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Viele Millionen Menschen in Deutschland und anderen Industrieländern kennen Tinnitus als ein vorübergehendes Phänomen. Kurzzeitige Geräusche im Ohr, für die es keine äußere Ursache gibt, sind zwar nervig, aber nicht wirklich schlimm. Gefährlich wird es, wenn das Pfeifen, Piepsen, Zischen, Brummen, Rauschen, Summen, Knacken oder Klopfen im Ohr nicht mehr aufhört, wie bei ungefähr 1,5 Millionen Menschen allein in Deutschland. Chronischer Tinnitus belastet die Betroffenen stark und führt unter Umständen zu psychischen Erkrankungen, wie Depressionen.
Die schlechte Nachricht: Tinnitus kann nicht geheilt werden. Die gute: Verschiedene Behandlungsansätze ermöglichen es, die begleitenden Beschwerden zu mildern und so die Lebensqualität von Tinnitus-Patienten deutlich zu steigern. Eines der Mittel der Wahl ist Cannabis.
Was ist Tinnitus?
Tinnitus aurium, so die offizielle Bezeichnung, kommt aus dem Lateinischen und heißt so viel wie „Klingeln der Ohren“. Umgangssprachlich auch Ohrensausen genannt, steht der Ausdruck „Tinnitus“ für das Wahrnehmen von Geräuschen, für die es keine äußere Ursache gibt. Die Lautstärke oder Intensität solcher Phantomgeräusche kann im Laufe der Zeit gleich bleiben oder auch zu- und wieder abnehmen. Oft verschwinden diese störenden Geräusche auch einfach von selbst wieder.
Die Medizin unterscheidet vier Schweregrade, von „kaum belastend, ohne Leidensdruck“ (Grad I) bis zu schwersten Beeinträchtigungen der Lebensqualität in Grad IV. Insbesondere in seiner chronischen Form, das heißt ab einer Dauer von drei Monaten, ist der Tinnitus oft verbunden mit weiteren Beschwerden wie Schlaflosigkeit, Depressionen oder anhaltender Konzentrationsschwäche. Ein weiterer Faktor, der einen Tinnitus verstärken kann, ist Stress. Da die beschriebenen Begleiterscheinungen ihrerseits psychischen Stress auslösen können, geraten Betroffene schnell in einen Teufelskreis: Tinnitus sorgt für Stress – Stress verstärkt den Tinnitus.
Hier kann Cannabis helfen, die Lebensqualität zu heben, zeigt sich doch gerade bei stressbedingten Erkrankungen immer wieder die Fähigkeit dieser altbewährten Heilpflanze, durch Stabilisierung der Homöostase eine positive Veränderung herbeizuführen.
Die Ursachen – wie entsteht Tinnitus?
Tinnitus entsteht nicht im Ohr, sondern im Zentralen Nervensystem, wenn auch die eigentliche Ursache oft in Verletzungen oder krankhaften Veränderungen im Innenohr liegt. Diese Ursachen können vielfältiger Natur sein. Die Palette reicht dabei von Lärm- und Knall-Traumata über Hörsturz und Tauchunfälle bis zu verschiedensten Erkrankungen und daraus folgenden Funktionsstörungen im Ohr. Oft lässt sich die Ursache auch gar nicht ermitteln.
Die Beschwerden im Ohr führen zu einer fehlgesteuerten Nervenaktivität in den Teilen des Gehirns, die akustische Impulse verarbeiten, also für das Hören zuständig sind. In der Fachsprache bezeichnet man diese Gehirnareale als „Hörbahn“. Als Folge der neuronalen Fehlsteuerung werden mehr Botenstoffe ausgeschüttet als eigentlich notwendig und die Nervenzellen entlang der Hörbahn entwickeln dadurch eine höhere Aktivität als eigentlich angebracht. Dadurch kommt es zur Wahrnehmung von Geräuschen, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt, die nicht auf Schallwellen beruhen, die auf das Ohr treffen.
Damit ergibt sich ein zweiter Ansatzpunkt, warum Cannabis gegen Tinnitus helfen kann. Insbesondere THC hat bekanntlich die Fähigkeit, über das Endocannabinoid-System Überaktivitäten im Nervensystem zu hemmen, indem es die entsprechenden Rezeptoren, insbesondere die des Typs CB1, blockiert.
