Zöliakie ist eine entzündliche Erkrankung des Dünndarms, ausgelöst durch Glutenunverträglichkeit. Etwa 1 % der Weltbevölkerung ist von dieser Autoimmunerkrankung betroffen. Die Erkrankung kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, da die Entzündung mit Symptomen wie Schmerzen und Durchfall einhergeht und außerdem eine große Anzahl an Lebensmittel gemieden werden muss. Gluten ist in vielen Getreidearten und den daraus hergestellten Produkten wie Mehl und Brot enthalten. Oft ist eine längere diagnostische Phase nötig, bis die Diagnose Zöliakie gestellt werden kann.
Zusammenhang zwischen Zöliakie und Endocannabinoidsystem
Im menschlichen Darm befindet sich eine große Anzahl an CB1- und CB2-Rezeptoren. Es ist bekannt, dass dieses Endocannabinoidsystem bei einer Vielzahl an entzündlichen Darmerkrankungen beteiligt ist. So gilt auch als gesichert, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Endocannabinoidsystem und Zöliakie gibt. Eine der größten Studien, die diesen Zusammenhang untersuchte und bestätigte, wurde im Jahr 2007 unter der Leitung vom italienischen Arzt Giuseppe D’Argenio durchgeführt. Dabei wurde untersucht, wie sich die Blutspiegel des körpereigenen Cannabinoids Anandamid bei Patienten mit und ohne Zöliakie unterscheiden. Zusätzlich wurde der Spiegel an Palmitoylethanolamid gemessen.
Bei diesem handelt es sich zwar nicht direkt um ein Cannabinoid, weil die Bindung an den CB1- und CB2-Rezeptoren fehlt, jedoch verstärkt sein Vorhandensein die Bindungsaffinität von Anandamid. Es zeigte sich, dass bei Patienten mit Zöliakie der Spiegel von Anandamid um das doppelte erhöht war im Vergleich zur Kontrollgruppe. Weiterhin war der Spiegel von Palmitoylethanolamid um das 1.8-fache erhöht. Die Spiegel von Anandamid und Palmitoylethanolamid normalisierten sich in den Patienten wieder, als eine glutenfreie Diät eingehalten wurde. Aus dieser Beobachtung konnte ein eindeutiger Zusammenhang zwischen einer Hyperaktivität des Endocannabinoidsystems und Zöliakie abgeleitet werden.
Eine weitere Studie aus dem Jahr 2013, ebenfalls in Italien durchgeführt, bestätigte obigen Zusammenhang noch einmal in der gleichen Weise. Diese Studie stellte darüber hinaus fest, dass mit dem ansteigen oder sinken, der gemessenen Cannabinoid-Mengen im Blut, sich auch die Anzahl der CB1- und CB2-Rezeptoren im Darm entweder erhöht oder reduziert. Daraus erhärtet sich der Beweis für einen Zusammenhang zwischen dem Endocannabinoidsystem und Zöliakie weiter.
Cannabis gegen Zöliakie
Trotz der offensichtlichen Beteiligung des Endocannabinoidsystems und der vielen positiven Berichte zur Symptomlinderung durch den Gebrauch von Cannabis, die man im Internet findet, gibt es bis heute keine Studie, die die Wirksamkeit von Cannabis bei Zöliakie untersucht. Dies hängt sicherlich auch mit der Rechtslage in vielen Teilen der Welt zusammen. Es gibt lediglich eine Studie aus dem Jahr 2011, die von der Wissenschaftszeitschrift PLOS One in Auftrag gegeben wurde. Diese beschäftigte sich nicht explizit mit Zöliakie, jedoch mit verschiedensten Arten von Entzündungsreaktionen im Darm, die auch bei Zöliakie eine der Hauptsymptome darstellt. Dabei erwies sich CBD bei allen 19 Studienteilnehmern als effektives Mittel, um sowohl die Symptome als auch die Entzündung deutlich zu lindern.
Es kann auf Basis des aktuellen Wissensstands über Cannabis davon ausgegangen werden, dass sowohl THC als auch CBD Linderung bei Zöliakie bringen. THC und CBD sind nicht nur entzündungshemmend und schmerzlindernd, sondern wirken auch immunsuppressiv. Das bedeutet, sie können die Autoimmunreaktion, welche den erhöhten Spiegel an körpereigenen Cannabinoiden auslöst, eindämmen und so auch die Ursache von Zöliakie bekämpfen. Dabei darf Cannabis jedoch nicht als Alternative zu einer glutenfreien Ernährung verstanden werden. Jedoch kann es zusätzlich die Erkrankung weiter lindern.
Cannabiskonsum bei nicht diagnostizierter Zöliakie weit verbreitet
Eine Umfrage aus den USA aus dem Jahr 2020 legt zusätzlich die Vermutung nahe, dass Cannabis ein effektives Mittel bei Zöliakie sein kann. Das NHANES-Institut führte eine Umfrage durch, mit dem Ziel festzustellen, wie verbreitet Cannabiskonsum unter Patienten mit chronischen Magen-Darm-Erkrankungen ist, da bekannt ist, dass Cannabis bei einer Vielzahl dieser Erkrankungen helfen kann. 66 % der Teilnehmer, die angaben, regelmäßig Marihuana zu konsumieren und an Magen-Darm-Beschwerden zu leiden, hatten zum Zeitpunkt der Umfrage noch keine Zöliakie diagnostiziert.
Hingegen unter den Teilnehmern, die bereits die Diagnose Zöliakie erhalten hatten und dementsprechend ihre Ernährung so umgestellt hatten, dass diese glutenfrei ist, was somit die Symptome drastisch reduziert, gaben lediglich 6 % an, regelmäßig Cannabis zu rauchen. Aus diesen Daten wurde geschlussfolgert, dass Cannabis ein sehr effektives Mittel zur Eindämmung der Symptome von Zöliakie sein kann, da dieses zu einem Zeitpunkt, als noch nichts über die Diagnose und der damit verbundenen Diät bekannt war, bei einem sehr großen Prozentsatz der Teilnehmer zum Einsatz kam.