Während man sich in Deutschland weiterhin fragt, ob die im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung verankerte Cannabislegalisierung aufgrund geltenden EU-Rechtes überhaupt tatsächlich nach Plan umzusetzen ist, geht man in den Vereinigten Staaten weiter Schritt für Schritt in dieser Richtung voran. Hierzulande verlor das Gesundheitsministerium aufgrund schleppender Gesetzesentwurfsentwicklungen gerade erst eine Million Euro für Öffentlichkeitsarbeit.
In New York City wurden dagegen nur eine Woche später die ersten Dispensaries eröffnet und Geld mit dem legalen Rauschmittel verdient. Jetzt folgt der nächste Bundesstaat der USA und wird ab dem 10.01.2023 mit dem Verkauf von Marihuana an Erwachsene beginnen. Dies hat nicht nur Vorteile für die derzeit auf legalen Zugang hoffende Bevölkerung, da mit der Gesetzesänderung in Connecticut auch gleich 43.000 zuvor noch verurteilte Personen eine Begnadigung erhielten.
Von Medizin zum Genussmittel
Im Juni 2021 unterzeichnete Ned Lamont, der seit 2019 im Amt sitzende Gouverneur von Connecticut, den Gesetzesentwurf zur Freigabe von Cannabis als Genussmittel für Personen ab 21 Jahren. Jetzt beginnen diesen Dienstag die ersten Verkäufe in Abgabestellen, die zuvor nur Medizinalhanfpatienten vorbehalten waren. Insgesamt neun solcher Dispensaries haben es zum angepeilten Termin erfolgreich geschafft, ihr Geschäftsfeld rechtlich abgesichert auf den nun entstehenden Genussmittelmarkt auszuweiten.
Derzeit wird damit gerechnet, dass bis Ende 2023 bis zu 40 weitere Einzelhändler sowie Dutzende anderer Marihuana-Geschäfte eröffnet werden können, um dem erwarteten Ansturm auf das legale Gras zu entsprechen. Kristin Souza, eine Cannabisbefürworterin und die Inhaberin der Sugar Leaf Boutique in Middletown, sagte kurz vor dem Verkaufsstart, dass die Händler mit langen Schlangen vor ihren Shops rechneten. „Das ist in anderen Staaten fast jedes Mal passiert“, so Souza, die sich dabei auf den ersten Tag des Verkaufs von Marihuana für den Freizeitgebrauch bezog. „Es gab Leute, die sich so darüber freuten, dass sie draußen schliefen, um hereinzukommen.“
Was ist erlaubt?
Bei der Unterzeichnung des Gesetzes seitens Gouverneur Lamont erklärte dieser noch, dass der Krieg gegen Cannabis jahrzehntelang Ungerechtigkeiten verursachte und Ungleichheiten schuf, während er wenig zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit beitrug. Deswegen wird es jetzt erlaubt, Personen ab 21 Jahren eine Menge von bis zu sieben Gramm Marihuana legal in dafür vorgesehenen Geschäften zu verkaufen – pro Einkauf. Hierbei können verschiedene Arten und Mengen von Produkten zusammen gekauft werden, bis die Gesamtanzahl von sieben Gramm Cannabisblüten oder deren Äquivalent in Milligramm THC erreicht worden ist.
Dazu zählen sieben vorgerollte Joints mit einem Gramm Inhalt oder 14 vorgefertigte Joints mit 0,5 Gramm Cannabis. Alternativ dürften zwei bis vier Vape-Kartuschen in den Größen von 0,5 und einem Milliliter erworben werden. Auch Edibles werden erhältlich sein, wobei diese nach Art und Größe variieren. Ein Brownie oder Keks in Standardgröße kann das Äquivalent von 0,8 Gramm Cannabisblüten darstellen. Eine essbare Portion darf dabei aber nicht mehr als fünf Milligramm THC enthalten. Auch wenn es diese Transaktionslimits gibt, werden die Geschäfte nach Angaben der Behörden nicht sofort jeden Verkauf verfolgen.
43.000 Begnadigungen im Vorfeld
Neben den Vorteilen, die nun für Genusskonsumenten von Cannabis in Connecticut entstehen, haben auch ungefähr 43.000 zuvor noch mit der alten Gesetzgebung in Konflikt geratene Personen ein Stück Freiheit zurückgewonnen. Während in Deutschland in den vergangenen Jahren noch weit über 200.000 Menschen aufgrund ihres Kontaktes mit Cannabis mit einer entsprechenden Anzahl von eingeleiteten Strafverfahren bestraft wurden, wurden derartig negative Eingriffe in das Leben von Menschen in Connecticut jetzt wieder rückgängig gemacht.
Am 01.01.2023 gab Gouverneur Lamont bekannt, dass der Staat knapp 43.000 Verurteilungen, die im Zusammenhang mit Marihuana standen, gelöscht habe. Personen mit einer größeren Anzahl von geringfügigen Verurteilungen in ihrem Strafregister hätten dazu die Möglichkeit, im Rahmen einer separaten Reformgesetzgebung bei den Gerichten einen Antrag auf Versiegelung ihrer Unterlagen zu stellen. Dies sei ein Schritt nach vorn, um den Krieg gegen Drogen zu beenden und den Bürgern eine zweite Chance zu geben, ihre Träume zu verwirklichen, so Lamont. Die in Connecticut vollzogenen Begnadigungen wurden seitens Beamten des Weißen Hauses mehr als nur begrüßt. Die Schritte stünden im Einklang mit der Einstellung von Präsident Joe Biden, der im Oktober Tausende von Menschen begnadigte, die in der Vergangenheit gegen den Besitz von Marihuana auf Bundesebene verstoßen hatten.
Vielleicht wäre es nun an der Zeit, sich auch in Deutschland einmal etwas bei dieser Thematik an den USA zu orientieren und die Legalisierung von Cannabis zur Chefsache in der höchsten Etage zu machen.