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Nicht erst seit gestern greifen Morbus Crohn-Kranke zu Joint, Bong und Verdampfer. Cannabis kann schließlich nicht nur zum Abschalten oder zu schmerztherapeutischen Zwecken geraucht oder verdampft werden, sondern führt auch bei chronischen Leiden verschiedener Art zur Besserung – so auch bei Morbus Crohn, einer in erster Linie genetisch bedingten Erkrankung.
Unter Morbus Crohn versteht man eine chronische, segmentale Entzündung des Magen-Darm-Trakts, die sich dadurch auszeichnet, dass sie in Schüben verläuft – auf „gesunde“ Phasen folgen solche mit schweren und unterschiedlichen Symptomen. Dazu zählen unter anderem Krämpfe und Durchfall, Verstopfungen und Schmerzen können aber ebenso auftreten. Dass Marihuana medizinischen Nutzen hat, ist (spätestens) seit dessen Einstufung als verschreibungsfähiger Arzneistoff hinlänglich bekannt und erwiesen. Wir haben deshalb mit Martin* gesprochen, um herauszufinden, ob sich Cannabis auch in der Praxis zur Behandlung von Morbus Crohn eignet.
Martin hat es nicht leicht. Nicht, dass er „nur“ unter Morbus Crohn zu leiden hätte. Die Medikamente, die ihm verschrieben werden, haben zahlreiche Nebenwirkungen und machen ihn fertig. Es geht um Benzodiazepine, also Opiate, die gegen Morbus Crohn verschrieben werden und einen müde, schlapp und sogar süchtig machen können. Verständlich, dass er nach Alternativen gesucht hat.
„Ich habe seit ungefähr 5 Jahren Morbus Crohn sicher diagnostiziert, davor auch schon jahrelang Probleme mit dem Darm.“
Die Schulmedizin hat ihn, eigenen Berichten zufolge, nicht viel weitergebracht. „Dazu zwei kaputte Bandscheiben. Zwei kaputte Hüften vom Kortison, eine bereits operiert, die andere muss noch. […] Seit ich mit Humira behandelt werde, ist es viel schlimmer mit den Kopfschmerzen und der Migräne geworden.“ Uns hat interessiert: „Seit wann therapierst du dich selbst mit Gras und inwiefern hilft dir der Cannabiskonsum?“
„Mir bringt das Kiffen ziemlich viel. Ich habe oft Schmerzen, vor allem im Rücken, in der Hüfte und im Unterleib, darf aber kaum „normale“ Schmerzmittel nehmen – die verträgt der Crohn nicht. Ich darf nur Paracetamol, Novalgin und Opiate einnehmen. Paracetamol fresse ich wie Smarties, Novalgin hilft eigentlich ganz gut, aber auch nicht mehr so, wie früher einmal. Von Opiaten halte ich so viel Abstand wie möglich“, berichtet Martin, „die machen mich total müde und platt.“
„Vom Kiffen habe ich null Nebenwirkungen, ich rauche vor allem abends. Wenn ich breit ins Bett gehe, kann ich am nächsten Morgen schmerzfrei mein Tagesgeschäft verrichten. Wenn nicht, dann sitze ich morgens und vormittags manchmal bis zu zwei Stunden oder länger auf der Toilette, bis sich das Thema erledigt hat. Die Schmerzen in Rücken und Unterleib lassen auch umgehend nach, wenn ich etwas kiffe oder vaporisiere. Das Einzige, was schlecht ist, ist Kiffen, wenn ich schon Kopfschmerzen oder Migräne habe, dann wird es schlimmer. Wenn ich prophylaktisch kiffe, dann kommt’s aber oft erst gar nicht zu einem Schub“, erzählt er uns weiter.
Gras kann Personen, die unter Morbus Crohn leiden, also – wie das Fallbeispiel Martin zeigt – helfen, Symptome einzudämmen oder gar temporär ganz verschwinden zu lassen. Die heilende Wirkung basiert auf den Inhaltsstoffen THC und CBD; auch reine CBD Tropfen können dabei helfen, die Entzündungen in Darm und Wirbelsäule im Zaum zu halten. „Wirklich wirksam gegen alle Symptome ist aber nur die Kombination von CBD und THC“, berichtet Martin.
Seit vier Wochen warte er auf eine Antwort der Krankenkasse bezüglich der Kostenübernahme für seine Dronabinol-Therapie – also der Behandlung seines Leidens mit medizinischem Marihuana. „Wenn die das ablehnen, muss ich weiterhin ein Doppelleben führen und illegal kiffen…“, klagt Martin – keine Leichtigkeit für einen Beamten. Wir wünschen ihm trotzdem alles Gute und hoffen, dass er sich in Zukunft schneller, leichter und vor allem legal wirkungsvolle Medikamente gegen sein Leiden besorgen kann.
*Name geändert