In langen Ausschreibungsverfahren hat Deutschland in den vergangenen Jahren Anbaulizenzen für medizinisches Cannabis an drei Herstellerunternehmen vergeben. Aus nationalem Anbau sollen den Patienten jährlich 2,6 Tonnen Cannabis zur Verfügung stehen. Als die Ausschreibungsverfahren noch im Gange waren, hatte man schon prognostiziert, dass diese Menge nicht reichen wird. Die aktuell veröffentlichten Zahlen über den Verbrauch von Medizinalhanf in Deutschland bestätigen dies. Es ist also im Grunde nichts Neues. Wie weit die genehmigte Anbaumenge vom realen Verbrauch entfernt ist, dass könnte den einen oder anderen dann doch überraschen.
Eigenanbau wird den Bedarf nicht decken können
Schon im Jahr 2018 wurden etwa drei Tonnen Cannabisblüten aus den Niederlanden und Kanada nach Deutschland importiert. Schon damals wusste man, dass die Neuverschreibungen weiter zunehmen werden und der nationale Anbau von 2,6 Tonnen diesen Bedarf nicht wird decken können. Im Jahr 2019 setzte sich der Trend fort und so wurden laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sage und schreibe 6.714 Kilogramm Cannabisblüten nach Deutschland eingeführt und an Patienten abgegeben. Das ist mehr als eine Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr und das Wachstum des deutschen Marktes für medizinisches Cannabis scheint noch weiterzugehen.
Der deutsche Medizinalhanf-Anbau soll Preisdruck aufbauen
Deutschland ist bei Weitem der größte Absatzmarkt für Medizinalhanf in Europa und bis Dato wird dieser Markt nur mit Importen bedient. Da im Bereich des nationalen Anbaus keine Reaktionen erfolgt sind, werden die Patienten wohl auch in Zukunft in der Hauptsache durch Importe versorgt werden müssen. Eigentlich hätte der in Deutschland produzierte Medizinalhanf auch einen gewissen Preisdruck auf die Importeure ausüben können. Doch wenn die Abhängigkeit von diesen Importen so stark bleibt, dann ist zu bezweifeln, dass die Preise zeitnah deutlich sinken könnten.
Krankenkassen erstatten immer mehr Therapien mit Cannabisblüten
Auch bei den Erstattungen der Cannabistherapien durch die Krankenkassen haben die Zahlen ein Allzeithoch erreicht. Etwa 100 Millionen Euro haben die Kassen im Jahr 2019 bis zum dritten Quartal für Cannabis ausgegeben. Obwohl keine Zahlen zu den privaten Rezepten von Selbstzahlern vorliegen ist davon auszugehen, dass auch dieser Absatz beträchtlich gewesen sein dürfte. Wäre die Gesamtmenge der importierten Cannabisblüten in 2019 in den deutschen Apotheken für einen Preis von 20 Euro pro Gramm abgegeben worden, so läge der Umsatz bei etwa 135 Millionen Euro. In den Zahlen sind keine weiterverarbeiteten Cannabisprodukte eingerechnet, sondern nur unverarbeitete Blüten.
Lieferengpässe bei medizinischem Cannabis sollten behoben sein
Seit Inkrafttreten des „Cannabis als Medizin Gesetzes“ im März 2017 haben sich die Blütenimporte jedes Jahr verdoppelt. Zu bedenken ist, dass durch viele Lieferunterbrechungen, vor allem aus Kanada, der Markt zeitweise nicht adäquat bedient worden ist. Der Absatz hätte also noch größer sein können. Vor allem von den Produzenten Tweed und Aurora aus Kanada waren Cannabisblüten über längere Zeiträume nicht verfügbar. In Zukunft sollen die Verfügbarkeiten im Allgemeinen kaum mehr ein großes Problem darstellen. Abgesehen davon, dass die bestehenden Importeure großteils ihre Lieferschwierigkeiten beheben konnten, kommen auch weitere Hersteller und Lieferanten hinzu, die mittlerweile ihre EU-Zertifizierung erhalten haben, so zum Beispiel Aphria und TerrAscend.