Ein wichtiges Argument für die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken liegt selbstverständlich im fachgerechten Gesundheitsschutz der Nutzer. Wenn eine professionell hergestellte und überprüfte Ware den Besitzer wechselt, ist davon auszugehen, dass diese eine wesentlich höhere Qualität besitzt als die von illegal agierenden Produzenten und dann auch schädliche Verunreinigungen eher der Seltenheit angehören.
Dies ist mittlerweile auch schon in Kanada festgestellt worden, wo 2018 der Genusskonsum für Erwachsene erlaubt wurde und ein großer Geschäftszweig mit legalem Marihuana entstand. So hatte man dort im vergangenen Jahr unter anderem auch darüber berichtet, dass Cannabisblüten aus dem regulierten Handel eine wesentlich höhere Reinheit besitzen als auf dem stark geschrumpften Schwarzmarkt angebotene Knospen. Während nur sechs Prozent von legal gehandeltem Cannabis mit Pestiziden belastet waren, konnten bei 92 Prozent der illegalen Waren Pestizidrückstände nachgewiesen werden.
Jetzt hat man sich in Kanada mit den ebenfalls recht beliebten Cannabis-E-Zigaretten – also mit Liquid befüllten Vapes – beschäftigt und erneut ein erschreckendes Ergebnis erhalten. Es wurden sogar Metall-Nanopartikel in den Cannabis-Liquids gefunden, bevor diese überhaupt ein einziges Mal erhitzt worden sind. Und auch hier fiel die Kontamination wesentlich höher aus, wenn die Produkte vom Schwarzmarkt stammten.
Die hundertfache Bleimenge
Sogenannte Vapes, die auch als E-Zigaretten bekannt sind, nutzen keine direkte Verbrennung, die sonst beim regulären Rauchen von Zigaretten oder Joints stattfindet und dabei schädliche Nebenprodukte erzeugt. Stattdessen wird eine spezielle Flüssigkeit erhitzt, bis sie verdampft und inhaliert werden kann. Vapes gelten daher im Allgemeinen als eine sicherere Art, Cannabis oder Nikotin als Dampf anstatt als Rauch zu konsumieren. Auf der Frühjahrstagung der „American Chemical Society“ hat Andrew Waye, der das Forschungsprogramm von Health Canada beim Büro der Cannabis Wissenschaft und Überwachung leitete, die neuen Ergebnisse über Metallvorkommen in Vapes vorgestellt.
Diese Forschung wurde in Kooperation zwischen Health Canada und dem „Metrology Research Centre“ des kanadischen Forschungsrats durchgeführt. Health Canada ist die für die nationale Gesundheitspolitik zuständige Abteilung der kanadischen Regierung. Während schon frühere Forschungsergebnisse darauf hindeuteten, dass die von elektronischen Cannabiszigaretten freigesetzten Metalle von Partikeln stammten, die beim Erhitzen der Spulen freigesetzt würden, wurde nun festgestellt, dass diese Nanopartikel bereits in ungenutzten Vapes vorhanden sind.
Da diese Metallverunreinigungen also selbst in Cannabis-Liquids vorkamen, die weniger als sechs Monate alt waren und nie benutzt wurden, lässt sich vermuten, dass sie ihren Weg in das Liquid schon beim Produktionsprozess finden müssen. Besonders erschreckend war jedoch die Erkenntnis, dass vom Schwarzmarkt stammende Vapes teils die hundertfache Menge von Bleipartikeln aufwiesen als legal gehandelte E-Zigaretten.
Weit über dem Erlaubten
Bislang erhältliche Literatur über Nikotinverdampfer hat bereits darauf hingewiesen, dass die Metallkomponenten und Metallspulen, welche die Flüssigkeit erhitzen sollen, potenziell schädliche Metalle wie Nickel, Chrom und Blei freisetzen können. Um herauszufinden, ob dies auch für Cannabis-Vapes gilt, hat das Team von Andrew Waye zusammen mit Zuzana Gajdosechova vom Metrology Research Centre sich 41 unterschiedliche Proben von Cannabis-Liquids vorgenommen und genaustens analysiert. Das Metrology Research Centre ist Kanadas nationales Messlabor, das präzise Messstandards und Dienstleistungen entwickelt und verbreitet. Von den 41 Proben stammte etwa die Hälfte aus dem legalen und regulierten Handel, die andere Hälfte aus den Händen der Polizei von Ontario, die diese von Schwarzmarkthändlern konfiszierte.
