Du willst diesen Beitrag hören statt lesen?
Klicke dazu auf den unteren Button, um den Inhalt von Soundcloud zu laden.
In einer Studie wollen Forscher aus Israel untersuchen, ob eine Cannabistherapie bei Autismus helfen kann. Die Beobachtungen bis jetzt seien positiv, berichten die Wissenschaftler. Ein anderes israelisches Forscherteam hat indes an Schmerzpatienten herausgefunden, dass eine Behandlung auf Basis von Cannabis weitaus weniger Folgen als eine Therapie mit Opioiden hat.
Eine Vorreiterrolle in der Forschung von Medizinalhanf hat ganz klar Israel inne. Das Land genehmigt auf Bundesebene schon seit 1992 Cannabis in der Medizin einzusetzen. In Amerika beispielsweise war das erst 1995 der Fall, als sich Kalifornien als erster Staat für Cannabistherapien öffnete. Doch während es in den Vereinigten Staaten immer noch Vorbehalte gegen das grüne Gut gibt und viele unter anderem auch die Regierung, Marihuana immer noch vorrangig als Droge ansehen und der medizinische Aspekt von Cannabis als Medikament bei den Kritikern in den Hintergrund rückt, ist in Israel das Gegenteil der Fall.
Das Land aus Vorderasien ist einen deutlichen Schritt weiter als der Rest der Welt. In den letzten Jahren hat das Land ihre Bemühungen in die Forschung um medizinisches Marihuana stetig weiter intensiviert. So unterstützt die Regierung die Wissenschaft mit einem medizinischen Marihuana-Programm. Israel erlaubt beispielsweise immer mehr Pflanzenzüchter auf diesem Gebiet und ermöglicht mehr und mehr kranken Menschen eine Behandlung mit Medizinalhanf. Ein weiterer Beleg für die Vorreiterrolle Israels ist, dass das Landwirtschaftsministerium derzeit ein eigenes Institut aufbaut, das nur der medizinischen Marihuana-Forschung dienen soll. Im Zuge dessen soll es vom Staat sogar eine finanzielle Förderung für Unternehmen geben, die auf diesem Gebiet der Forschung einen Einstieg planen.
Wie dem auch sei, Israels Vorbildfunktion in der Forschung von Cannabis als Medizin ist seit Kurzem um ein Kapitel reicher. Wissenschaftler am Shaare Zedek Medical Center in Jerusalem erforschen seit Januar in einer klinischen Studie, inwieweit eine Behandlung mit Cannabis bei einer ganz bestimmten Krankheit helfen kann: Autismus. Die Studie ist bis Ende 2018 angesetzt und besteht aus 120 Teilnehmern im Alter von fünf bis 29 Jahren, die in einem leichten bis schweren Grad an Autismus leiden.
Was ist Autismus?
Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die in frühkindlichem Autismus, atypischem Autismus und dem Asperger Syndrom unterschieden wird. Es gilt als angeboren und nicht heilbar. Bis jetzt ist es trotz aller Bemühungen noch nicht gelungen, die Ursachen, die dieser Krankheit zugrunde liegen, herauszufinden. Früher wurde von der Annahme ausgegangen, dass Autismus nur wenige Menschen betrifft, im Laufe der Zeit fanden Forscher aber heraus, dass die Krankheit weiter verbreitet ist, als zunächst angenommen und die Patienten in einem unterschiedlichen Maße davon betroffen sind.
Generell zeigen sich die Symptome des Autismus schon vor dem dritten Lebensjahr. Dabei zeigen sich im Verlauf der Krankheit Auffälligkeiten im sozialen Umgang mit anderen Menschen und in der sprachlichen sowie der nonverbalen Kommunikation. Dazu kommen eingeschränkte, stereotype und sich wiederholende Verhaltensweisen und Interessen.
