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Morbus Bechterew ist eine chronisch-entzündliche rheumatische Wirbelsäulenerkrankung, die mit starken, oft im Laufe der Zeit zunehmenden Rückenschmerzen verbunden ist und zu den am häufigsten vorkommenden Krankheiten des rheumatischen Formenkreises überhaupt gehört. Ursächlich für das Entstehen von Morbus Bechterew ist eine Fehlfunktion des Immunsystems.
Laut Statistik erkrankt in Deutschland ungefähr ein halbes Prozent der Erwachsenen an Morbus Bechterew, wovon die meisten allerdings nur milde Symptome ausbilden, sodass die Krankheit oft nicht richtig diagnostiziert wird. Die Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e. V. spricht von 100.000 bis 150.000 diagnostizierten Fällen in Deutschland. 70 % davon sind Männer. Im Gegensatz zu vielen anderen chronischen Rückenleiden ist Morbus Bechterew keine Zivilisationskrankheit. So weiß man zum Beispiel, dass schon Pharao Ramses II. von Ägypten vor über 2.000 Jahren unter dieser Krankheit litt.
Nachdem bekannt ist, dass Cannabis bei chronischen Entzündungen allgemein und bei rheumatischen Erkrankungen insbesondere heilsam wirken kann, stellt sich die Frage, inwieweit THC, CBD & Co. auch Morbus-Bechterew-Patienten helfen können.
Wie entsteht Morbus Bechterew?
Morbus Bechterew ist gekennzeichnet durch eine zunehmende Versteifung der Wirbelgelenke, genauer gesagt der Gelenke zwischen Wirbeln und Rippen sowie zwischen Kreuz- und Darmbein, die im Laufe der Zeit zu einer Verknöcherung der Gelenke und damit zu einer schmerzhaften Einschränkung der Beweglichkeit der Wirbelsäule führt. In der medizinischen Fachsprache wird diese Erkrankung auch Spondylarthritis oder Spondylitis ankylosans genannt, das ist lateinisch und steht für „versteifende Wirbelentzündung“. Betroffen von dieser Versteifung sind in der Regel der gesamte Rücken und der Becken-Bereich.
Die Auslöser für das Entstehen von Morbus Bechterew sind bis heute nicht eindeutig geklärt. Wie bei allen Krankheiten, die auf Fehlfunktionen des Immunsystems beruhen, kommen neben genetischen Faktoren auch psychischer wie körperlicher Stress und Infektionen des Darm- oder Harntrakts in Betracht, eventuell auch eine Kombination dieser einzelnen Faktoren.
Insbesondere der Erbfaktor HLA-B27 spielt wohl eine wichtige Rolle bei der Entstehung. 90 % aller Morbus-Bechterew-Patienten verfügen über dieses Gen, gegenüber nur 8 % in der mitteleuropäischen Gesamtbevölkerung. Der Krankheitsverlauf ist gekennzeichnet durch langsam entstehende, sich schubweise verstärkende Schmerzen, zunächst im Bereich der Lendenwirbelsäule, später auch an der restlichen Wirbelsäule. Dieses Schmerzen machen sich oft in den frühen Morgenstunden bemerkbar und rauben Betroffenen dadurch den Schlaf, was zu zusätzlichen gesundheitlichen Problemen führen kann.
Die Rückenschmerzen münden in eine fortschreitende Versteifung und Verformung der Wirbelsäule. In besonders schweren Fällen kann es neben einer zunehmend versteiften Wirbelsäule auch zur Herausbildung eines Rundrückens kommen, was sich in einer stark nach vorn gebückten Körperhaltung ausdrückt.
Begleitet wird Morbus Bechterew oft von Entzündungen der Regenbogenhaut im Auge, Arthritis in Schulter-, Hüft- und Knie-Gelenken sowie von schmerzhaften Sehnen-Entzündungen. Auch Herzrhythmusstörungen können auftreten.
Die ersten Symptome machen sich meist im Alter zwischen 15 und 35 bemerkbar, wobei eine korrekte Diagnose im Anfangsstadium als sehr schwierig gilt. Daher dauert es oft Jahre, bis die zunehmenden Beschwerden als Morbus Bechterew erkannt werden. Erschwert wird die Diagnose noch dadurch, dass die Krankheit bei jedem Betroffenen anders verläuft.
