Als Ankylose bezeichnet man die krankhafte Versteifung eines Gelenks oder von mehreren Wirbelkörpern, was zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Mobilität, sowie zu chronischen Schmerzen führt. Ankylose tritt häufig als Spätfolge einer rheumatoiden Arthritis auf. Es kommt zu einer krankhaften Neubildung von Knochengewebe im Gelenkspalt, der schließlich zu einer zunehmenden Versteifung führt. Etwa 0.2 bis 0.5 Prozent der Bevölkerung erkranken im Laufe des Lebens an Ankylose, wobei Ankylose in der Wirbelsäule, auch als ankylosierende Spondylitis bezeichnet, die häufigste Erscheinungsform davon ist.
Die aktuellen Behandlungsmöglichkeiten in der Schulmedizin sind begrenzt und beziehen sich in erster Linie auf die Symptomebene. Gegen die Schmerzen werden in der Regel nicht steroidale Antirheumatika wie Naproxen oder Ibuprufen verwendet oder auch Opiate. Um den Verlauf der krankhaften Knochenneubildung zu verlangsamen, kommen krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) wie Sulfasalazin, sowie Corticosterioide zum Einsatz. In einigen Fällen ist je nach Stadium und Lage der krankhaften Verknöcherung auch eine operative Behandlung möglich. Antirheumatika und Corticosteroide haben bei Dauergebrauch oftmals erhebliche Nebenwirkungen, primär Leber und Nierenschäden.
Opiate wiederum haben ein hohes Suchtpotenzial und einen enormen Toleranzaufbau. Aus diesen Gründen suchen viele Patienten nach alternativen Behandlungsmethoden. Da die der Ankylose zugrundeliegende rheumatoide Arthritis ein entzündlicher Prozess ist und Cannabinoidrezeptoren, die in engem Zusammenhang mit Entzündungen stehen, im gesamten Körper anzutreffen sind, liegt die Vermutung nahe, dass Cannabis eine deutliche Linderung bei Ankylose bringen könnte.
Derzeit kaum klinische Studien
Zur Effektivität von Cannabis bei Ankylose gibt es derzeit nur eine Studie, deren Ergebnisse jedoch noch nicht veröffentlicht wurden. Im Jahr 2018 startete eine Studie in Dänemark, bei der 90 Patienten ausgewählt wurden, welche die Diagnose ankylosierende Spondylitis haben, also jene Subform der Ankylose, die zu Versteifung der Wirbelsäule führt. Es geht bei dieser Studie vorwiegend darum, herauszufinden, inwiefern die Intensität der Schmerzen und damit die Lebensqualität mithilfe von THC und CBD verbessert werden kann. Die Intensität der Schmerzen wird von den Patienten auf der sogenannten VAS-Skala von 0 bis 100 eingetragen.
Voraussetzung für die Teilnahme an dieser Studie ist ein Wert von mindestens 50 zu Studienbeginn, außerdem durften in den vergangenen 4 Wochen keine Opiate gegen die Schmerzen eingenommen werden. Zu Beginn erhielten die Patienten 1x täglich 10 mg CBD. Diese Dosis wurde nach 2 Wochen auf 2x 10 mg pro Tag erhöht. Zusätzlich wird nach 2 Wochen noch 2x täglich 2.5 mg THC gegeben. Wenn nach weiteren 2 Wochen keine Schmerzlinderung um mindestens 20 Punkte auf der VAS-Skala eintritt, wird die THC-Dosis auf 3x täglich 2.5 mg erhöht. Alle 36 Wochen folgt eine medizinische Untersuchung sowie eine Befragung, um wie viele Punkte auf der VAS-Skala sich die Schmerzen der Patienten reduziert haben.
Cannabis wahrscheinlich nur präventiv wirksam
Obwohl der Entstehung von Ankylose ein entzündlicher Prozess zugrunde liegt und Cannabis gegen einige Arten von Entzündungen wirksam ist, gibt es aktuell keine gesicherten Hinweise darauf, dass es gegen Ankylose an sich hilft. Ankylose ist ein massiv fortgeschrittener und bereits mechanischer Prozess, der die Beweglichkeit erheblich beeinträchtigt. Wenn Cannabis gegen Ankylose zum Einsatz kommen soll, muss dieses zu einem deutlich früheren Zeitpunkt geschehen, in einem Stadium, in welchem sich erst die rheumatoide Arthritis zu manifestieren beginnt und noch keine mechanischen Defizite in Form von krankhaftem Knochenwachstum vorhanden sind.
Am aussichtsreichsten ist in diesem Zusammenhang die aktuelle Forschungsarbeit von Dr. Torsten Lowin aus dem Forschungszentrum für Rheumatologie, welche nahelegt, dass die entzündlichen Prozesse, aus welchen rheumatoide Arthritis entsteht, durch Modulation vom CB2-Rezeptor eingedämmt werden können. Sowohl CBD als auch THC sind am CB2-Rezeptor wirksam. Wird diese zugrundeliegende Entzündung frühzeitig wirksam reduziert, kann davon ausgegangen werden, dass das Entstehen von Ankylose verhindert oder zumindest erheblich verzögert werden kann.
Cannabis zur Selbstmedikation bei Ankylose-Schmerzen weitverbreitet
Auch wenn das Studienergebnis zur Effektivität von Cannabis bei der Schmerzlinderung noch ausständig ist, lässt eine andere Feststellung vermuten, dass Cannabis ein effektives Mittel zur Linderung der Schmerzen bei Ankylose sein könnte. Es gibt eine kanadische Studie aus dem Jahr 2020, die untersuchte, wie viel Prozent der Patienten, mit unterschiedlichen entzündlichen Erkrankungen medizinisches Cannabis zur Schmerzlinderung benutzen.
Dabei zeigte sich, dass 25 % der Patienten, die an ankylosierender Spondylitis leiden, medizinisches Cannabis verschrieben bekamen. Unabhängig davon, betrieben 43 % von ihnen einen Cannabiskonsum in der Freizeit. Das ist ein etwa doppelt so häufiger Konsum, wie bei anderen rheumatoiden Erkrankungen, woraus sich eine höchstwahrscheinlich schmerzstillende Wirkung und positive Auswirkung auf die Lebensqualität ableiten lässt.