Die Nieren sind ein überlebenswichtiges Organ, um verschiedene Giftstoffe aus dem Körper zu filtern und über den Urin auszuscheiden. Weiterhin spielen sie eine zentrale Rolle beim Wasserhaushalt und bei der Produktion mehrerer lebenswichtiger Hormone. Beispielsweise werden in den Nebennieren wichtige Hormone wie Kortison und Kortisol produziert.
Chronische Nierenerkrankungen verlaufen häufig schwer und verkürzen die Lebenserwartung erheblich. Sie gehören außerdem zu den teuersten Erkrankungen im Gesundheitssystem. Konventionelle Therapieoptionen sind häufig begrenzt und nicht selten macht die Erkrankung eine Dialyse nötig. Viele Zelltypen in den Nieren besitzen CB1- und CB2-Rezeptoren und aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass auch in den Nieren das Endocannabinoidsystem eine zentrale Rolle bei der Entstehung verschiedener Krankheiten spielt.
Demnach liegt die Vermutung nahe, dass Cannabis bzw. Cannabinoide, eine Behandlungsoption bei einigen Nierenerkrankungen sein könnten. Auch bei Blasenerkrankungen zeigen sich Substanzen aus dem Hanf als wirksam. Selbst die Entleerung der Blase wird unter anderem über Cannabinoidrezeptoren gesteuert.
Cannabinoidrezeptoren an Nierenerkrankungen beteiligt
Die aktuellen Forschungsergebnisse legen nahe, dass auch in den Nieren das Endocannabinoidsystem an der Modulation zahlreicher Prozesse und daher an einer potenziellen Entstehung von Krankheiten beteiligt ist. Sowohl aufgrund von menschlichen Gewebeproben, als auch durch Versuche an entsprechenden Zellkulturen ist bekannt, dass durch eine antagonistische Wirkung am CB1-Rezeptor und einer gleichzeitig agonistischen Wirkung am CB2-Rezeptor, das Fortschreiten einer diabetischen Nephropathie reduziert wird.
Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine fibrotische Nierenschädigung als Spätfolge von Diabetes. Die gleiche Modifikation an den Cannabinoidrezeptoren ist auch bei Adipositas assoziierten Nierenerkrankungen wirksam. In diesem Fall lässt sich eine Verbesserung der Nierenfunktion durch eine deutliche Reduktion der Albuminkonzentration im Urin feststellen. Ein Cannabinoid welches genau diese Wirkung an den Rezeptoren hat, nämlich eine antagonistische Wirkung am CB1-Rezeptor, sowie eine agonistische Wirkung am CB2-Rezeptor, ist beispielsweise CBD. Wichtig zu verstehen an dieser Stelle ist, dass bei den beschriebenen Nierenerkrankungen THC kontraindiziert sein könnte, da dies eine agonistische Wirkung am CB1-Rezeptor aufweist.
Des Weiteren ist aufgrund von Beobachtungen an Mäusen bekannt, dass eine antagonistische Wirkung auf die CB1-Rezeptoren der Nieren, auch Fibrosen und Entzündungen, die durch oxidativen Stress ausgelöst werden, deutlich hemmt. Ebenfalls durch die Beobachtung an Mäusen wurde festgestellt, dass CBD auch die nierenschädigenden Eigenschaften mancher Zytostatika, die bei Nierenkrebs zum Einsatz kommen, reduziert. Vor allem beim Zytostatikum Cisplatin, kommt es vermehrt zu einer Schädigung gesunder Nierenzellen. Auf diese Weise könnten durch CBD in der Krebstherapie zukünftig derartige Nebenwirkungen deutlich vermindert werden.
Cannflavin A als Kandidat gegen Blasenkrebs
Eine eher unbekannte Substanz aus dem Hanf ist Cannflavin A. Diese Substanz gehört, wie der Name schon vermuten lässt, zu den Flavonoiden. Eine kanadische Studie aus dem Jahr 2022 kam zu dem Ergebnis, dass dieses Flavonoid ein potenzieller Kandidat gegen Blasenkrebs sein könnte. Es wurde festgestellt, dass Cannflavin A, zumindest in einem in vitro Versuchsaufbau, das Wachstum von Krebszellen signifikant hemmen kann. Es wurde eine Zellkultur mit entsprechenden Krebszellen angelegt und untersucht, inwiefern Cannflavin A hier eine antikarzinogene Wirkung aufweisen könnte.
Dabei stellte sich heraus, dass dieses Flavonoid 50 % der Krebszellen in der Kultur abtötete. Das Wirkungsprinzip basiert auf einer Apoptose, also einer Art Selbstzerstörungsmechanismus, der in der Krebszelle ausgelöst wird, ohne aber dabei gesunde Zellen zu schädigen. Aktiviert wird diese Apoptose, indem Cannflavin A mit dem Zellprotein Caspase-3 reagiert. Cannflavin A zeigte in diesem Versuch außerdem eine synergetische Wirkung mit den Zytostatika Gemcitabin und Cisplatin. Dies könnte in Zukunft ein entscheidender neuartiger Ansatz bei der Therapie von Blasenkrebs sein, wenn konventionelle Zytostatika allein nicht ausreichen.
Cannabis bei Blasenfunktionsstörungen
Eine britische Studie aus dem Jahr 2013 untersuchte das Potenzial von Cannabisextrakten bei Inkontinenzstörungen, die im Zusammenhang mit Multipler Sklerose auftreten. 630 Patienten wurden randomisiert und erhielten entweder ein Cannabisextrakt oder ein Placebo. Bei der Gruppe mit dem Cannabisextrakt konnte eine Reduktion der Beschwerden um 25 % erreicht werden, während es in der Placebogruppe keine Veränderung gab. Ein sehr vielversprechendes Cannabinoid scheint an dieser Stelle auch CBG zu sein.
Dieses Cannabinoid erlangte in den vergangenen Jahren neben CBD eine immer größere Bekanntheit und ist mittlerweile Gegenstand einiger Studien. Pharmakologisch besonders interessant an diesem Cannabinoid ist, dass es nicht nur auf die konventionellen Cannabinoidrezeptoren wirkt, sondern mit dem Neurotransmitter Acetylcholin interagiert. CBG kann die Symptome einer Reizblase deutlich lindern. Die Wirkung basiert darauf, dass es in der Blase, die durch den Botenstoff Acetylcholin ausgelösten Kontraktionen reduziert.