Die Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken erwachsener Konsumenten hat viele Vorteile. Menschen, die gerne auf das natürliche Rauschmittel zurückgreifen, werden bei einem legalen Angebot aus dem Schwarzmarkthandel gelotst und es kann seitens Fachverkäufern festgestellt werden, ob möglicherweise ein problematisches Konsummuster vorliegen könnte.
Ebenso wird bei einem legalen Handel gewährleistet, dass die Qualität der Ware stimmt, Verunreinigungen nicht die gesundheitlichen Gefahren erhöhen und der Staat dank Steuereinnahmen mehr Geld für Prävention und Aufklärung zur Verfügung hat. Ein weiterer wichtiger Aspekt liegt selbstverständlich auch in der Beendigung der Strafverfolgung, der in Deutschland einige Millionen Menschen tagtäglich ausgesetzt sind, die neben hohen Ausgaben, keiner Veränderung der Verfügbarkeit und vielen damit verbundenen Problemen führt. Auch kann mittlerweile bei einem Blick in liberalere Gefilde wissenschaftlich untermauert werden, dass eine Freigabe von Cannabis nicht tatsächlich zu mehr Ärger führt und etwa Kinder und Jugendliche stärker gefährdet werden.
Doch auch wenn es genügend guter Meldungen und Abhandlungen über das Thema gibt, machen sich noch immer Organisationen und selbst ernannte Experten dafür stark, das Vorhaben der Regierung zu stoppen, obwohl es schon seit Jahren im Koalitionsvertrag verankert und letztlich kurz vor der Realisierung steht. Ein Zusammenschluss zahlreicher Organisationen hat nun vor ein paar Tagen den Abgeordneten im Bundestag ein gemeinsames Schreiben zugesendet. In diesem wird der Appell dahin gehend ausgesprochen, nicht für den vorliegenden Gesetzesentwurf zu stimmen, da damit die Situation nur verschlechtert werden würde.
Ärzteschaft, Apothekerschaft, Wissenschaft, Lehrerschaft und Polizei
In dem am 8.12.2023 veröffentlichten Schreiben an die Abgeordneten des Deutschen Bundestags, fordern verschiedene Organisationen, dem sogenannten CanG nicht zuzustimmen. Bei diesem Gesetz würde es „um eine grundlegende Weichenstellung, die gravierende gesellschaftliche Auswirkungen entfalten wird, insbesondere mit Blick auf die Entwicklungs- und Lebensperspektiven junger Menschen in unserem Land“ gehen. Man dürfe nicht zustimmen, sondern „den Fokus der Drogenpolitik auf eine deutliche Ausweitung kluger und gezielter Präventionsstrategien und die Förderung von Interventionsprogrammen“ legen. Der „Ständige Ausschuss der Europäischen Ärzte“ habe schließlich „in einer aktuellen, umfassenden Analyse der insgesamt vorliegenden wissenschaftlichen Evidenz aufgezeigt, dass eine Cannabislegalisierung die gravierenden gesundheitlichen Schäden durch diese Droge weiter verschlimmert“, so der Text.
Dass es genügend und regelmäßig erscheinende Studien aus anderen Teilen der Welt gibt, die schon seit Jahren mit legal erhältlichen Marihuana Erfahrungen machen konnten und das Gegenteil aussagen, bleibt verschwiegen. Dagegen wird der Jahresbericht 2022 des Internationalen Suchtstoffkontrollrats der Vereinten Nationen erwähnt, in dem stünde, „dass die Legalisierung von Cannabis zu höherem Konsum, vornehmlich bei jungen Menschen, und zu einer geringeren Risikowahrnehmung“ führe, obwohl dies von anderen Untersuchungen aktuell nicht bestätigt wird. Selbst die Einstellung von jungen Menschen wird doch eine Legalisierung nicht verändert, sagen neuere Studien.
Doch im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie wären die Strukturen der Gesundheitsversorgung bereits jetzt schon überlastet, sodass es laut Schreiben unverantwortlich wäre, jetzt zu legalisieren. Woher die erwähnten betroffenen Heranwachsenden das vermeidliche Cannabis erhalten haben – unter den Bedingungen eines unkontrollierten Schwarzmarktes – und dass die Zahlen der Konsumenten trotz Strafverfolgung steigen, wird nicht ausgesprochen.
