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Verschiedene Studien belegen einen Nutzen von Cannabis bei Diabetes-Patienten. Bestimmte Cannabinoide sorgen nicht nur für eine entzündungshemmende Wirkung, vieles deutet auch darauf hin, dass Cannabis präventiv wirken könnte. Ferner kann es unter anderem die Insulinresistenz verbessern, zur Vermeidung von Fettsucht beitragen und Folgeerkrankungen behandeln.
Im Jahr 2015 machte eine Studie aus den USA auf sich aufmerksam, die besagte, dass der Konsum von Marihuana keinen Nutzen bei Diabetes habe, da die Pflanze viel mehr ein Ausbrechen der Krankheit fördern könnte. Verantwortlich dafür war ein Beobachten von einer Prädiabetes bei den Befragten Cannabis-Konsumenten. Bei einer Prädiabetes handelt es sich um einen erhöhten Wert des Blutzuckerspiegels, der aber noch unterhalb der Diabetes-Schwelle liegt. Es konnte aus den Ergebnissen aber nicht geschlussfolgert werden, dass der Konsum von Cannabis in direktem Zusammenhang mit einer Diabetes-Erkrankung steht.
Also schob man die Ergebnisse schließlich auf die Essgewohnheiten der Kiffer, die in der Regel gerne Süßes und kalorienhaltige Nahrung zu sich nehmen. So zumindest deutete das britische Gesundheitsministerium die Ergebnisse, die auf ihrer Website darauf hinwies, den Hintergrund des Essverhaltens zu berücksichtigen: „Falls es da einen Zusammenhang gibt, ist es wahrscheinlicher, dass eher das Essverhalten einen Effekt auf das Diabetes-Risiko hat, als Cannabis selbst.“ Eine schwedische Studie von 2016 belegte die Einschätzung des britischen Gesundheitsministeriums. Sie fand keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Konsum von Cannabis und einem Ausbrechen von Diabetes und verwies ebenfalls auf das Essverhalten.
Die oben genannten Studien zeigen auf, dass Kiffer dazu neigen, eine Prädiabetes zu entwickeln, die gesundheitlich jedoch nicht weiter schlimm ist. Bis heute gibt es in verschiedenen anderen Studien keine Belege dafür, dass Cannabis eine Diabeteserkrankung auslösen kann. Im Gegenteil, denn viele Forschungen an Tieren und auch Menschen ergaben, dass Cannabis-Konsumenten seltener an Diabetes erkranken.
Das zeigt unter anderem eine Studie aus Amerika, an der 11.000 Teilnehmer befragt wurden. Das Ergebnis lässt darauf schließen, dass Marihuana-Konsumenten seltener an einer Diabetes leiden. So waren sechs Prozent der Nicht-Konsumenten an Diabetes erkrankt. Dem gegenüber leiden etwa zweieinhalb Prozent der Cannabis-Nutzer an einer Diabetes. Bei den Befragten, die mal gekifft, aber aufgehört haben, kommt es in drei Prozent der Fälle zu einem Ausbruch der Krankheit.
Bevor weitere Studien unter die Lupe genommen werden, die sich mit dem Wirken von Cannabis bei Diabetes-Patienten beschäftigen, folgt zunächst ein Überblick über die Krankheit. Als Diabetes, auch (Blut-)Zuckerkrankheit genannt, wird im Allgemeinen eine Stoffwechselkrankheit beschrieben, die als Folge einer Überzuckerung im Blut hat. Innerhalb dieser Erkrankung wird zwischen Diabetes Typ 1 und Diabetes Typ 2 unterschieden.
Diabetes Typ 1
Bei Diabetes vom Typ 1 handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der das körpereigene Immunsystem aufgrund einer Entzündungsreaktion bestimmte Zellen der Bauchspeicheldrüse zerstört, die dafür zuständig sind, Insulin zu produzieren. Die Folge ist ein Insulinmangel, der bewirkt, dass der Zucker als Energielieferant innerhalb der Zellen fehlt. Insulin ist ein Hormon, das benötigt wird, damit der Zucker aus dem Blut in die Zellen transportiert werden kann. Durch das fehlende Insulin sammelt sich der Zucker jedoch im Blut. Durch die überschüssige Glukose kommt es zu einem Blutzuckeranstieg. Wasser- und Nährstoffverlust, eine Übersäuerung des Blutes und Gewichtsabnahme sind weitere Folgen von Typ-1-Diabetes.
