Vielleicht mag sich noch der eine oder andere erinnern an die Tage nach dem Abbruch der Jamaika Sondierungen. Als allmählich klar wurde, dass Deutschland weitere vier Jahre mit einer Regierung aus CDU/CSU und SPD wird leben müssen, da konnte, nein musste, man mit weiteren vier Jahren Stillstand in der deutschen Drogenpolitik rechnen.
Als dann darüber hinaus feststand, dass Jens Spahn unser neuer Gesundheitsminister wird und Marlene Mortler tatsächlich eine zweite Amtszeit als Drogenbeauftragte Deutschlands antritt, war ja beinahe jede Hoffnung verloren und man mochte schon Auswanderungspläne schmieden, und dies ungeachtet der Gesetzesinitiative dreier Oppositionsparteien, einer sehr erfolgreichen Petition des DHV, der positiven Stellungnahme des Bundes Deutscher Kriminalbeamter und dergleichen mehr.
Nun hat unsere Frau Mortler im Rahmen der Präsentation der aktuellen Drogenstatistiken mit unerwarteten Aussagen überrascht. Sie hatte Ideen geäußert, wie in Zukunft zu verfahren, ist bei Konsum nahen Delikten wie Besitz geringerer Mengen, wenn man von der Polizei erwischt wird. Die Delinquenten sollen künftig wählen können, ob sie ein Bußgeld entrichten möchten, oder es bevorzugen, eine Beratung aufzusuchen, um sich von Experten helfen zu lassen.
Der Deutsche Hanfverband äußerte sich erfreut, man betrachte Mortlers Vorschlag als Bewegung in Richtung Entkriminalisierung, denn so würden diese Bagatelldelikte, die bisher eine Straftat darstellen, in Zukunft ja lediglich als Ordnungswidrigkeit gelten und geahndet. Das würde in etwa den Regelungen anderer Länder wie Spanien, Schweiz oder Tschechien entsprechen.
Bisher konnte nach BtMG § 35 nur unter bestimmten Bedingungen, und nur bei Verpflichtung zur Teilnahme an einer Therapie durch den verurteilten Delinquenten, von Vollstreckung einer Strafe abgesehen werden.
Natürlich ist diese Idee weder etwas Neues noch ein wirklicher Durchbruch, und auch ist völlig ungewiss, ob Mortlers Vorschlag aufgegriffen und in der Regierung, genauer gesagt in Ausschüssen diskutiert wird. Dennoch ist die Tatsache, dass diese Anregung gerade von ihr kommt, schon verblüffend.
Ihre unverhältnismäßig restriktive Haltung Drogen und gerade Cannabis gegenüber, für die Marlene Mortler bekannt ist, da sie so gar nicht repräsentativ ist für die zeitgemäße öffentliche Wahrnehmung, und die sie so sensationell argumentiert, lässt eigentlich nicht annehmen, dass auch nur ein Schritt in die richtige Richtung in Sachen Drogenpolitik von dieser Frau zu erwarten sei. Nun belehrt sie uns eines Besseren.
Warten wir ab, inwiefern das die aktuellen Debatten beeinflussen kann. Die Expertenanhörung vor den Abstimmungen über die eingereichten Anträge wird am 27. Juni stattfinden.
Wenn jetzt tatsächlich am Ende ihrer zweiten Amtszeit als Drogenbeauftragte eine Lockerung der Rechtslage im Bereich Cannabis Realität geworden sein sollte, nachdem sie schon an der medizinischen Freigabe beteiligt gewesen ist, vielleicht ist sie es dann ja wirklich – unsere Entkriminalisierungsbeauftragte.