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Lange galt die Annahme, der Konsum von Cannabis mache dumm. Während der übermäßige Konsum von Cannabis in der Entwicklung des Gehirns mit Problemen verbunden sein kann, beschäftigen sich Forscher auch schon lange mit der neuroprotektiven Wirkung von Cannabis.
Man weiß zum Beispiel, dass Cannabinoide mit dem Signalsystem unseres Gehirns interagieren, wo sie den Glutamatspiegel mithilfe ihrer antioxidativen Eigenschaften reduzieren können. Eine hohe Glutamatkonzentration im Gehirn begünstigt die Bildung schädlicher Substanzen. Das ist nur einer von mehreren Zusammenhängen, die auf das Potenzial von CBD, THC und anderer Cannabinoide für die Behandlung neurodegenerativer Krankheiten hindeuten.
Anstatt Gedächtnis und Gehirn zu schädigen, scheint es beinahe so, als könne das medizinische Potenzial von Cannabis sogar das Gegenteil bewirken und für die Behandlung altersbedingter Gedächtnisschäden und Krankheiten wie Demenz interessant sein.
ECS
Man geht davon aus, dass das Endocannabinoid-System (ECS) des menschlichen Körpers – ein komplexes Netzwerk an chemischen Botenstoffen und Rezeptoren im Zentralnervensystem (CB1) und dem Immunsystem (CB2) – an der Entstehung von Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson beteiligt ist. Die vermehrte Anzahl an CB2-Rezeptoren, die Forscher im Gehirn von Alzheimerpatienten nach dem Tod gefunden hatten, veranlasste sie zur Annahme, dies sei eine Reaktion des ECS, um die chronische Entzündung der Krankheit zu bekämpfen.
In der Tat gehen Wissenschaftler davon aus, dass die Erforschung des Endocannabinoid-Systems Antworten auf viele der neurodegenerativen Krankheiten des 21. Jahrhunderts liefern könnte. Es scheint so, als können Phytocannabinoide wie THC oder CBD nicht nur die Entwicklung neurodegenerativer Krankheiten aufhalten, sondern auch vor der Entstehung solcher Erkrankungen schützen.
Schutz durch entzündungshemmende Wirkung
Chronische Entzündungen gelten als Auslöser vieler Krankheiten, darunter auch Alzheimer. Es ist zwar bisher nicht abschließend geklärt, ob Entzündungserscheinungen als Folge der Krankheit auftreten oder diese in der Entstehung begünstigen. Man ist sich jedoch einig, dass die Linderung der Entzündung ein wesentlicher Teil der Therapie ist.
Dr. Gary Wenk ist Professor für Neurowissenschaft an der Ohio State University und erforscht seit 25 Jahren die Behandlung von Alzheimer und anderer neuroentzündlicher Erkrankungen. Gegenüber psychology today sagte er, dass das menschliche Gehirn ab einem Alter von 30 Jahren vermehrt Anzeichen einer Entzündung zeige. Zunehmende Entzündungen im Gehirn würden die Produktion der für unser Gedächtnis wichtigen Neuronen hemmen. (1)
Laut Dr. Wenk könne die regelmäßige Einnahme einer geringen Dosis der komplexen Verbindungen der Cannabispflanze in der Mitte des Lebens den für die Entstehung Demenz verantwortlichen Prozess verlangsamen. Die Theorie ist allerdings an ein paar Bedingungen geknüpft:
- kein Konsum von Cannabis, wenn das Gehirn bislang nicht ausgewachsen ist
- der Konsum findet zwischen 30 und 60 Jahren statt und beschränkt sich auf Kleinstmengen
- am besten konsumiert man Sorten, die nicht genetisch verändert wurden
- bei bereits bestehenden Anzeichen einer Demenz, sind die Erfolgschancen wesentlich geringer
Cannabis kann die Bildung neuer Gehirnzellen fördern
Während der übermäßige Konsum von Cannabis bei Kindern und Jugendlichen negative Auswirkungen auf das Gehirn und die Entwicklung haben kann (2), geht man mittlerweile davon aus, dass das Endocannabinoid-System eng mit der Neurogenese, der Neubildung von Gehirnzellen, verbunden ist (3).
In einer im American Society for Clinical Investigation, JCI) veröffentlichten Studie (4) testeten Forscher, wie Ratten auf die regelmäßige Gabe des potenten synthetischen Cannabinoids HU210 reagieren. Nach einem Jahr der Behandlung besaßen die Tiere neu gebildete Nervenzellen im Teil des Gehirns, der als Hippocampus bezeichnet wird und als zentrale Schaltstation des limbischen Systems für Gedächtnis und Lernen zuständig ist.
Dabei konnten nicht nur Anzeichen einer Neurogenese entdeckt werden, die Ratten zeigten zudem weniger Angst und depressives Verhalten.
Beta-Amyloid ist die Bezeichnung zweier Proteine, die als Hauptauslöser von Alzheimer und anderen demenziellen Erkrankungen diskutiert werden. Es gibt Versuche (5), in denen gezeigt wurde, dass THC in einer extrem niedrigen Dosierung die Bildung von Beta-Amyloid hemmen konnte. Die Ergebnisse der Studie, die 2014 an der University of South Florida durchgeführt wurde, gibt möglicherweise einen Hinweis auf das Potenzial von Cannabinoiden für den Stopp der Weiterentwicklung neurodegenerativer Krankheiten.