Arteriosklerose ist in den Industrieländern eine der häufigsten Erkrankungen im höheren Alter und durch die medizinischen Notfälle, die damit verbunden auftreten können, eine der häufigsten Todesursachen. Als Arteriosklerose bezeichnet man die krankhafte Verhärtung von Blutgefäßen, besonders der Herzkranzgefäße in Folge von Ablagerungen aus Cholesterin und anderen Fetten, welche im Laufe der Zeit an den Gefäßwänden einen chronisch-entzündlichen Prozess in Gang setzen. Daraus resultierend können weitere lebensbedrohliche Krankheiten auftreten wie ein Herzinfarkt.
Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum, Tabak und Arteriosklerose
Lange Zeit bestand die Vermutung, dass der Konsum von Cannabis das Risiko von Arteriosklerose erhöhen kann. Bei genauerer Betrachtung wurde jedoch festgestellt, dass der eigentliche, diese Erkrankung fördernde Faktor nicht Cannabis ist, sondern Tabak. Viele Cannabiskonsumenten mischen beim inhalativen Konsum Cannabis mit Tabak. Bei Tabak ist durch mehrere Langzeitstudien bekannt, dass dieser das Risiko von Arteriosklerose erheblich erhöhen kann. Eine der größten Studien, die den Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum, einem möglicherweise erhöhten Risiko von Arteriosklerose und der auslösenden Beteiligung von Tabak greifbarer machen sollte, war die CARDIA-Studie.
CARDIA steht für Coronary Artery Risk Development in Young Adults und wurde in den Jahren 1985 und 1986 gestartet. Sie lief bei 3498 Teilnehmern über einen Beobachtungszeitraum von 25 Jahren. Alle 2 bis 5 Jahre wurden bei allen Patienten mittels Computertomografie der Gesundheitszustand der Arterien untersucht. Am Ende zeigte sich eindeutig, dass das vermeintliche erhöhte Risiko von Arteriosklerose zu einem sehr großen Teil, dem Beikonsum von Tabak verschuldet ist. Cannabis allein hat auf das Risiko nur einen marginalen Einfluss und dies auch nur bei exzessiven Mengen.
THC gegen Arteriosklerose
Die neuere Datenlage zeigt sogar, dass Cannabinoide, insbesondere THC, bei der Behandlung von Arteriosklerose hilfreich sein und auch dessen Ausbruch potenziell verhindern kann. Arteriosklerose ist auf Zellebene betrachtet ein entzündlicher Prozess und an den Gefäßwänden gibt es CB2-Rezeptoren. Genau hier kommt die entzündungshemmende Wirkung von THC ins Spiel. THC bindet nicht nur an den CB1-Rezeptoren im Gehirn, die für dessen psychoaktive Wirkung verantwortlich sind, sondern auch an CB2-Rezeptoren, an denen immunologische Prozesse reguliert werden, die eine zentrale Rolle bei Entzündungen spielen. Wenn Gefäßwände geschädigt werden, beispielsweise durch Nikotin oder Cholesterin, wird dadurch an dieser Stelle eine Immunantwort ausgelöst.
Wenn Immunzellen dort zu lange verweilen und weitere Immunzellen anziehen, dann bilden sich im Laufe der Zeit die für Arteriosklerose typischen Ablagerungen. Diese schreiten fort, bis es letztlich zu einer Verstopfung des Gefäßes kommt. THC schwächt genau diese Immunantwort ab und verhindert somit zu einem beträchtlichen Teil die Bildung der genannten Ablagerungen. Erstmalig untersucht wurde dieser Effekt im Jahr 2005 vom Schweizer Forscher François Mach. Die damals noch an Mäusen durchgeführte Studie zeigte, dass die Bildung von Ablagerungen an den Gefäßwänden um ein Drittel reduziert werden kann, wenn Mäuse täglich eine kleine Menge THC erhalten. François Mach führte zusätzlich noch die Gegenprobe durch und verabreichte einer Gruppe von Mäusen zusätzlich zum THC einen CB2-Antagonisten, welcher die dortige Wirkung von THC aufhebt.
Es zeigte sich, dass mit dem Aufheben der THC-Wirkung auch Wirkung von THC auf die Gefäßwände wieder verschwand. Auf diese Weise konnte ein eindeutiger Zusammenhang zwischen THC und der Verlangsamung von Arteriosklerose hergestellt werden. Eine wichtige Feststellung war auch noch, dass die Menge THC, die benötigt wird, um Arteriosklerose zu verlangsamen, deutlich unter jener der üblichen psychoaktiven Wirkung in Relation zum Körpergewicht liegt. Auf diese Weise könnte THC medizinisch genutzt werden, ohne aber im Alltag, durch die in diesem Fall unerwünschten psychoaktiven Wirkungen, beeinträchtigt zu sein. Ob andere Cannabinoide im Hanf, wie das ebenfalls entzündungshemmende CBD, welches auch am CB2-Rezeptor wirkt, ebenfalls diesen Effekt auf die Gefäßwände hat, ist aktuell nicht ausreichend untersucht.
Medizinische Bedeutung von THC
Der Begriff Entzündung ist auch nur ein Überbegriff von immunologischen Reaktionen im Körper, die als Abwehrreaktion von äußeren oder auch autoimmunologischen Einflüssen entstehen. Jede Entzündung ist definiert durch eine Interaktion von einem spezifischen Protein mit Immunzellen. Der Typ von Entzündung, welcher Arteriosklerose fördert, ist nur eine von vielen Arten von Entzündungen.
Als experimentell nachgewiesen gilt, dass THC genau diese Art von Entzündung sehr effektiv eindämmen kann. Zwar gibt es bislang noch keine klinischen Studien am Menschen zu dieser Wirkung, doch da auch im menschlichen Körper CB2-Rezeptoren mit der gleichen Funktion an den Gefäßwänden vorhanden sind, liegt die Vermutung nahe, dass THC in Zukunft eine große medizinische Bedeutung bei der Behandlung von Arteriosklerose bekommen könnte.