Über viele Jahre hatten Cannabiskonsumenten stets die Angst nach dem Genuss von Marihuana am Steuer erwischt zu werden und trotz eines verantwortungsvollen Umgangs ihren Führerschein verlieren zu können. Es galt der geringste nachweisbare Messwert von einem Nanogramm pro Milliliter, der selbst nach Wochen der Abstinenz noch im Blut nachgewiesen werden konnte.
Nachdem nun endlich Konsumenten durch das in Kraft getretene Cannabisgesetz von der Strafverfolgung befreit wurden und schon zuvor verschiedene Instanzen einen höheren Grenzwert bezüglich Cannabis und Verkehrsrecht gefordert hatten, hat die Bundesregierung nun schlussendlich gehandelt. Der Grenzwert für Fahrer ist am Donnerstag, dem 06.06.2024 auf 3,5 Nanogramm erhöht worden, was Konsumenten einige Freiheiten sowie allen weiteren Verkehrsteilnehmern das nötige Maß an Sicherheit garantiert.
Vom Bundestag beschlossen
Der Bundestag hat das Gesetz der Ampel-Koalition bezüglich einer Erhöhung des bislang geltenden THC-Grenzwertes beschlossen, das Cannabiskonsumenten in der Vergangenheit stets unter Generalverdacht stellte. Selbst wenn Menschen nach Wochen des Konsums bei Verkehrskontrollen einer Urin- oder Blutprobe unterzogen wurden, konnte aufgrund des langsamen Abbaus regulär genügend THC im Körper nachgewiesen werden, was oft einen Verlust des Führerscheins nach sich zog. Da jetzt der Grenzwert auf 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blut erhöht wurde, sollte ausgeschlossen werden können, dass verantwortungsvolle Fahrer sanktioniert werden, bei denen sich eine Fahrsicherheitsminderung nicht begründen lässt.
Bereits im März hatte eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe von Verkehrsminister Volker Wissing vorgeschlagen, einen Grenzwert ähnlich der bei Alkohol geltenden 0,5-Promille-Grenze anzuwenden und das Straßenverkehrsgesetz (StVG) entsprechend anzupassen. Schon vor fast zwei Jahren wurde Ähnliches auf dem Verkehrsgerichtstag von Experten angesprochen, da die bisherigen Sanktionierung von Cannabiskonsumenten im Straßenverkehr eine nicht sachgemäße Behandlung der Betroffenen bedeutet hatte. Schließlich sollte tatsächlich nur wirklich berauschten Fahrern eine Strafe drohen, was bei dem alten THC-Grenzwert nicht erfüllt worden ist.
Vergleichbar mit 0,2 Promille Alkohol
Wie lto.de meldete, ist der neue festgelegte Grenzwert mit einem Alkoholwert von 0,2 Promille vergleichbar, bei dem keine Risikoerhöhung beim Bedienen von Kraftfahrzeugen zu vermuten ist. Der Grenzwert von 3,5 Nanogramm läge zudem klar unter der Schwelle von 7 Nanogramm, wo nicht mehr ausgeschlossen werden könne, dass eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit gegeben wäre. Wer daher künftig vorsätzlich oder fahrlässig mit 3,5 Nanogramm THC oder mehr während des Fahrens kontrolliert wird, hat weiterhin mit Strafen zu rechnen. Nach Meldungen dürften diese in der Regel ein Bußgeld in Höhe von 500 € und einen Monat Fahrverbot für die Betroffenen bedeuten. Zudem hat der Gesetzgeber darauf geachtet, dass kein Mischkonsum von Alkohol und Cannabis stattfindet.
Wenn der Wert von 3,5 Nanogramm THC im Blut erreicht wird, gilt ein vollständiges Verbot von Alkohol für alle Fahrer. Es sollte somit nach dem Genuss von Cannabis komplett auf Alkoholkonsum verzichtet werden, möchte man am nächsten Tag noch mit dem Auto unterwegs sein. Ansonsten drohen Bußgeldstrafen in Höhe von 1000 €. Fahranfänger hingegen, sollten von Cannabis für die ersten zwei Jahre vollständig die Finger lassen. Während der Probezeit und für Menschen unter 21 Jahren gilt der neu angesetzte THC-Grenzwert nämlich nicht. Hier wird direkt ein Bußgeld in Höhe von 250 € fällig.
Medizinalhanf bleibt erlaubt
Menschen, die Cannabis aus medizinischen Gründen konsumieren, dürfen auch weiterhin ihr Fahrzeug nutzen, obwohl der Grenzwert von 3,5 Nanogramm überschritten werden könnte. Sollte der THC-Wert „aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels“ herrühren, wird keine Ordnungswidrigkeit begangen. Herausfinden, wie stark ein Fahrer noch vom vergangenen Konsum beeinträchtigt ist, möchte man künftig mit Speicheltests. Diese sollen als Vorscreening darüber Aufschluss geben und einen Nachweis über den aktuellen Konsum erbringen. Sollte eine Person aber offensichtliche Ausfallerscheinungen zeigen, werde auch bei einem negativen Speicheltest eine Blutprobe erforderlich.
Laut Expertenkommission wäre 20 bis 30 Minuten nach dem Konsum mit den stärksten Effekten zu rechnen, die sicherheitsrelevant seien, könnten. Drei bis vier Stunden nach dem Einsatz von Cannabis klänge die Wirkung aber wieder ab. Wenn Konsumenten nur selten – circa einmal die Woche – konsumierten, wäre damit zu rechnen, dass die THC-Konzentration im Blut schon nach einigen Stunden abfallen würde. Nur bei häufigem Konsum bliebe der Wirkstoff nach Tagen oder sogar Wochen noch nachweisbar, da sich das THC im Körper der Nutzer anreichert.
Stimmen aus der Politik
Während Politiker aus der Ampel-Koalition erkennen, dass nun endlich versucht wurde, eine faire Regelung für alle Menschen im Straßenverkehr zu finden, die verantwortungsvoll mit ihrem Genussmittel umgehen können, wettert die CDU natürlich gegen die Entwicklung. Der CDU-Fachpolitiker Florian Müller sprach von einem „schwarzen Tag für die Verkehrssicherheit“ und hält es für absurd, dass Cannabisnutzer mit Alkoholtrinkern gleichgestellt werden müssten. Es wäre keine Gerechtigkeitsfrage für ihn. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann von der CSU hält nicht viel von der Anhebung des THC-Grenzwertes. Auf der Internetpräsenz des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren, für Sport und Integration hält er es für schlimm genug, dass die Bundesregierung mit Cannabis eine „gefährliche Droge“ freigegeben hat.
„Jetzt auch noch die zu Recht strengen Vorgaben für Kraftfahrzeugführer derart massiv aufzuweichen, ist für die Verkehrssicherheit hochgefährlich“, so Herrmann. Seiner Ansicht nach müsse man jetzt mit „einem erheblichen Anstieg der Fahrten unter Drogeneinfluss und mit höheren Unfallgefahren rechnen“.
Für ihn habe die Verkehrssicherheit absolute Priorität, weshalb eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes von dieser Tragweite nur mit Zustimmung der Länder erfolgen dürfe. Man wolle sich daher beim Bundesrat mit Nachdruck dafür einsetzen, dass der alte Grenzwert nicht aufgeweicht, sondern beibehalten werden könne. Ebenfalls kündigte er konsequente Verkehrskontrollen an.