Stärkung des Jugendschutzes wird nicht erkannt
Die Unterzeichner des Appells – darunter der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter e. V., der Präsident der Bundesärztekammer, der Bundesvorsitzende der Katholischen Erziehergemeinschaft (KEG) oder auch der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes – sehen in dem Vorhaben, den Schwarzmarkt einzudämmen und legalen Zugang zu Cannabis für Erwachsene zu ermöglichen, die Chance vertan, etwas für den Kinder- und Jugendschutz zu leisten. Vielmehr prognostizieren sie eine „Normalisierung von Cannabiskonsum in der Wahrnehmung von Kindern und Jugendlichen“ und dass es zur Weiterreichung von Cannabis an Minderjährige kommen könne. Dass illegal agierende Händler, die zu derartigen Taten fähig sind, der Strafverfolgung weiterhin und sicherlich auch verstärkt ausgesetzt würden, kommt den Experten dagegen nicht in den Sinn.
Dass sich Menschen, die sich über eine funktionierende Legalisierung freuen, an sinnvolle Regeln halten könnten, da es Vorteile für ihren Alltag verspricht, scheint schwer vorstellbar. Dagegen wird darauf trotz anderslautender Nachrichten gepocht, dass „Vorsätze, die Legalisierung mit einem bestmöglichen Jugendschutz zu verbinden“, sich in vielen Legalisierungsländern als Illusion erwiesen hätten. Dass das hier geltende Verbot bislang mehr Schaden als Nutzen brachte und nichts gegen jährlich steigende Konsumentenzahlen ausrichten konnten, legt man den noch zweifelnden Abgeordneten des Bundestags auch lieber nicht nahe.
Schwarzmarkt würde profitieren – Strafverfolgungsbehörden nicht
Erfahrungen aus Kanada haben gezeigt, dass ein Großteil von erwachsenen Cannabiskonsumenten den Weg in Fachgeschäfte dem Schwarzmarkthandel vorziehen. Auch weiß man, dass die Qualität des angebotenen Krautes in legalen Shops der des illegalen Marktes weit überlegen ist. Dennoch wird von den Unterzeichnern ein Bild gemalt, dass der Schwarzmarkt von einer Legalisierung in Deutschland profitieren und erneut die schon so häufig erwähnte vulnerablen Gruppe verstärkt anlocken würde. So sehr, dass der Schwarzmarkt sogar gestärkt aus der Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken erwachsener Personen gehen könnte.
Ausgegangen wird von den Unterzeichnern dazu auch, dass die Behörden von Polizei und Justiz nicht gründlicher arbeiten und entlastet werden könnten, wenn nicht länger jeder friedliche Mensch mit einem Joint daheim als Verbrecher behandelt werden muss. Grund hierfür sei durch die „kleinteilige Regelung“ gegeben, die „zu einem hohen behördlichen Kontrollaufwand, zu zahlreichen neuen Streitfragen und zu vielen Verfahren vor den Gerichten“ führen würde. Man müsse stattdessen präventive Maßnahmen und Angebote der Primär- und Sekundärprävention ausweiten und etablieren, was im Klartext heißt, weiterhin den gewohnten Weg zu gehen und im Fall der Fälle die auffällig werdenden Personen in Zwangsmaßnahmen entsprechend zu therapieren.
Daher müsse auch der „Fokus viel stärker auf der Entwicklung, dem strukturellen Ausbau und der Finanzierung von kommunalen, risikoadaptierten und evidenzbasierten präventiven sowie Interventionsmaßnahmen liegen“, wobei man Schulen, Jugendeinrichtungen und Einrichtungen der Suchthilfe als die idealen Standorte betrachtet.
Warum der sich schon seit vielen Jahren mit dem Thema beschäftigende Bundesdrogenbeauftragte, trotz all dieser Vorwände auf eine rasche Umsetzung des CanG und die Entkriminalisierung gewöhnlicher Konsumenten drängt, will daher weiterhin von den Befürwortern einer Beendigung der gescheiterten Drogenpolitik verstanden werden. Schade.