Schwerer Schlag für die Nutzhanfbranche
Man sollte meinen, Deutschland befinde sich auf dem besten Wege zu einem liberalen Umgang mit der Hanfpflanze und nimmt damit auch innerhalb der Europäischen Union eine Vorreiterrolle ein. Manche Aktionen und Maßnahmen, die manche staatliche Organe des Landes allerdings gegen den eigentlich legalen Handel mit Nutzhanfprodukten ergreifen, lassen daran allerdings große Zweifel. Fast in jedem Nachbarland Deutschlands scheinen die Behörden das Geschäft mit CBD-Produkten akzeptiert zu haben. Nun hat gerade der Bundesgerichtshof ein Urteil gefällt, das eine fatale Botschaft an die deutsche Nutzhanfbranche sendet, und bei welchem der doch vermeintlich legalisierungswilligen Regierung die Alarmglocken schrillen sollten.
Mehrjährige Freiheitsstrafe für Handel mit Nutzhanfblüten
Wie der Branchenverband Cannabiswirtschaft e. V. in einer Pressemitteilung meldet, hat der BGH im Verfahren 5 StR 490/21 ein Urteil bestätigt, welches zwei gewerbliche Händler für CBD-Blüten mit mehrjährigen Haftstrafen sanktioniert. Das Landgericht Berlin hatte den Hauptangeklagten wegen bandenmäßigem Handel mit Betäubungsmitteln zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt, der Mittäter erhielt eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten. Diese unverhältnismäßigen Strafen und die absolut nicht zeitgemäße Entscheidung wurde tatsächlich vom BGH bestätigt. Der Beschluss fiel bereits im Sommer, doch erst jetzt, am 12.10.2022, wurde der Beschluss des Bundesgerichtshofs veröffentlicht.
Keine erhöhten THC-Konzentrationen
Die CBD-Hanfblüten, mit welchen die Angeklagten Handel trieben, wiesen THC-Konzentrationen von weniger als dem eigentlich für Nutzhanf erlaubten Wert von 0,2 Prozent auf. Trotzdem sah der 6. Strafsenat des BGH die Möglichkeit zum Missbrauch zu Rauschzwecken nicht ausgeschlossen, man könne wohl ein Gebäck daraus herstellen, welches eine berauschende Wirkung habe. Dass diese Einschätzung keiner Lebenswirklichkeit entspricht, darauf hatte der BvCW bereits in der Vergangenheit hingewiesen, und auch die Staatsanwaltschaft Heilbronn hatte in einem ähnlich gelagerten Fall festgestellt, dass das Missbrauchspotenzial bei derartigen Nutzhanfblüten allenfalls theoretisch bestehe.
Urteil schadet einer ganzen Branche
Aus gutem Grund sieht der Branchenverband Cannabiswirtschaft e. V. (BvCW) in dem BGH-Urteil eine Gefahr für die deutsche Nutzhanfbranche. Ein solch fatales Urteil eines solch hohen Gerichts hat natürlich eine starke Signalwirkung und kann eine wahre Strafverfolgungswelle auslösen. Dies wiederum bringt eine wachsende Industrie mit etlichen Arbeitsplätzen in Gefahr. Der Schaden für viele Unternehmer und Beschäftigte könnte immens sein und auch für die Steuerzahler hätte eine solche Entwicklung nur Nachteile. Jürgen Neumeyer, Geschäftsführer des BvCW, äußert sich dementsprechend deutlich zu dem BGH-Urteil:
„Somit werden Arbeitsplätze in einer aufstrebenden Branche vernichtet und steuerzahlende Unternehmer, die niemandem geschadet haben, unnötig auf Steuerzahler-Kosten inhaftiert. Hier besteht dringender Handlungsbedarf für die Politik!“
Jürgen Neumeyer
Die vom BGH verhängten Strafen sind so hoch wie beim Handel hochprozentiger illegaler Rauschmittel. Speziell der Hauptangeklagte erhielt eine Freiheitsstrafe, die aufgrund ihrer Höhe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Und da der BGH in seiner Entscheidung keine Grenzwerte benannt hat, die den Missbrauch nun tatsächlich ausschließen, besteht für viele Unternehmer nun weitere Unsicherheit ob der Rechtssicherheit ihrer Geschäfte. Der BvCW verzeichnet in der Nutzhanfbranche eine Zunahme der Strafverfolgung. Bevor dadurch weitere Existenzen zerstört werden, ist jetzt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gefragt. Ihm obliegt es, die Expertenempfehlung des BfArM umzusetzen, die dahin gehend regulierende Änderungen vorsieht. Der BvCW fordert daher dazu auf, Nutzhanf aus dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zu entfernen.
Quellen und weiterführende Links
Pressemitteilung BvCW