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Seit dem Verbot des beliebten Cannabinoid HHC tauchen zahlreiche neue Cannabinoide am Markt auf, die als Ersatz dienen. Deren psychoaktives Potenzial reicht von subtil bis extrem stark. Eines dieser neuen Produkte, die seit einiger Zeit am Markt sind, ist CB9. Jedoch gibt es bei einer genaueren Recherche ein Problem. Es kann nicht herausgefunden werden, worum es sich chemisch im Detail handelt.
Im gesamten Internet lässt sich bis heute keine Strukturformel von CB9 finden. Es lässt sich eine Summenformel dazu finden, doch bei genauerer Betrachtung stellt man fest, dass dies nicht annähernd ein Cannabinoid ist, sondern ein Antibiotikum. Somit kann keine Aussage darüber getroffen werden, worum es sich chemisch handelt. Bei allen anderen Cannabinoiden lässt sich eine Strukturformel finden und es ist somit bekannt, um welches Cannabinoid es sich technisch handelt. Anders scheint dies bei CB9 zu sein. Obwohl in unzähligen Shops CB9-Produkte angeboten werden, weiß im Grunde niemand, was hier verkauft wird.
Wahrscheinlich ein CBD-Derivat
Viele Anbieter werben damit, dass es sich um ein natürliches, in Cannabis vorkommendes Cannabinoid handelt. Jedoch findet sich im gesamten Internet kein Forschungspapier, welches die Entdeckung dieses Cannabinoids offiziell bestätigt. Auch legendäre Cannabinoid forscher, wie John W. Huffman oder Raphael Mechoulam, erwähnen dieses Cannabinoid an keiner Stelle. Vermutet wird, dass es sich um ein CBD-Derivat handelt.
Dies ist die Beschreibung, die sich an den meisten Stellen im Internet finden lässt. Nähere chemische Details sind nicht bekannt und vor allem, wenn keine Strukturformel zu dieser Substanz existiert, weiß weder der Verkäufer, was er verkauft, noch der Konsument, was er raucht. CB9-Produkte werden in den klassischen altbekannten Darreichungsformen angeboten, die auch von den vergangenen Produkten bekannt sind. Das Produkt ist als Blüten, Haschisch sowie als fertige Vapes verfügbar.
Mittelmäßig psychoaktiv
Das psychoaktive Potenzial wird von den meisten Konsumenten als leicht bis mittelmäßig beschrieben. Manche bezeichnen es als leichtere Variante von Delta-8-THC oder von HHC. Manche ordnen es zwischen H4CBD und HHC ein. Einzelne Benutzer sprechen auch von einer übermäßig starken Wirkung. Dies ist vermutlich den Qualitätsunterschieden und schwankenden Konzentrationen der einzelnen Darreichungsformen zuzuschreiben.
Insgesamt scheint bei den meisten Konsumenten der körperliche Effekt zu dominieren. Es stellt sich die bekannte körperliche Sedierung ein, wie sie auch bei vielen Haschischsorten vorzufinden ist. Die psychedelische Komponente, wie man sie von THC oder anderen potenten Cannabinoiden kennt, ist bei den meisten Anwendern eher im Hintergrund. Paranoide und psychotische Nebenwirkungen scheinen im Gegensatz zu hochpotenten Cannabinoiden deutlich seltener aufzutreten.
Rechtliche Lage
Aktuell ist CB9 in Deutschland legal. Da im Grunde kein Shop weiß, was er hier verkauft, kann auch aktuell keine konkrete einzelne Substanz verboten werden. Es liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei CB9 um einen ähnlichen strategischen Schachzug des Herstellers handelt, wie es vor vielen Jahren bereits bei Spice der Fall war. Als Spice 2007 auf den Markt kam, wusste zunächst ebenfalls niemand, worum es sich dabei handelt. Auf der Verpackung war eine Liste von subtil wirksamen psychoaktiven Kräutern als Zutaten angegeben. Jedoch war die Wirkung so überwältigend, dass bald Zweifel aufkamen, ob diese von den angegebenen Zutaten herrühren kann.
Die gängige Vermutung für diese starke Wirkung war lange Zeit, dass es sich um sehr potente Extrakte oder um die isolierten Wirkstoffe der angegebenen Pflanzen handelt. Dadurch war Spice lange Zeit legal. Erst nach über 1 Jahr wurde festgestellt, dass die Wirkung von Spice aus einer Kombination mehrerer synthetischer Cannabinoide aus der HU-Serie und der JWH-Serie herrührt. Es liegt die Vermutung nahe, dass die sozusagen geheime Rezeptur von CB9 ein ähnlicher strategischer Zug ist, um das Produkt länger legal halten zu können.
Man sieht an solchen Beispielen, zu welchen Auswüchsen die Prohibition führt. Das Verlangen nach Rausch lässt sich mit keinem Gesetz verbieten. Wo es eine Nachfrage gibt, wird sich auch immer ein Angebot entwickeln. Ein Markt für Drogen wird so lange existieren wie die Menschheit selbst. In Deutschland hat nach einem jahrelangen Kampf nun endlich eine Teillegalisierung von Cannabis stattgefunden, was ein enormer Fortschritt nach jahrzehntelangem Stillstand war.
In den meisten anderen europäischen Ländern hält man aber immer noch beharrlich am Verbot fest und kapiert nicht, dass die Prohibition sehr viel unkalkulierbare Risiken auf den Markt bringt, als es bei einem legalen Cannabismarkt jemals der Fall wäre. Solange das so ist, wird das Katz-und-Maus-Spiel mit neuen Verboten und daraufhin folgenden neuen Produkten immer weitergehen.