Viele Länder kommen einem in den Sinn, wenn man an die Cannabis-Prohibition und ihre Ursprünge denkt, doch dieses unscheinbare Land, um das es in diesem Artikel geht, wird dabei von den meisten Menschen übersehen oder ignoriert.
Die meisten Menschen verbinden Ägypten mit Schnorchel oder Tauchausflügen, die von Europa aus schnell und günstig machbar sind. Es ist nicht zu weit entfernt, relativ günstig und touristisch gut erschlossen, was eine Reise im All-inclusive-Paket besonders verführerisch macht. Doch leider gibt es zu jeder schönen Seite auch eine Kehrseite, so auch hier. Denn Ägypten gilt keineswegs als weltoffenes Land und man sollte sich als westlicher Tourist bewusst sein, dass einen die gewohnt offene Einstellung hier in Schwierigkeiten bringen kann. Besonders in Sachen Cannabis gilt dieses Prinzip, denn in dem arabischen Land gilt Cannabis bereits seit den Anfängen des 20. Jahrhunderts als schlimme Droge, die komplett verboten ist. Diese Abneigung gegenüber Cannabis und seinen Derivaten wie Haschisch, welches in der arabischen Welt bereits seit Jahrhunderten konsumiert wird, legte zu Beginn des letzten Jahrhunderts auch den Grundstein für die weltweite Cannabisprohibition. Wie genau zeigen wir in diesem Artikel.
Kein Alkohol – dafür Haschisch
Die Geschichte von Cannabis in Ägypten ist eine lange, wie auch im Rest der bewohnten Welt. Bereits vor Jahrhunderten rauchten und konsumierten die Bewohner das aus der Cannabispflanze gewonnene Haschisch, um sich zu berauschen (eine Praxis, die man auch aus vielen anderen arabischstämmigen Ländern kennt). Cannabis wurde zudem, wie auch im Rest der Welt, als Rohstoff eingesetzt. Da die meisten Bewohner Ägyptens Muslime sind und waren, galt Alkohol in Ägypten lange Zeit als verboten und war praktisch in der Kultur unauffindbar, was sicher auch zu der Popularität von Haschisch beitrug. Als Napoleon Bonapartes Truppen 1798 in Ägypten einmarschierten, war Alkohol in dem Land unbekannt und verpönt, weswegen die Truppen nach und nach zu Haschisch griffen, um sich nach den Schlachten zu berauschen. Natürlich ließen die straffen Strukturen des Heeres kein solches Benehmen zu, weswegen im Jahr 1800 der Konsum von Cannabis und Haschisch in Ägypten verboten wurde, auch wenn sich die wenigsten an dieses Verbot hielten.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde jedoch der „exzessive Konsum“ zu einem Problem für den ägyptischen König, weswegen die Regierung 1879 ein Importverbot für Cannabis aussprach. Dieses sollte die Grundlage für die moderne Prohibition sein, doch dazu später mehr.
Ägypten und die Opiumkonferenz
Manch ein Leser wird sich nun fragen, wie all das etwas mit der internationalen Drogenprohibition zu tun hat, da doch nur innerhalb Ägyptens ein Verbot bestand. Nun, die Sache wird sofort verständlich, wenn man sich die Geschichte der Opiumkonferenzen ansieht. Diese fanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts wiederholt statt und drehten sich um den internationalen Drogenmarkt. Ziel der Konferenzen war es, eine gemeinsame Strategie zum Umgang mit Rauschmitteln zu beschließen, die dann zum internationalen Standard werden sollte.
Die erste dieser Opium-Konferenzen fand am 1. Dezember 1911 statt und lieferte als Ergebnis ein Internationales Opium-Abkommen, das für alle Teilnehmer bindend war. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde dieses Abkommen im Rahmen des Friedensvertrags von Versailles weltweit gültig.
Die zweite Opiumkonferenz folgte 1925 und das überarbeitete Abkommen wurde mit 25. September 1928 in Kraft gesetzt. Das neue Abkommen sah vor, dass auch Drogen wie Heroin, Kokain und, auf Drängen von Ägypten, auch Cannabis gänzlich verboten wurden. Hier haben wir also die Rolle Ägyptens für die internationale Cannabisprohibition. Denn es war der ägyptische König, der über die lähmende Wirkung von Cannabis klagte und wünschte, dass seine Untertanen arbeitsamer und strebsamer seien. Aus diesem Grund wollte er den Handel mit Cannabis auch außerhalb seines Königreiches reguliert/gestoppt sehen.
Deutschland entscheidet – für die Wirtschaft
Auf der 2. Opiumkonferenz kam es letztlich auf die deutsche Stimme an, denn es war schwer, die anderen Teilnehmer von einem Cannabisverbot zu überzeugen. Deutschland stimmte für das Verbot und besiegelte so das Abkommen. Warum? Nun, das lässt sich relativ leicht erklären. Ägypten zog 1925 nach dem deutschen „Ja“ zu einem Cannabisverbot seinerseits die Drohung zurück, Importverbote für die (dem ein oder anderen bekannten) Pharmaprodukte „Heroin“ (hergestellt von der deutschen Firma Bayer) und „Kokain“ (hergestellt von der deutschen Firma Merck) zu erlassen. Heroin siegte somit über Cannabis, und Ägypten demonstrierte zum ersten Mal in diesem Krieg gegen die Drogen, dass es nicht um Schutz, sondern rein um wirtschaftliche Interessen ging und geht.
Die etwas unverbindlichen Regelungen durch den Zweiten Weltkrieg ließen bei der Umsetzung des Abkommens allerdings zu wünschen übrig. Erst viele Jahre später kam unter amerikanischer Führung das endgültige Verbot, das auch heute noch gilt. Die Rolle Ägyptens in der Entwicklung der Prohibition sollte jedoch bekannt sein und ist nicht zu vernachlässigen, denn schließlich kam Ägyptens Drängen auf ein Verbot zu einer Zeit, als Cannabis in Europa und weiten Teilen der Welt noch fixer Bestandteil des täglichen Lebens war. In Medizin waren Extrakte der Pflanze Cannabis Indica und Cannabis Sativa L enthalten, Segel und Seile wurden aus Hanfflachs hergestellt und man rauchte „Knaster“ als Tabakersatz und zur Entspannung. Cannabis war damals einfach normal und gesellschaftlich akzeptiert. Dank Ägypten gab es fortan zwar weiterhin Heroin und Kokain zu kaufen, doch Hanf wurde nach und nach aus den Geschichtsbüchern, aus der Gesellschaft und vom Angesicht dieser Welt verbannt.