Der aktuelle Stand
In der zweijährigen Studie will das Forscherteam aus Jerusalem um Neurologe Adi Aran herausfinden, inwieweit der Wirkstoff CBD (Cannabidiol) der Pflanze dem Autismuspatient helfen kann. Gegenüber „USA Today“ erklärte Aran, dass die Patienten vor dem Start der Studie versucht haben, ihr Leiden mit anderen Medikamenten zu lindern. Etwa die Hälfte der Teilnehmer habe mit diesen Medikamenten negative Erfahrungen gemacht, berichtet der Wissenschaftler weiter.
Zu der Studie kam es, weil Eltern von an Autismus leidenden Kindern eine Behandlung mit Cannabis beantragt hatten. Dies wurde aber aus Mangel an Ergebnissen aus der Forschung abgelehnt – ganz einfach, weil bis jetzt noch keine Forschung darüber existierte. Ende 2018 soll es nun genaue Antworten darauf geben. Aran bestätigte jedoch, dass in den ersten Beobachtungsstudien bereits bei 70 der 120 Patienten Verbesserungen eingetreten seien.
Wie werden Autismuspatienten heute behandelt?
Zusammen mit den weiter oben genannten Symptomen eines an Autismus erkrankten Menschen können bei diesem im Laufe der Krankheit auch Begleitstörungen auftreten. Darunter befinden sich beispielsweise ADHS, Depressionen, Angststörungen, Epilepsie oder das Tourette Syndrom.
Neben Behandlungen wie eine Verhaltenstherapie, Elterntraining und weiteren ergänzenden Maßnahmen werden die Begleitsymptome des Autismus medikamentös behandelt, darunter befindet sich zum Beispiel eine Therapie mit Antidepressiva oder Benzodiazepinen. Hierbei ist jedoch besondere Vorsicht geboten, denn bei falscher Dosierung und Anwendung können die Symptome positiv verstärkt werden, sich also verschlimmern.
Eine Alternative mit Marihuana als Medikament, das weitaus weniger Risiken bergen könnte als die heute angewendete medikamentöse Behandlungsform von Autismus, wäre da wünschenswert, zumal der positive Nutzen von Marihuana bei vielen Begleitstörungen der Krankheit schon bewiesen wurde.
Währenddessen bei Schmerzpatienten…
Währenddessen hat ein anderes Forscherteam aus Israel bei Schmerzpatienten herausgefunden, inwieweit Depressionen und Angststörungen mit einer medikamentösen Behandlung einhergehen. Hintergrund der Untersuchungen der Wissenschaftler um Daniel Feingold waren Schmerzpatienten, die sich in der Folge ihrer medikamentösen Behandlung vermehrt darüber beklagten, dass sie an Depressionen und Angststörungen leiden würden.
Eine Therapie mit Opioiden wird bei Schmerzpatienten in den meisten Fällen angewendet, in den letzten Jahren wird aber immer häufiger auch Medizinalhanf verschrieben. Ziel dieser Studie war es, die Depressionen und Angststörungen von Patienten, die Opioide als Therapie nutzen, mit denen der Patienten, die Cannabis verwenden, zu vergleichen.
Das Ergebnis überraschte nicht. So fanden die Forscher heraus, dass Patienten, denen Opioide verabreicht werden, anfälliger für Depressionen und Ängste sind und auch der Schweregrad ihrer Leiden höher ist als der der Patienten, die Marihuana als Therapieform nutzen. „Bei der Entscheidung über die geeignetste Behandlungsmethode für chronische Schmerzen, insbesondere bei drohenden Depressionen und Ängsten, sollten diese Erkenntnisse berücksichtigt werden,“ heißt es in der im „Journal of Affective Disorders“ veröffentlichten Studie.
Bedenkt man, dass Ängste und Depressionen auch als Begleitstörungen bei Autismuspatienten auftreten und diese bei einer medikamentösen Behandlung, wie sie heute stattfindet, zu enormer Vorsicht geboten sind, ist das vielleicht ein weiteres positives Zeichen für die Studie in Jerusalem. Möge das Forscherteam um Aran positive Ergebnisse liefern – sie sind jedenfalls auf einem guten Weg.