Die Toleranzentwicklung ist etwas, womit sich sicherlich schon so gut wie jeder, bewusst oder unbewusst, befassen musste. Diese Grenze gibt es nicht nur bei Cannabis, sondern bei einer großen Menge an anderen Produkten. Was genau eine Toleranzentwicklung ist, wie sie entsteht, ob und wofür sie gut ist, aber auch wie man sie wieder senken kann, wird in diesem Artikel genauer beleuchten.
Was ist die Toleranzentwicklung
Wie bereits erwähnt, hat sich sicherlich jeder schon einmal mit einer gewissen Toleranzentwicklung beschäftigt. Eines der besten Beispiele ist der Kaffee: ein absolutes „Must-have“ im durchschnittlichen Büroalltag. In der frühen Zeit als Azubi hat man am Morgen eine Tasse Kaffee getrunken und war den restlichen Tag hellwach. Doch schon einige Monate später ist es völlig zur Gewohnheit geworden, mindestens drei bis vier Tassen Kaffee über den Tag verteilt zu trinken, da der erste am Morgen gerade einmal ausreicht, um ansprechbar zu werden. Die Toleranz für Kaffee ist also deutlich höher geworden, sprich der eigene Körper kann den Wirkstoff, in diesem Fall Koffein, deutlich schneller abbauen und daher ist auch Wirkungsdauer oder -effekt um einiges verringert. Die Toleranzentwicklung legt also fest, wie viel Wirkstoff der Körper aufnehmen muss, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Und genau so ist es auch bei Energy-Drinks, Zucker, Nikotin und natürlich auch bei THC und CBD.
Um das Ganze etwas fachspezifischer auszudrücken: Die Rezeptoren, an welchen sich THC, Koffein oder andere Stoffe andocken oder beeinflussen, werden durch erhöhten Langzeit-Konsum verändert. Beim Wirkstoff Koffein beispielsweise wird Adenosin verdrängt, welches Müdigkeit erzeugt und den Körper herunterfahren soll. Der Körper reagiert mit einer Erhöhung der Adenosin-Rezeptoren, sprich die „Empfänglichkeit“ für Müdigkeit steigt stark an. Bei Cannabis hingegen ist es so, dass THC und CBD an die CB1-Rezeptoren andocken. Tun sie das zu oft, stumpfen die Rezeptoren allmählich ab, sprich die Wirkung ist reduziert. Wird anschließend der Konsum weiter gesteigert und fortgeführt, reduziert sich die Anzahl der CB1-Rezeptoren. Das bedeutet also für beide Beispiel, so absurd es auch klingt: Je mehr man nimmt, desto weniger wird man davon spüren – auf lange Sicht gesehen.
Was bedeutet die Toleranzentwicklung
Man muss hier ganz klar sagen, dass die Entstehung einer hohen Toleranzentwicklung definitiv als erster Warnhinweis des Körpers angesehen werden sollte. Und auch hier ist es egal, ob THC/CBD, Kaffee oder Energy-Drink: sobald der Körper selbst auf eine größere Menge des Wirkstoffs nicht mit dem gewünschten Effekt reagiert, dann ist die Toleranzentwicklung bereits ziemlich hoch. Doch bleiben wir weiterhin bei Cannabis.
Das Erreichen einer hohen Toleranzentwicklung wird zwar gelegentlich von geistig Umnachteten als eine Art „Auszeichnung“ angesehen: Schau her, ich vertrage am meisten! Doch diese Menschen sollten selbstverständlich keine Vorbilder sein. Allein schon aus dem Grund, dass eine hohe Toleranzentwicklung bei Cannabis einige negative Folgen mit sich bringt.
Die wichtigste, die man erwähnen muss, ist die Gefährdung der eigenen Gesundheit: Egal ob Bong, Joint oder auch als Vaporizer. Alle zusammen schädigen mit der Zeit und häufiger Nutzung die Lunge – selbst der schonende Vaporizer bleibt auf Dauer nicht so gesund. Ausgenommen sind von diesem Punkt allerhöchstens noch Öle und Kapseln.
