar weniger. Deswegen ist die geringe Mengenregelung für Konsumenten nicht eine Entkriminalisierung, da es eine Kannregelung ist und der Konsument weiterhin vor dem Richter oder gar im Gefängnis landen kann!
Auch die historischen Köllner Urteile, dass drei Cannabispatienten in ihrer Notlage selber anbauen dürfen, sind nicht durch, da die BfArM Berufung einlegte. Ist Marlene Mortler als Drogenbeauftragte im Deutschen Bundestag nun erleuchtet, dass sie die Kostenübernahme für Hanfmedikamente durch die Krankenkassen regeln will? Nein! Es geht nur darum, für die Öffentlichkeit toll auszusehen aber in Wirklichkeit so wenig, wie möglich, zu machen, um so lange nach gewohnter Manier weitermachen zu können, wie nur irgendwie geht. Sobald die Kassen die Hanfmedizin theoretisch zahlen, gibt es keine „Notlage“, mit der ein Patienteneigenanbau zu billigen wäre, so Maximilian Plenert auf der Drogenfachtagung. Der Krieg gegen Drogen geht somit ungemindert weiter. Dass wir nun zum Arzt und anschließend in die Apotheke gehen, um durch die Krankenkassen unser medizinisches Marihuana bezahlt zu erhalten, wird kaum passieren, da diese theoretische Regelung nur für wenige Menschen greifen wird. Aber unsere Politik lässt sich feiern und wir werden nach wie vor belogen und betrogen!
Krieg gegen Drogen: Substitution und Reinstoffabgabe
Cannabis ist nicht so schlimm, da kann man durchaus nichts machen, aber Heroin, das ist so schlimm, da macht man dann doch etwas, aber nur wenig Gutes wäre aus dem Plenarvortrag 4 zu folgern. So gibt es Methadonprogramme bereits lange und inzwischen gibt es theoretisch auch andere Ersatzstoffe oder sogar den Reinstoff Diamorphin, der denselben Wirkstoff, wie richtiges Heroin enthält. Es ist jedoch medizinisch und im Gegensatz zum Cannabispatienten muss der Substituierte nicht selber zahlen. Nur deswegen wird das Methadonprogramm überhaupt angenommen, um aus dem Junk Sumpf mit „Beschaffungsmaßnahmen aller Art“ zu entkommen.
Aber: Im Krieg gegen Drogen werden durchaus Medikamente gegeben, die sogar noch schlimmer als verbotene Drogen sind. Solange man davon nicht high wird und es einem in der Regel weiterhin psychisch schlecht geht, ist das immerhin gesellschaftsfähig. Wenn dem Patienten jedoch mit Cannabis ober beim Schwerstabhängigen mit Reinstoffen besser geholfen wird, er davon aber auch glücklicher wird, dann ist das nicht ok.
Beispiel: Leiden und vielleicht sterben mit Chemotherapie wäre ok, das mit Cannabis vielleicht nicht zu müssen und sich auch ansonsten wohler zu fühlen ist nicht ok!
Es gibt in Europa ca. 1,3 Millionen Opiatabhängige mit kritischem Konsummuster, rund 700.000 werden substituiert und keine 3000 von ihnen erhalten Diamorphin, mit dem es ihnen insgesamt jedoch häufig besser erginge. Derzeitige Substitutionsstoffe sind von der Toxität oder der Härte der Abhängigkeit praktisch immer kein Stück besser als der Reinstoff. Von diesem sterben viele Menschen dennoch ebenfalls. So zumindest Dirk Schäffer.
Zudem sind die Substitutionsstoffe teils nicht einmal als Tabletten oder in rauchbarer Variante verfügbar und viele wollen nicht mehr spritzen! Viele erhalten nicht einmal den Ersatzstoff, mit dem sie am besten klar kommen oder sie erhalten diesen in derart niedrigen Dosen, dass sie um einen Beikonsum nicht herumkommen. Auf diesem Drogenfachtag weiß man das zum Teil aus dem eigenen Leben mit entsprechenden Kontakten. Würden sie einfach eine genügende Dosis und in vielen Fällen auch den Reinstoff erhalten, wäre all das vorbei.