Als Ursachen werden genetische sowie Umweltfaktoren genannt. Die Krankheit drückt sich durch eine rasche Gewichtsabnahme binnen Tagen oder wenigen Wochen aus, hinzu kommen Symptome wie eine Austrocknung des Körpers und einem ständigem Durstgefühl, häufiges Urinieren, Erbrechen, Wadenkrämpfe sowie Bauchschmerzen. Zudem fühlen sich Diabetes-Typ-1-Patienten oft müde und kraftlos. Zu Seh- und Konzentrationsstörungen oder Kopfschmerzen kann es ebenso kommen.
Behandelt wird Typ-1-Diabetes mittels einer lebenslangen Insulintherapie, die jedoch nicht zur Heilung der Krankheit beiträgt. Immerhin sorgt sie aber dafür, dass das fehlende körpereigene Insulin ersetzt wird. Eine vollständige Heilung der Krankheit ist bisher nicht möglich.
Diabetes Typ 2
Der Krankheitsverlauf von Typ-2-Diabetes ist ein anderer als bei Typ 1. Hier kann das körpereigene Insulin zwar produziert werden und ist somit vorhanden, es kann an den Zellmembranen aber nicht seine Wirkung entfalten, nachdem der Körper mit Zucker überschwemmt wurde. Die Körperzellen sprechen immer weniger auf das Insulin an, bis sie schließlich völlig unempfindlich dafür sind. Man spricht hier von einer Insulinresistenz.
Aufgefangen wird die Fehlfunktion zunächst von der Bauchspeicheldrüse, in dem sie sehr hohe Mengen an Insulin produziert. Mit der Zeit ist die Bauchspeicheldrüse mit dieser Aufgabe jedoch überfordert und kommt mit der Produktion von Insulin in ausreichender Menge nicht mehr nach, sodass der Blutzuckerspiegel nicht mehr reguliert werden kann und aufgrund der vorhandenen Insulinresistenz ansteigt.
An erster Stelle der Ursachen sehen Experten ein Übergewicht. Genetische Faktoren und weitere Lebensgewohnheiten tragen zudem zum Ausbrechen der Krankheit bei. Die Symptome sind selten vergleichbar mit den von Typ-1-Diabetikern und können sehr vielfältig sein. Müdigkeit, Schwäche, Sehstörung und ein erhöhtes Aufkommen an Infekten (z. B. Blasenentzündungen) können ein Fingerzeig auf die Krankheit sein. Die Diagnose von Diabetes vom Typ 2 erfolgt wegen der allgemeinen Symptome meistens nur zufällig.
Patienten vom Typ-2-Diabetes wird häufig zu einer Gewichtsabnahme und Bewegung geraten, da dadurch die Insulinresistenz verringert werden kann. Dreimal in der Woche 30 Minuten Bewegung sollen schon ausreichend sein, um Stoffwechselkrankheiten, wie Diabetes eine ist, vorzubeugen oder nachhaltig zu beeinflussen. Weiterhin werden Medikamente verabreicht, die den Krankheitsverlauf verlangsamen. Wenn all das nicht reicht, muss wie bei Typ-1-Diabetes Insulin gespritzt werden. Auch gilt es den Bluthochdruck, der eine der Spätfolgen der Erkrankung ist, zu behandeln. Dies geschieht ebenso medikamentös.
Cannabis und Typ-1-Diabetes
Cannabis sorgt im Körper nicht dafür, dass das fehlende Insulin ersetzt werden kann. Wie bei anderen Autoimmunerkrankungen kann es aber dazu beitragen, dass die überschießende Reaktion des Immunsystems gebremst wird. Verantwortlich hierfür sind die sogenannten Cannabinoide. Diese Inhaltsstoffe der Pflanze können im Zusammenspiel mit dem Endocannabinoidsystem dafür sorgen, dass die Entzündungsreaktion gehemmt wird und der eigene Körper somit nicht weiter die Bauspeicheldrüse angreift.
