Im November 2018, etwa eineinhalb Jahre nachdem in Deutschland das Cannabis als Medizin Gesetz in Kraft getreten ist, hat auch die britische Regierung Cannabis als Arzneimittel akzeptiert und eine entsprechende Gesetzesänderung realisiert. Ähnlich wie in Deutschland ist die Kostenübernahme einer Therapie mit der Arzneipflanze durch die gesetzlichen Krankenkasse dort nicht obligatorisch. Die jüngsten Zahlen verdeutlichen allerdings, dass die Situation im Vereinigten Königreich noch etwas schwieriger ist.
NHSBSA veröffentlicht Zahlen über die Nutzung von Medizinalhanf
Die Basis der Gesundheitsversorgung Großbritanniens bildet der National Health Service (NHS). Das ist so etwas wie eine grundsätzliche Krankenversicherung, die aus öffentlichen Mitteln finanziert wird und deren Leistungen jeder Bürger beanspruchen kann. Die Verwaltungsinstanz hinter dem NHS nennt sich National Health Service Business Service Authority (NHSBSA). Hier werden unter anderem auch Daten darüber gesammelt, wie die Leistungen des NHS genutzt werden und wie das Gesundheitssystem durch die Beanspruchung belastet wird. Vor kurzem hat die NHSBSA einige Zahlen veröffentlicht, die Auskunft über die medizinische Nutzung von Cannabis in Großbritannien geben, seitdem es einen legalen Zugang gibt.
Cannabisblüten werden fast nie vom NHS übernommen
Zwischen November 2018 und Juli 2022 wurden den Daten der NHSBSA zufolge in England exakt 89.239 Rezepte für sogenannte „nicht lizenzierte“ Cannabismedikamente ausgestellt. Dies betrifft primär Cannabisblüten, die vom National Institute for Health and Care (NICE) bisher noch nie für eine Lizenz als Medikament in Betracht gezogen wurden, obwohl man den Blüten und daraus hergestellten Vollextrakten den größten therapeutischen Nutzen zuspricht. Gerade einmal fünf Therapien werden vom NHS getragen, alle anderen Verordnungen werden von den Patienten selbst gezahlt. Drei der fünf Fälle betreffen Kinder mit sehr schwerwiegenden Epilepsie-Erkrankungen.
Nur drei Cannabismedikamente gelten als lizenziert und erstattungsfähig
Nur drei Medikamente auf Grundlage von Cannabiswirkstoffen haben bislang eine Lizenz im Vereinigten Königreich erhalten können, Sativex, Epidiolex und Nabilone. Sativex wird in der Regel zur Behandlung von Spastiken bei Multiple Sklerose eingesetzt, Epidiolex bei Epilepsie-Erkrankungen und Nabilone gegen Chemotherapie-Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen. Nur für diese drei Cannabismedikamente werden die Kosten vom NHS getragen. 11.976 Verordnungen für Sativex, Epidiolex und Nabilone wurden vom NHS im Zeitraum bis Juli 2022 übernommen, 140 Verordnungen gab es für Selbstzahler.
Auch die Briten greifen tief in die Tasche für Medizinalcannabis
Der Zugang zur Cannabismedikation ist den Briten also möglich, doch nur in einem sehr eingeschränkten Rahmen. Wem die drei Fertigarzneien nicht die gewünschten Behandlungsergebnisse liefern, der muss sich die Alternativen erst einmal leisten können. Knapp die Hälfte der Cannabispatienten, die ihre Medikamente selbst zahlen müssen, gibt dafür im Monat umgerechnet zwischen 170 und 400 € aus, etwa ein Drittel der Patienten sogar noch mehr. Ähnlich wie in Deutschland ist auch in England eine Cannabistherapie noch zu oft vom Geldbeutel der Patienten abhängig.