Während es erst vor wenigen Tagen aufgrund einer neuen Analyse die Meldung in die Presse schaffte, dass die Legalisierung von Cannabis in den verschiedenen Bundesstaaten der USA zu mehr Einkommen und höherer Beschäftigung führte, gibt es nun Nachrichten aus Kanada, die einen etwas anderen Tenor besitzen.
Als negativ kann diese Entwicklung zwar nicht bezeichnet werden, doch dürfte sie auch die deutsche Bundesregierung aufhorchen lassen, die gerade an dem Gesetzesentwurf werkelt, wie hierzulande eine vernünftige Freigabe des natürlichen Genussmittels gestaltet werden kann. Nach mittlerweile vier Jahren des legalen Verkaufs in kanadischen Gefilden scheint nämlich das Limit erreicht, welches die Bedürfnisse des Landes mehr als befriedigt, sodass sogar von einem Überangebot gesprochen wird, das konkrete Folgen für die gesamte Branche hat.
Auf das „High“ folgte das „Down“
Noch im August 2021 konnte darüber berichtet werden, dass die legale Cannabisbranche in Kanada monatlich steigende Umsätze generierte und einen Anstieg von 7,9 Prozent im Vergleich zum Mai des genannten Jahres erfuhr. Nicht einmal zwei Jahre später wird jetzt seitens eines Professors der Unternehmensforschung der Brock University aus Ontario die bittere Wahrheit erwähnt, dass es aktuell mit dem Wachstum vorbei wäre. Hersteller hätten bereits seit über drei Jahren ihre Produktion zurückfahren, Mitarbeiter entlassen und Anlagen schließen müssen, so Michael Armstrong auf GlobalNews. Nur in den ersten sechs bis neun Monaten des legalen Verkaufs wäre die Branche rasant expandiert und versuchte alle gefragten Produkte schnellstmöglich auf den Markt zu bringen.
Während es noch in den ersten sechs Monaten eine spürbare Produktknappheit gab, wäre bereits seit dem Sommer im Jahr 2019 ein Überschuss erreicht worden, der spätestens jetzt zu den erwähnten Folgen geführt haben soll. Ein weiterer Grund für die Entwicklung wäre dazu auch unter anderem in dem Aufkommen vieler kleinerer Unternehmen zu finden, die trotz des spürbaren Rückgangs ihren Platz in dem speziellen Markt gesucht haben.
Schließungen, Entlassungen und Preisverfall
Michael Armstrong macht die Schwierigkeiten an einem simplen Beispiel greifbar. Das Überangebot habe beispielsweise auch dafür Sorge getragen, dass in gewissen Regionen der Preis von Cannabis pro Gramm rapide gefallen sei. Während ein Gramm anfänglich über sieben kanadische Dollar gekostet hätte, sind nun teils Preise von circa drei kanadischen Dollar weitverbreitet. Ein derartiger Preisverfall ist dann unter Umständen mit dafür verantwortlich, dass Firmen wie Delta 9 Cannabis jetzt ihre Anbaukapazitäten verringern und Entlassungen von bis zu 40 Personen in die Wege leiten müssen. Dies berichtet das Unternehmen am Montag, wobei es sich auf eine einzige Anlage in Winnipeg bezog und klar das Überangebot auf dem kanadischen Markt als Grund nannte.
Der CEO John Arbuthnot erklärte, dass der Preis- und Margendruck selbst bei äußerst effizient arbeitenden Anbauanlagen das Problem auslöse, nicht länger gewinnorientiert arbeiten zu können. Man habe mit der Rentabilität zu kämpfen, so Arbuthnot. Dies habe unter anderem noch dazu geführt, dass selbst die leitenden Mitarbeiter und der Vorstand Gehaltskürzungen hinzunehmen hätten und man eine medizinische Einrichtung des Unternehmens schließen werde – die Osborne Medical Clinic. Der Einzelhandel wäre jedoch nicht von den Streichungen betroffen.
Zu viele Geschäfte auf zu engem Raum
Doch selbst Einzelhändler haben aufgrund des Umschwungs in der Branche einige Probleme, mit denen sie nun zu leben haben. Tom Doran, der in Winnipeg das Geschäft Jupiter Cannabis betreibt, berichtet darüber, dass es aktuell zu viele Geschäfte auf zu engem Raum gebe. „Es gibt viele neue Geschäfte und unserer Meinung nach ein paar zu viele“, wird er auf der kanadischen News-Seite zitiert. Er würde es begrüßen, wenn ein entsprechendes Moratorium für neue Läden verhängt werden würden. Derzeit gäbe es bereits 99 Läden in Winnipeg und zwei Läden hätten aufgrund des Überangebotes in den letzten paar Wochen den Betrieb eingestellt. Noch im Jahr 2020 hätte es gerade einmal 15 Cannabisfachgeschäfte in Winnipeg gegeben, was ersichtlich macht, wie stark die Branche für einen gewissen Zeitraum boomte.
Doran gibt zwar an, dass er weiterhin Gewinne einfahre, doch eben nicht in dem Maße, wie es unter anderen Umständen möglich sei. Er bangt vor eine Situation, in der es in seiner Stadt auf einmal 150 Fachgeschäfte für Cannabis geben könnte. Als unabhängiges Unternehmen wäre es immer schwieriger, mit den Entwicklungen Schritt zu halten und schwarze Zahlen schreiben zu können. Er wünschte sich daher auch, dass die Provinz Manitoba striktere Regeln bezüglich des Abstands von Händlern einführen würde, sodass nicht ein Geschäft neben dem nächsten entstehen könne. Anstatt innerhalb von 30 Metern gleich die Konkurrenz auf derselben Straße zu haben, wäre aus seiner Sicht ein Abstand von 300 bis 500 Metern eine sinnvolle Regel.
Lehren für Deutschland
Auch wenn es immer noch nicht eindeutig klar ist, wie die Legalisierung von Cannabis in Deutschland gestaltet werden wird, so ist davon auszugehen, dass auch das finanzielle Interesse eine gewisse Antriebskraft bei bestehenden und entstehenden Unternehmen darstellt. Ebenfalls sollte das Potenzial für den Arbeitsmarkt nicht unterschätzt werden, blickt man über den Großen Teich und hört unter anderem von Beschäftigungszahlen in den USA in halber Millionenhöhe in der Branche.
Fallen in Kanada jetzt aber bereits nach nur vier Jahren die Beschäftigungen und die Preise nach unten, sollte hierzulande ganz genau aufgepasst werden, wie man eine derartige Rezension nach einem derart kurzen Zeitraum vermeiden kann. So wie vernünftige Regeln für einen funktionierenden Jugend- und Verbraucherschutz entwickelt gehören, werden auch sinnvolle Vorgaben benötigt, die Unternehmen, Arbeitnehmern und Händlern gewisse Sicherheiten bescheren, damit einem Überangebot und seinen schwerwiegenden Folgen bestmöglich entgegengewirkt werden kann. Selbst (oder erst recht) wenn drei kanadische Dollar pro Gramm auf Konsumentenseite verführerisch klingen dürften.