Schon im Jahr 2001 haben Wissenschaftler an Mäusen, die an Typ-1-Diabetes litten und denen das Cannabinoid THC (Tetrahydrocannabinol) verabreicht wurde, festgestellt, dass dieses helfen kann, den Blutzuckerspiegel zu senken. Ebenso fanden sie heraus, dass die Entzündungswerte an der Bauchspeicheldrüse sich verbesserten, was ein Zeichen dafür ist, dass das Immunsystem unterdrückt wird und dessen erhöhte Aktivität sich somit beruhigt. Nun wirkt THC jedoch psychoaktiv, eine der negativen Nebenwirkungen des Cannabinoids. 2008 wurde jedoch erforscht, dass auch CBD (Cannabidiol), ein weiteres, aber nicht psychoaktiv wirkendes Cannabinoid, denselben Nutzen hat.
Cannabis ist nicht in der Lage, die Krankheit zu heilen. Es kann aber durch die entzündungshemmende Wirkung den Verlauf verzögern und somit zu einer Verbesserung der Lebensqualität führen. Bei Typ-1-Diabetes steht die Forschung mit Cannabis als Medikament, ebenso wie bei anderen Krankheiten, noch ganz am Anfang. Ein möglicher Nutzen wurde aber festgestellt, wenn auch nur bei Tieren. Versuche mit Menschen sollten deshalb in Zukunft ins Auge gefasst werden. Vor allem mit dem Hintergrund, dass Cannabis bei anderen Autoimmunkrankheiten helfen kann und eingesetzt wird, sollten im Sinne der Typ-1-Diabetes-Patienten weitere Untersuchungen folgen.
Cannabis und Diabetes Typ 2
Nicht nur Süßigkeiten beinhalten Zucker, sondern beispielsweise auch Pasta, Getreide oder Säfte. Grund dafür ist, dass Zucker in Kohlenhydraten vorkommt. Dieses wird über Nahrung aufgenommen und im Körper zu Glukose zerlegt, wodurch Blutzucker entsteht. Deswegen wird neben Bewegung häufig eine Low-Carb-Diät, also ein Verzicht von Kohlenhydraten, bei Typ-2-Diabetes-Patienten empfohlen, um die Zuckeraufnahme zu senken. Abhängig vom Zustand muss natürlich weiter Insulin gespritzt werden.
Doch hier kommt der Nutzen von Cannabis ins Spiel, das bei Diabetes von Typ 2 anders wirkt als bei Diabetes Typ 1. Somit hat es nicht nur einen entzündungshemmenden Einfluss, sondern noch viele weitere Vorteile. So kann der Körper in Verbindung mit Cannabis wieder für Insulin sensibilisiert werden. Die Forschung ist bei Typ-2-Diabetes schon um einiges weiter, als das bei Typ 1 der Fall ist und bescheinigt der Pflanze hier ein besonderes Potenzial beim medizinischen Nutzen.
Allgemein sagt man der Pflanze nach, dass sie den Appetit anregen kann. Nicht selten kommt es zu einem sogenannten „Fressflash“, also einem Heißhunger, meist auf Süßes. 2012 fanden Forscher jedoch an Ratten heraus, dass das Cannabinoid CBD einen gegenteiligen Effekt hat und als Appetitzügler und somit bei einer Diät helfen kann.
In Kombination mit dem Cannabinoid THCV (Tetrahydrocannabivarin) kann CBD zudem den Fettaufbau in der Leber reduzieren. Dies zeigte ebenfalls eine Studie an Tieren. Eine Fettleber gehört zu den häufigen Folgen und Risikofaktoren bei Diabetes. Ebenfalls verringerte sich in einer weiteren Studie an fettleibigen Mäusen, dass THCV die Glukoseintoleranz verringerte. Die Forscher fanden des Weiteren heraus, dass die einst gegen Insulin resistenten Zellen der Nager, wieder auf das Hormon reagierten. THCV regte grundsätzlich den Stoffwechsel bei diesen Mäusen wieder an.
Studien an Typ-2-Diabetes-Patienten
2012 wurden britische Forscher durch die Ergebnisse bei Tierversuchen dazu motiviert, eine erste Versuchsreihe beim Menschen durchzuführen. Ein Pharmazieunternehmen testete sowohl CBD als auch THCV an 62 Typ-2-Diabetes-Patienten. Die Ergebnisse waren positiv. So verbesserten sich die Insulinreaktion und die Zellfunktion der Bauspeicheldrüse. Zudem sank der Blutzuckerspiegel, der des Nüchtern-Insulins stieg dafür an. Außerdem verringerte sich der Blutdruck und die Entzündungswerte wurden besser. Getestet wurde mit einem Medikament, das in gleichen Teilen CBD und THCV enthielt.
