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Guaiol ist ein eher unbekannter Wirkstoff, der in Hanf vorkommt, aber auch in weiteren Pflanzen wie Zypressen zu finden ist. Chemisch handelt es sich bei Guaiol um ein Terpenoid. Der Unterschied zwischen Terpenen und Terpenoiden besteht darin, dass Terpene reine Kohlenwasserstoffe sind und bei Terpenoiden noch weitere funktionale Gruppen, wie Sauerstoffverbindungen, am Molekül angefügt sind.
Obwohl Guaiol in den meisten Sorten nur in geringen Mengen vorkommt, hat es einen deutlichen Einfluss auf das Aroma des Endprodukts. Im gesamten Terpenprofil der meisten Hanfsorten macht Guaiol im Durchschnitt etwa 1 % aus. Eine medizinische Cannabissorte die in Deutschland erhältlich ist und größere Mengen an Guaiol enthält, ist Aphria Strong 9. Diese Sorte ist auch unter dem Namen Bienville bekannt.
Guaiol verleiht Cannabis eine unterschwellige Duftnote nach Kiefern oder Pinien. Ähnlich wie Beta-Caryophyllen verfügt es auch über eine sedierende Wirkung, welche der paranoiden Wirkung von THC etwas entgegenwirkt. Guaiol ist auch in der medizinischen Forschung in den Fokus gerückt und scheint einige sehr interessante therapeutische Potenziale aufzuweisen.
Ausgeprägte krebshemmende Wirkung
In den vergangenen Jahren kamen mehrere Studien unabhängig voneinander zu dem Ergebnis, dass Guaiol bestimmte Typen von Krebszellen abtöten kann. Dieser Effekt konnte sowohl in Zellkulturen als auch bei in-vivo Beobachtungen an Mäusen festgestellt werden. Vor allem bei bestimmten Typen von Lungenkrebs konnte Guaiol eine Apoptose, also einen kontrollierten Zelltod auslösen, ohne aber auf gesunde Körperzellen relevante Nebenwirkungen zu haben. Insbesondere beim nicht kleinzelligen Lungenkrebs, der etwa 85 % aller Lungenkrebsfälle ausmacht, zeigte sich Guaiol als sehr effektiv.
Ein Problem bei konventionellen Chemotherapeutika, die bei diesem Typ von Krebs eingesetzt werden, ist, dass vielfach innerhalb von 1–2 Jahren Resistenzen entwickelt werden. Daher ist die Forschung nach weiteren Wirkstoffen mit neuartigen Wirkungsmechanismen von elementarer Bedeutung. Guaiol zählt an dieser Stelle aktuell zu einem der aussichtsreichsten Kandidaten. Der Mechanismus, durch welchen Guaiol den Zelltod beim kleinzelligen Lungenkrebs auslöst, ist bisher nicht vollständig verstanden.
Forscher gehen davon aus, dass Guaiol in der Zellwand von Krebszellen bestimmte Proteine blockiert und sie auf diese Weise abtötet. Gleichzeitig verstärkt es die körpereigene Immunantwort, wodurch T-Zellen Krebszellen effizienter bekämpfen können. Vermutet wird auch, dass Guaiol einen synergetischen Effekt mit einigen der aktuell benutzten Chemotherapeutika aufweist, wodurch deren Effektivität erhöht und Resistenzen unterbunden werden könnten.
Verwendung als Insektizid
2013 stellte ein chinesisches Forscherteam fest, dass Guaiol eine insektizide Wirkung hat. Erstaunlich war die geringe Dosis, die ausreichte, um eine insektizide Wirkung zu erreichen, ohne dabei aber Menschen und Umwelt zu belasten. Bereits eine Konzentration von 70 mg pro Liter Wasser zeigte eine signifikante Hemmung unterschiedlicher Typen von Blattläusen. Es erwies sich auch als wirksam gegen mehrere verschiedene Motten und Schaben. Diese konnten mittels Guaiol bereits im Larvenstadium bekämpft werden.
Auch Stubenfliegen konnten in dieser Untersuchung mittels Guaiol dezimiert werden. Diese Entdeckung ist von großer Bedeutung, da durch den Einsatz von chemischen Pestiziden, primär in der Landwirtschaft, häufig ein nicht unerheblicher Schaden im ökologischen Gleichgewicht entsteht. Pflanzen produzieren Wirkstoffe wie Guaiol oftmals aus genau diesem Grund, um Schädlinge und Fressfeinde abzuwehren.
Wirksam gegen rheumatische Erkrankungen
Guaiol ist auch entzündungshemmend und wirksam gegen eine ganze Reihe von Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis. Zwar gibt es zu dieser Wirkung aktuell noch keine klinischen Studien, doch seine lange Verwendung in der traditionellen Heilkunde gegen diese Beschwerden lässt auf seine Wirksamkeit schließen. Guaiol wird in der traditionellen Naturheilkunde gegen Arthritis, Gicht und Rheuma eingesetzt.
Man geht davon aus, dass es auch gegen verwandte Erkrankungen, wie Fibromyalgie, wirksam ist. Im Internet finden sich exemplarische Berichte darüber, dass Hanfsorten, die einen höheren Gehalt an Guaiol aufweisen, sich als wirksam gegen Fibromyalgie erwiesen haben. Fibromyalgie ist eine chronische rheumatische Erkrankung, die bis heute nicht vollständig verstanden ist. Vermutet wird eine autoimmunologische Ursache.
Der Leidensdruck der Patienten ist hoch und die Behandlungsmöglichkeiten sind oftmals nur begrenzt. Leider wird man bei Fibromyalgie nach einem Ärztemarathon häufig in die Schublade der Psychosomatik und Hypochondrie gesteckt. Hanfsorten, die reich an antirheumatischen Terpenoiden wie Guaiol sind, könnten hier für Patienten eine echte Alternative darstellen.