Morbus Bechterew gilt als nicht heilbar, ihre Auswirkungen können aber durch Medikamente und Physiotherapie gemildert werden. Wie bei vielen Autoimmun-Erkrankungen hat Cannabis auch hier das Potenzial, hilfreich zu wirken, indem es das Endocannabinoid-System dabei unterstützt, die gestörte Homöostase im Körper wiederherzustellen und die Erkrankung auf einem Level zu halten, mit dem sich leben lässt.
Autoimmun-Erkrankungen und chronische Entzündungen
Autoimmun bedingte chronisch-entzündliche Erkrankungen wie Morbus Bechterew sind die bei Weitem am häufigsten auftretende Form von Rheuma. Um zu verstehen, wie sich Autoimmun-Erkrankungen herausbilden, ist es hilfreich, einen Blick darauf zu werfen, wie das Immunsystem arbeitet.
Dringen körperfremde Stoffe wie Bakterien, Viren oder Parasiten in den Körper ein, bildet das Immunsystem bestimmte Enzyme, um diese schädlichen Substanzen zu zerstören und anschließend aus dem Körper auszuleiten. Diese Enzyme sorgen unter anderem für eine Erweiterung der Blutgefäße, um mithilfe einer stärkeren Durchblutung die unerwünschten Fremdstoffe aus dem Körper heraus zu spülen. Als Folge dieser stärkeren Durchblutung bilden sich an den betroffenen Körperstellen sogenannte Entzündungszeichen heraus, wie Rötung, Schwellung oder Erhitzung. Zudem schmerzen die betroffenen Körperstellen und sind oft auch in ihrer Funktion stark eingeschränkt.
Leider ist das Immunsystem, insbesondere wenn es geschwächt ist, oftmals überfordert damit, zuverlässig körperfremde von körpereigenen Zellen zu unterscheiden. Verwechselt das Immunsystem nützliche mit schädlichen Substanzen, versucht es entsprechend, diese Stoffe aus dem Körper auszuleiten, und zwar mithilfe von Entzündungen. Da körpereigene Strukturen aber natürlich nicht aus dem Körper ausgeleitet werden können, bilden sich solche Entzündungen auch nicht wieder zurück und nehmen so einen chronischen Charakter an. Chronische Entzündungen sind oft mit starken Schmerzen und einer eingeschränkten Beweglichkeit der betroffenen Gelenke verbunden.
Behandlungsmöglichkeiten
Wie bereits erwähnt, gilt Morbus Bechterew als nicht heilbar. Ziel jeder Art von Therapie kann daher immer nur sein, die mit der Erkrankung verbundenen Schmerzen zu vermindern und die Beweglichkeit der Wirbelsäule so weit wie möglich zu erhalten. Dabei gibt es verschiedene Ansätze:
- Physiotherapie
- Medikamente
- Wärme- oder Kältetherapie
- Cannabis
Erstes Mittel der Wahl ist in der Regel eine Bewegungstherapie. Spezielle, auf Morbus Bechterew zugeschnittene gymnastische Übungen sollen dabei helfen, die Wirbelsäule beweglich zu erhalten und die Schmerzen so weit wie möglich zu reduzieren. Das funktioniert natürlich umso besser, je früher die Krankheit diagnostiziert wird.
Natürlich hat man auch versucht, Morbus Bechterew mit Medikamenten zu begegnen, insbesondere mit Schmerzmitteln und Entzündungshemmern, mit und ohne Kortison. Weil dabei aber schwere Nebenwirkungen auftreten können und unter Umständen das gesamte Immunsystem in seiner Wirksamkeit stark eingeschränkt wird, erfreut sich diese Art der Behandlung außerhalb der Pharmaindustrie und ihr ergebener Ärzte keiner allzu großen Beliebtheit.
Auch mit Wärme- und Kältebehandlungen lassen sich die mit Morbus Bechterew verbundenen Beschwerden lindern. So werden heiße Bäder, Wärmflaschen und Heizdecken zur Schmerzlinderung eingesetzt. Bei akuten Entzündungsschüben hilft eher Kälte gegen die Schmerzen, weil sie die Leitfähigkeit des Nervensystems senkt und damit die Weiterleitung von Schmerzimpulsen im Körper mindert.