2013 waren es Wissenschaftler aus den USA, die anhand von den Blutwerten der Studienteilnehmer herausfanden, dass Cannabis einen positiven Nutzen bei Diabetes-Patienten hat, die regelmäßig Marihuana konsumieren. Diese hatten einen 16 Prozent niedrigeren Nüchtern-Insulin-Wert und waren weniger der Gefahr ausgesetzt, insulinresistent zu werden, als die Teilnehmer, die noch nie Marihuana konsumierten. Auch der HDL-Cholesterin-Wert verbesserte sich. HDL wird als „gutes“ Cholesterin bezeichnet, das das schädliche Cholesterin abtransportiert.
Allgemein wird Cholesterin für die Fettverdauung benötigt und wird vom Körper selbst hergestellt. Bei Patienten, die zwar schon Marihuana konsumierten, dies in den letzten 30 Tagen aber nicht taten, fielen die Ergebnisse negativer aus. Dies lässt darauf schließen, dass Konsumenten, die regelmäßig Marihuana konsumieren, einen besseren Nutzen haben als Gelegenheitskonsumenten, bei denen der positive Effekt mit der Zeit abzunehmen scheint.
Die Forscher fanden in der im „American Journal of Medicine“ veröffentlichten Studie ebenfalls heraus, dass der Taillenumfang von Marihuana-Konsumenten nicht so hoch war wie bei Nicht-Konsumenten, was sich positiv auf das Risiko, an Diabetes zu erkranken, auswirken dürfte. Ähnliches wurde auch schon in vorherigen Studien festgestellt. Außerdem wurde nach dem Aussortieren von Diabetes-Patienten festgestellt, dass Cannabis bei gesunden Menschen helfen kann, präventiv zu wirken, und das Ausbrechen der Krankheit dadurch verhindert werden kann.
Cannabis hilft auch bei Folgeerkrankungen
Der Nutzen von Cannabis bei Schmerzpatienten ist allseits bekannt. Diabetiker leiden im Zuge ihrer Krankheit oft unter Nervenstörungen, besonders in Händen und Füßen, aber auch an anderen Regionen des Körpers. Dadurch kann es zu Schmerzen, Kribbeln und Taubheit der Körperteile kommen. Italienische Forscher fanden in einer Studie von 2009 an Ratten, die unter dieser sogenannten Neuropathie litten, heraus, dass CBD die schmerzhaften Reaktionen lindern kann. Die normale Schmerzwahrnehmung auf die eigentlich nicht schmerzhaften Reize wurde in Folge der Behandlung wieder hergestellt. 2016 gaben Forscher in Kalifornien 16 Patienten mit einer Neuropathie Cannabis in verschiedenen Dosen oder ein Placebo. Dabei kam heraus, dass die Teilnehmer der Cannabis-Gruppe weniger Schmerzen hatte. Je mehr Marihuana verabreicht wurde, desto weniger Schmerzen wurden wahrgenommen.
Des Weiteren kann Cannabis die sogenannte diabetische Retinopathie behandeln, an der 80 Prozent der Diabetiker leiden, die die Krankheit zehn Jahre oder mehr mit sich tragen. Bei einer diabetischen Retinopathie werden die Zellen der Netzhaut zerstört, was zu einer Erblindung führen kann. Angenommen wird, dass unter anderem eine entzündungsfördernde Immunreaktion und ein Mangel an Sauerstoff verantwortlich dafür sein könnte. Dadurch zerstörte Blutgefäße im Auge nicht wiederhergestellt werden. 2006 wurde in einer italienischen Studie an Ratten getestet, denen CBD verabreicht wurde. Daraufhin hat das Forscherteam die Zahl der abgetöteten Netzhautzellen der an Diabetes leidenden Nager bestimmt und kam zu einem positiven Ergebnis.
Auch bei Depressionen, die bei vielen chronischen Krankheiten auftreten, kann Cannabis helfen. Hierzu gibt es unter anderem eine Studie von 2016, die darauf hindeutet, dass sich Stimmungsschwankungen in Folge einer Depression stabilisieren. Das Extrakt CBD hat hierbei eine stimmungsaufhellende Wirkung, die sofort nach der Einnahme eingetreten ist. Dies wurde an Nagetieren nachgewiesen. Gängige Antidepressiva benötigen für ihre Wirkung im Gegensatz dazu in der Regel vier bis sechs Wochen.