Behandlungsmöglichkeiten
Leider gibt es bisher keine Therapie, die Tinnitus dauerhaft heilen kann. Allerdings gibt es verschiedene Ansätze, wie die mit Tinnitus verbundenen Beschwerden abgemildert werden können:
- Medikamente
- Psychotherapie
- Neurostimulation
- Cannabis
Behandlungsversuche mit verschiedenen Medikamenten, etwa mit Kortison und anderen Entzündungshemmern, haben die in sie gesetzten Hoffnungen nie erfüllt. Auch großangelegte Studien konnten bisher keinen Nachweis für die Wirkung eines der getesteten pharmazeutischen Mittels liefern.
Psychotherapeuten berichten von positiven Effekten verschiedener therapeutischer Ansätze. Vor allem die kognitive Verhaltenstherapie wirkt sich wohl günstig auf die Lebensqualität von Tinnitus-Patienten aus. Wenn auch der Tinnitus selbst dadurch nicht abnimmt, lernen Betroffene so doch, besser und gelassener mit ihrer Situation umzugehen. Dadurch sinkt das Stresslevel.
Unter Neurostimulation versteht man die Aktivierung oder Hemmung von Gehirnteilen mittels Strom oder eines starken Magnetfeldes. Bezogen auf Tinnitus, und auf die Hörbahn als den Teil des zentralen Nervensystems, der akustische Impulse verarbeitet, lässt sich auch hier feststellen, dass man mit diesem Verfahren zwar die Wahrnehmung des Störgeräusches dämpfen kann, den Tinnitus aber nicht beseitigen.
Da bisher keine wirksame Behandlungsmöglichkeit gefunden wurde, wird die Forschung nicht müde, immer wieder neue Therapieansätze zu testen, wie Hypnose, Kiefer-Korrektion, Klang- oder Lasertherapie. Nichts davon allerdings wurde in seiner Wirksamkeit bisher wissenschaftlich bestätigt.
Bei Cannabis fehlt zwar die wissenschaftliche Bestätigung für die Wirksamkeit bisher genauso wie bei anderen Behandlungsmöglichkeiten, doch liegt das wohl eher daran, dass es ganz allgemein viel zu wenige verlässliche Studien zur Wirksamkeit von Cannabis gibt, die medizinisch-wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht werden. Zahllose Erfahrungsberichte zeugen allerdings davon, dass Cannabis sativa gerade psychische Beschwerden wie Stress, Depressionen, Schlaflosigkeit oder Konzentrationsstörungen stark abmildern kann, ohne größere störende Nebenwirkungen zu entwickeln. Ferner kann Cannabis auch den Tinnitus selbst abschwächen.
Wie wirkt Cannabis bei Tinnitus?
Betrachtet man genauer, wie Cannabinoide im Körper wirken, wird schnell klar, warum Cannabis dabei helfen kann, die mit Tinnitus verbundenen Beschwerden zu lindern. Dabei gibt es zwei Ansatzpunkte für eine heilsame Wirkung.
Die wohl wichtigste Aufgabe des Endocannabinoid-Systems ist es, fehlgesteuerte Überaktivitäten verschiedenster Botenstoffe im Nervensystem zu hemmen, also auch im auditorischen Teil des Gehirns, den Bereichen, die das Hören steuern. Dadurch sinkt die überbordende Ausschüttung von Neurotransmittern, die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen wird schwächer und die krank machenden Geräusche im Ohr damit leiser.
Weiterhin wirkt Cannabis stressmindernd. Wie oben bereits erwähnt, verstärkt Stress den Tinnitus. Bei Stress schüttet das Nervensystem verstärkt Neurotransmitter wie Glutamat aus. Erwiesenermaßen hemmen THC und andere Cannabinoide die Überaktivität von Glutamat. Als Folge lassen die Stressempfindungen nach, wodurch sich auch die stressbedingte Verstärkung des Tinnitus abschwächt.
Wie auf so vielen medizinischen Gebieten fehlen leider auch hier noch zuverlässige Studien zur Wirksamkeit von Cannabis und seinen Inhaltsstoffen, die wissenschaftlichen Kriterien genügen würden.
Quellen
2E. Biesinger, H. Iro (Hrsg.): Tinnitus. Springer-Verlag, Heidelberg 2005, S. 21, 63