Als letzte Möglichkeit, wenn gar nichts anderes mehr hilft, gilt das chirurgische Entfernen befallener Gelenkteile, um das entsprechende Gelenk insgesamt erhalten zu können. Bei fortgeschrittenem Verschleiß des befallenen Gelenks ist auch ein Gelenkersatz möglich, primär bei Hüft- und Kniegelenken, aber auch im Bereich der Brustwirbelsäule.
Cannabinoide sind erwiesenermaßen in der Lage, sowohl Entzündungen zu hemmen als auch Schmerzen zu mildern. So bietet sich hier ein perfekter Ansatzpunkt für den Einsatz von Cannabis, um die mit Morbus Bechterew wie mit anderen Autoimmun-Erkrankungen verbundenen Beschwerden so weit abzumildern, dass die Betroffenen ein zumindest teilweise normales Leben führen können.
Wie hilft Cannabis bei Morbus Bechterew?
Mit dem endogenen Cannabinoid-System verfügt der menschliche Körper über einen natürlichen Regulierungsmechanismus, der verschiedenste Prozesse im Körper koordiniert, unter anderem auch den Umgang mit Entzündungen.
Bei Autoimmunerkrankungen und dadurch entstehenden chronischen Entzündungen sind das körpereigene Cannabinoid-System überfordert damit, die im Körper ablaufenden Entzündungsprozesse auf ein angemessenes Maß zu begrenzen. Hier können pflanzliche Cannabinoide helfen. Dabei übernehmen die einzelnen Cannabinoide verschiedene Aufgaben. CBD beweist seine Fähigkeiten unter anderem im Hemmen der chronischen Entzündungen, indem es das überforderte Endocannabinoid-System dabei unterstützt, die Entzündungen zu begrenzen. THC dagegen wirkt in erster Linie gegen die mit den chronischen Entzündungen verbundenen Schmerzen, indem es die Ausschüttung des für die Weiterleitung des Schmerzimpulses im Nervensystem zuständigen Botenstoffs Glutamat hemmt.
Damit nicht genug, verfügt Cannabis über eine weitere heilsame Fähigkeit, die auch bei an Morbus Bechterew Erkrankten und insgesamt bei Rheuma-Patienten die Lebensqualität entscheidend steigern kann. Durch die mit einer zunehmenden Wirbelsäulenversteifung verbundenen Schmerzen leiden Morbus-Bechterew-Patienten oft unter schweren Schlafstörungen, die das Immunsystem und damit die Gesundheit insgesamt zusätzlich schwächen können und unter Umständen auch in psychische Erkrankungen wie Depressionen münden. Indem Cannabis den Schlaf fördert, trägt es zur dringend benötigten körperlichen und geistigen Erholung bei und verhindert so zusätzlich krank machenden psychischen Stress.
Ein weiterer Vorteil von Cannabis als Mittel gegen autoimmun-bedingte entzündlich-rheumatische Erkrankungen wie Morbus Bechterew gerade im Vergleich zu pharmazeutischen Schmerzmitteln ist das weitestgehende Fehlen unangenehmer Nebenwirkungen. Betrachtet man die Vorteile, die eine Therapie mit Cannabis gegenüber dem Einsatz von Pharmazeutika bietet, ist es wahrlich kein Wunder, dass schon so mancher Morbus-Bechterew-Patient es zum Mittel seiner Wahl gemacht hat, ob mit oder ohne staatliche Erlaubnis.
Cannabis-Therapie und Krankenkassen
Der Einsatz bei chronischen Entzündungen und damit verbundenen Schmerzen gehört zu den am gründlichsten erforschten Gebieten, was den Einsatz von Cannabis in der Medizin betrifft. Trotzdem wird eine Therapie mit medizinischem Cannabis von den Krankenkassen in der Regel nicht anerkannt, es sei denn, alle anderen Behandlungsmöglichkeiten sind nachweislich bereits ausgeschöpft.
An dieser Stelle sei die Frage erlaubt, warum Betroffene sich erst jahrelang mit Therapien quälen müssen, von denen man weiß, dass sie weniger zuverlässig funktionieren, bevor die Krankenkassen gnädigerweise geneigt sind, zum Wohle des Patienten eine Behandlung auf Cannabis-Basis zu ermöglichen.