Weiterhin werden Substituierte wie kleine Kinder bevormundet und gemaßregelt. Kommen sie zu spät zur Abgabe, gibt es nichts, außer einen Strafpunkt. Hat man zu viele Strafpunkte, kriegt man ein paar Wochen oder Monate nichts. Auch muss man alles machen, wie man es gesagt bekommt und muss das ganze Leben auf die Abgabe ausrichten. Kriegt jemand nicht sein Methadon, hat er einen Entzug, so schlimm oder schlimmer, wie vom Heroin und muss zwingend wieder zum nächsten Dealer.
Eine bürgerlich wirkende ältere Frau im Seniorenalter mit bereits ergrauten Haaren auf dem Drogenfachtagung erklärte, sie müsse regelmäßig wieder auf den Schwarzmarkt zurückgreifen, wenn sie aufgrund unvorhergesehener Ereignisse die Abgabe verpasst. Sie muss ihr ganzes Leben und vor allem ihr Berufsleben auf die Abgabezeiten ausrichten und ist maßgeblich „behindert“. Es handelt sich derzeit um eine erschwerende bis vernichtende Regelung.
Der Drogenfachtagung kommt zum Schluss, dass die Substituierten derart gegängelt werden und jeden Tag zur Abgabe müssen, wäre nicht zeitgemäß, da sie voraussichtlich für den Rest ihres Lebens substituiert werden und im Alter kaum jeden Tag quer durch die Stadt mit ihrem „Rollator“ zur Abgabe fahren können. Mit anderen nicht weniger gefährlichen oder suchterzeugenden Medikamenten könne man immerhin auch freier umgehen!
Drogenfachtagung: Krieg gegen Drogen als Krieg gegen Menschen
Warum sind unsere Politiker so grausam zu Menschen, denen sie angeblich helfen wollen? Wieso brechen sie dieses gescheiterte Experiment als „Krieg gegen Drogen“ nicht einfach ab und sehen ein, dass eine abstinente Welt Fiktion ist? Warum nicht einfach den Krieg gegen Drogen beenden und in eine World of Harm Reduction wandeln? Das möchte Prof. Dr. Heino Stöver vom Plenarvortrag 1 oder auch Herr Hubert Wimber vom Plenarvortrag 2. Wenn die Leute ohnehin auf Suchtstoffe greifen, sollte der Zugang auf die weniger bedenklichen wie Cannabis vereinfacht werden.
Cannabis ist laut dieser Drogenfachtagung kein Rauschgift, da es nicht toxisch ist. Es ist sogar eine Ausstiegsdroge, mit der man vom Alkohol oder Heroin los kommen kann. Wenn nicht, reduziert man immerhin den Konsum. Einige auf dem Drogenfachtag wissen, dass aus ihrem Umfeld nur zu Genüge. Im Krieg gegen Drogen geht es jedoch um sehr viel Geld und in unserem Gesundheitssystem zahlt die Kasse spätestens dann im vollen Umfang, wenn das private Vermögen verwertet wurde.
Das heißt: In unserem Gesundheitssystem sind Drogenkonsumenten als entmündigtes und kriminalisiertes Klientel das gefundene Fressen, welches die eigene Existenzberechtigungen durch Ansehen und Einkommen sichert und das Bruttosozialprodukt des Landes anwachsen lässt. Mehr hausgemachte Drogenprobleme sind im Krieg gegen Drogen mehr Money!
Nicht nur auf dieser Drogenfachtagung wird wirklich jedem verdeutlicht, dass diese ganze Drogenproblematik durch die derzeitige Drogenpolitik eben massiv verschärft wird und keine Hilfe darstellt und auch nicht zur Abstinenzerziehung führt!
Selbst wenn der Krieg gegen Drogen zu weniger Drogenkonsum führen würde. Auch das wäre kein Grund, den erwachsenen Bürger in seinen eigenen Belangen derart zu bevormunden, bis hin zur Entmündigung durch das Strafwesen und Gesundheitssystem, welches für viele dasselbe oder gar Schlimmeres im weißen Tarnkittel darstellt!