Studien und Beobachtungen konnten in der Vergangenheit schon häufiger darüber berichten lassen, dass die Verfügbarkeit von legalem Cannabis den Einsatz regulärer Arzneimittel aufseiten von Patienten verringern kann. Anfang des Jahres wurde beispielsweise durch eine Untersuchung des Medizinalhanf-Produzenten Tilray bekannt, dass durch den Gebrauch von medizinischem Cannabis das Morphin-Milligramm-Äquivalent bei zusätzlichem Einsatz des natürlichen Arzneimittels um satte 78 Prozent gesenkt werden konnte.
Knapp ein halbes Jahr später wurde auch seitens kanadischer Wissenschaftler bestätigt, dass der Konsum von verschreibungspflichtigen Medikamenten nachlasse, wenn legales Cannabis für die volljährigen Bürger in Dispensaries verfügbar gemacht wurde. Ein Trio von Wirtschaftswissenschaftlern der California Polytechnic State University und der University of New Mexico hat nun versucht, die finanziellen Auswirkungen der Legalisierung von Cannabis auf die Pharmaindustrie zu beziffern. Dabei kommen die Forscher zu dem Schluss, dass die vollständige Legalisierung von Cannabis in den gesamten USA die Pharmaindustrie Milliarden kosten würde.
Aktien der großen Pharmafirmen könnten über zehn Prozent an Wert verlieren
In dieser Studie wurde speziell untersucht, wie sich die Legalisierung von Cannabis auf die Pharmaunternehmen auswirken würde, und zwar alle Produkte und Patiententypen betreffend. Die Autoren der Untersuchung, Ziemowit Bednarek von der Finanzabteilung der California Polytechnic State University und Sarah Stith von der Wirtschaftsabteilung der University of New Mexico sowie ein Co-Autor forschten in der auf den Namen „U.S. Cannabisgesetze werden Generika- und Marken-Pharmafirmen voraussichtlich Milliarden kosten“ getauften Arbeit darüber, was passieren würden, wenn eine vollständige Legalisierung von Cannabis in den USA stattfände. Laut den Forschern hätte die Freigabe von medizinischem Cannabis und Cannabis für den Freizeitgebrauch in den letzten 25 Jahren den Pharmaunternehmen bereits Umsatzeinbußen in Milliardenhöhe beschert. Käme die Freigabe in den gesamten Vereinigten Staaten, müsse man damit rechnen, dass Pharmaaktien schnell mehr als zehn Prozent ihres derzeitigen Wertes verlieren würden.
Forschungsgrundlagen der Untersuchung
Um zu dieser Aussage zu kommen, wurden 45 Ereignisse betreffend der Legalisierung von Cannabis, sowohl für medizinische als auch für Freizeitzwecke, in den US-Bundesstaaten seit 1996 analysiert. Die Ergebnisse zeigten daraufhin, dass die Aktienmarktrenditen für Pharmaunternehmen durchschnittlich um fast zwei Prozent sanken, wenn Cannabis legal auf den Markt gebracht wurde. Jedes einzelne Legalisierungs-Event hätte zu einem Rückgang der jährlichen Arzneimittelverkäufe geführt und für Einbußen von rund drei Milliarden Dollar gesorgt.
Dies gelte dabei für alle vor Ort agierenden Pharmaunternehmen. Somit konnte errechnet werden, dass ein Rückgang des jährlichen Gesamtumsatzes mit Arzneimitteln um fast elf Prozent zu verzeichnen wäre, wenn medizinisches Cannabis in den 16 US-Bundesstaaten legalisiert würde, die dies bislang noch getan haben. Selbst falls nur medizinisches Cannabis breitflächig freigegeben würde, sei mit einem Rückgang der Arzneimittelverkäufe um einen Wert von 38 Milliarden Dollar zu rechnen.
Ein legaler Zugang zu Genuss-Cannabis hätte noch größere Auswirkungen
Sollten Cannabisgesetze für den Freizeitgebrauch erlassen werden, hätte dies weitaus größere Auswirkungen für die Pharmaindustrie, als wenn nur der Zugang zu medizinischem Cannabis gestattete würde. Dies würde darauf hindeuten, dass der leicht restriktive Charakter von medizinischem Cannabis nicht alle Möglichkeiten berücksichtige, wie Menschen das natürliche Rauschmittel auch als Ersatz für konventionelle Arzneimittel verwenden würden.
Laut den Autoren der Studie könnte man mit einem Umsatzrückgang durch die Legalisierung des Freizeitkonsums auf dem Pharmasektor rechnen, der etwa 129 Prozent höher sei, als wenn nur Medizinalhanf auf dem legalen Markt existiere. Bei Herstellern von Markenarzneimitteln könne man sogar mit einem Umsatzrückgang rechnen, der 224 Prozent höher sei als der von Herstellern von Nachahmerprodukten. Aus diesen Gründen empfiehlt die Untersuchung zum Abschluss wohl auch, dass es weitaus sinnvoller wäre, wenn konventionelle Arzneimittelhersteller in den Cannabismarkt investieren würden, anstatt gegen die Freigabe der natürlichen Medizin aufwendige Lobbyarbeit zu betreiben.