Auch wenn Cannabis im Jahr 2018 legalisiert wurde und selbst Cannabis-Vapes im Land reguliert sind, gibt es derartige Produkte auch auf dem Schwarzmarkt. Um über die mögliche Kontamination etwas herauszufinden, suchten die Forscher mithilfe der Massenspektrometrie nach zwölf verschiedenen Metallen in allen Proben. Sie wiesen daraufhin bestimmte Metalle in sehr hohen Konzentrationen nach, wobei einige der nicht regulierten Proben einen einhundertmal höheren Bleigehalt aufwiesen als die legalen Proben besaßen.
Die höchste Bleikonzentration, die das Team in den legalen Proben messen konnte, lag bei 0,6 ppm, in den illegalen Proben dagegen bei knapp 50 ppm. Die Einheit ppm steht für „Parts per Million“ und gibt die Anzahl einzelner Teile pro eine Million Teilen an. Durch die kanadischen Richtlinien sind Bleianteile auf 0,5 ppm in inhalativen Arzneimitteln beschränkt, sodass hier ein hundertfaches dieser erlaubten Menge überschritten worden ist.
Kobalt, Chrom, Kupfer, Nickel und Vanadium
Ebenfalls wurden die Proben auf weitere Metallvorkommen untersucht. Das Team stellte dabei dann fest, dass die Konzentrationen von Kobalt, Chrom, Kupfer, Nickel und Vanadium in mehreren legalen und illegalen Produkten die allgemein geltenden Toleranzgrenzen weit überschritten – in einigen Fällen wieder um mehr als das Hundertfache. Wie auf Chemistryworld.com berichtet wird, wurden auch andere Schadstoffe wie Arsen, Quecksilber und Kadmium aufgespürt, doch lagen diese stets innerhalb der allgemein akzeptierten Toleranzgrenzen. Ein Umweltchemiker am „Lawrence Berkeley National Laboratory“ namens Hugo Destaillats, der an der Untersuchung beteiligt war, weist darauf hin, dass die neuen Informationen der Wissenschaft helfen können, besser zu verstehen, welche Metalle aus der Cannabispflanze stammen könnten.
Ebenso, welche Stoffe während des Produktionsprozesses der elektronischen Zigaretten entstehen, welche aus dem Gerät selbst vor seiner Verwendung stammen könnten und welche beim Erhitzen der Flüssigkeit während der Verwendung entstehen. Laut Ergebnissen aus den USA von der Columbia Universität, können von Cannabis, das unter schlechten Bodenverhältnissen gedeiht, zumindest auch aufgenommenes Blei, Quecksilber und Kadmium an den Konsumenten nach dem Einsatz als Rauschmittel weitergegeben werden, was selbstverständlich als sehr gesundheitsschädlich einzustufen ist.
Nanopartikel gleich noch problematischer
Experten wie Hanno Erythropel, ein analytischer Chemiker am „Center for Green Chemistry and Green Engineering“ der Yale University, sagt, dass weitere Forschung unbedingt notwendig wäre, um die Konzentration der aufgespürten Metalle in den Flüssigkeiten und dem Verhältnis der Aufnahme durch den Nutzer besser nachvollziehen zu können. Im Allgemeinen gelte: „Je kleiner die Partikel sind, desto tiefer können sie beim Einatmen in die Lunge gelangen“, so Erythropel. Falls die Partikel tatsächlich Nanogröße besäßen, wäre das eine ganz andere Dimension, da Nanopartikel bekanntermaßen oft andere Eigenschaften aufweisen würden als größere Partikel desselben Materials.
Obwohl weitere Fragen bestehen, weisen die neuen Forschungsergebnisse auf die Notwendigkeit einer stärkeren Überwachung von E-Zigaretten hin. Andrew Waye vom Büro der Cannabis Wissenschaft und Überwachung (Office of Cannabis Science and Surveillance) schließt aus den Ergebnissen, dass bislang nicht charakterisierte Risiken des Cannabiskonsums immer noch identifiziert werden. Doch obwohl es keinen eindeutigen Weg gäbe, diese überprüften Produkte „sicher“ zu konsumieren, würde die Forschung beweisen, dass eine Regulierung unter legalen Bedingungen unbedingt dazu beiträgt, Cannabisprodukte für die Nutzer insgesamt ungefährlicher machen zu können.