Phantomschmerzen sind eine sehr schwierig zu behandelnde Art von Schmerz, der typischerweise nach dem Verlust einer Gliedmaße entsteht. Das Gehirn feuert Schmerzsignale, die einen Körperteil betreffen, der gar nicht mehr da ist. Die Schmerzen werden meistens als stechend oder brennend empfunden. Der Leidensdruck der Betroffenen ist groß, da herkömmliche Schmerzmittel oftmals keine ausreichende Linderung bringen, oder zu starke Nebenwirkungen haben.
Abseits von einer rein symptomatischen Behandlung, kann die Ursache bis heute nicht effektiv bekämpft werden, da der genaue neuronale Prozess, welcher diesem Missempfinden zugrunde liegt, nicht ausreichend verstanden wird. In den vergangenen Jahren ist Cannabis vermehrt in der Schmerztherapie in den Fokus gerückt, da es eine sehr wirkungsvolle und gleichzeitig nebenwirkungsarme Alternative darstellen kann. Da Cannabis vorwiegend neuropathische Schmerzen sehr effektiv lindert, liegt die Vermutung nahe, dass dies aufgrund der starken Ähnlichkeit auch auf Phantomschmerzen zutreffen könnte.
Effektivität von Cannabis lange bekannt
Aufgrund der sehr begrenzten Behandlungsmöglichkeiten von Phantomschmerzen wurde bereits im Jahr 1974 in den USA eine Umfragestudie durchgeführt, welche die Effektivität von Cannabis gegen Phantomschmerzen untersuchen sollte. Da dies zu einer Zeit war, in der Hanf noch stärker als heute stigmatisiert war, handelt es sich um keine klinische Studie, sondern lediglich um eine Studie, bei der Konsumenten über die Wirkung von Cannabis gegen Phantomschmerzen befragt wurden.
Dennoch zeigte hier Cannabis ein Ergebnis, welches aufhorchen lässt. Von neun befragten Teilnehmern, gaben immerhin 4 an, dass sich durch den Konsum von Cannabis die Phantomschmerzen signifikant lindern lassen. Weitere 2 gaben an, dass sie durch Cannabis zumindest von der subjektiven Schmerzwahrnehmung weitgehend abgelenkt sind. Erstaunlich war, dass es bei einem Patienten zu einer subjektiven Verschlechterung der Schmerzen kam. Welcher Wirkungsmechanismus und Ursache hier zugrunde liegt, konnte nicht festgestellt werden. Möglicherweise hängt der Effekt damit zusammen, dass eine berauschende Dosis Cannabis generell die Wahrnehmung intensivieren und verzerren kann.
Phase 2 Studie
Eine deutlich größer angelegte Studie der Universität von Manitoba, untersucht nun an 50 freiwilligen Patienten mit Phantomschmerzen die Wirksamkeit von Nabilon. Bei Nabilon handelt es sich um ein synthetisch hergestelltes THC-Derivat, welches zuerst 1975 in den USA synthetisiert wurde und als Antiemetikum patentiert ist. Obwohl die Studie bereits aus dem Jahr 2011 stammt, wurden bislang die Ergebnisse noch nicht veröffentlicht. Es gibt darüber hinaus zahlreiche veröffentlichte Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabis gegen neuropathische Schmerzen belegen.
Dass THC neuropathische Schmerzen effektiv lindert, gilt mittlerweile als gesichert und kann selbst von Prohibitionisten faktisch nicht widerlegt werden. Phantomschmerzen sind eine spezielle Ausprägungsform von neuropathischen Schmerzen, wodurch sich eine potenzielle Wirksamkeit vermuten lässt. Klinische Studien zu medizinischem Cannabis können in den USA oftmals sogar noch heute, deutlich schwerer durchgeführt werden als in Kanada, von wo auch die obige Studie stammt, da es in den USA auf Bundesebene noch immer illegal ist.
Viele positive Patientenberichte
Die Amputee coalition in Washington D.C beschäftigt sich unter anderem auch mit dem Problem der Phantomschmerzen und veröffentlicht regelmäßig Berichte über Patienten, denen Cannabis gegen diese Probleme geholfen hat. Besonders hervorzuheben ist der Fall eines Mannes, der im Alter von 29 Jahren einen Autounfall hatte, bei dem er sein linkes Bein verlor. Er litt 12 Jahre später immer noch an Phantomschmerzen und war nur mithilfe von Schmerzmitteln auf Opiatbasis arbeitsfähig. Die Schmerzen waren phasenweise so stark, dass er Fentanyl benötigte. Die Opiate verursachten im Laufe der Jahre immer schwerere Nebenwirkungen wie chronische Verstopfung und Übelkeit. Außerdem entwickelte er eine schwere Abhängigkeit und die Dosis musste permanent erhöht werden.
Kurz nachdem in Washington D.C medizinisches Marihuana legalisiert wurde, nahm der Patient am Programm teil. Mithilfe von medizinischem Cannabis konnte seine Dosierung der benötigten Opiate um 70 % reduziert werden, wodurch abseits von einer Schmerzlinderung auch die allgemeine Gesundheit und Lebensqualität drastisch verbessert wurden. Ähnlich erstaunlich ist auch der Fall eines Mannes aus Minnesota, der ebenfalls durch einen Unfall ein Bein verlor und danach unter Phantomschmerzen litt. Auch er wurde abhängig von Opiaten. Nachdem er begonnen hatte medizinisches Marihuana zu konsumieren, konnte er den Konsum von Opiaten sogar komplett einstellen.