Ein weiterer Punkt sind die Kosten. Gehen wir davon aus, dass das Cannabis offiziell als Patient in einer Apotheke erstanden wurde, so gehen wir ganz grob von einem Betrag von ca. 8 € pro Gramm aus, 80 € für 10 g, 800 € für 100 g. Da viele Patienten ihr Medikament monatlich bestellen, kommt eine schöne Summe zusammen. Ist die Toleranzentwicklung hoch, muss öfter oder mehr bestellt werden und das plündert, zumindest als Selbstzahler, ganz schnell den Geldbeutel.
Wie senkt man die Toleranzentwicklung
Es gibt zwei Methoden, um die eigene Toleranz wieder zu senken, wovon jeder seine Vor- und Nachteile hat. Fangen wir mit der „bequemsten“ Variante an: ein Wechsel der Sorte oder des Wirkstoffgehalts. Mittlerweile ist bekannt, dass sich die Toleranzentwicklung nicht ausschließlich auf den Wirkstoff THC oder CBD in den Blüten beschränkt, sondern viel facettenreicher ist. Der Wechsel einer Sorte kann oftmals einen gewaltigen Unterschied machen, was das Empfinden der Wirkung angeht. Man kann davon ausgehen, dass es sich bei diesem Phänomen um einen Entourage-Effekt der anderen in den Blüten enthaltenen Cannabinoiden handelt, welche jede Sorte ihre eigene Toleranzentwicklung bilden zu lassen scheint.
Die andere Methode mag für den ein oder anderen etwas unangenehmer wirken: Das Gras mal ein paar Tage, Wochen oder Monate beiseitezulegen. Mit jedem Tag „erholt“ sich das Cannabinoidsystem und wird zunehmend sensibler. Es ist genau das gleiche, wie auch bei anderen Wirkstoffen. Wenn man für gewöhnlich jeden Tag drei Tassen Kaffee trinkt, es dann einen Monat bleiben lässt, dann wird der nächste Kaffee deutlich „effektiver“ sein als noch einen Monat zuvor. Und genau so ist es auch bei Cannabis und THC/CBD. Der Körper baut den Wirkstoff schrittweise ab. Um den Prozess des Abbaus noch zu beschleunigen, hat sich sportliche Aktivität als nützlich erwiesen.
Doch wie bei allen anderen Dingen auch sollte man beim nächsten Konsum Vorsicht walten lassen. Wie es viele doch vom Alkohol her kennen, kann ein Bier oder Schnaps nach langer Abstinenz den Unterschied zwischen lustiger Party und Kloschüssel bedeuten.
Toleranzentwicklung bei Patienten
Nun stellt sich natürlich die Frage, wie ein Cannabispatient mit einer solchen Toleranzentwicklung umgeht. Und hier kommen wir zu einer eher erfreulichen Nachricht: Selbstverständlich stellt sich auch bei Patienten nach einer gewissen Zeit, insbesondere mit der gleichen Sorte, eine Toleranz ein. Allerdings bezieht sich diese Toleranz in vielen Fällen auf den Rauschzustand, aber nicht auf die Wirksamkeit der Medikation. Das bedeutet somit, dass eine Toleranzentwicklung unter Umständen sogar etwas Positives sein kann. Ohne diese Toleranz wären viele Patienten gar nicht in der Lage, ihr Leben zu führen, wie sie es tun. Wäre man als täglicher Cannabis-Konsument nach jeder Medikation so „breit“ wie nach dem ersten Joint, wäre es wohl unmöglich weiterhin arbeiten zu gehen oder allgemein am Leben teilzunehmen.
Dennoch kommt es natürlich vor, dass auch die Wirksamkeit der medizinischen Cannabisblüten auf Dauer abnimmt. Glücklicherweise haben Patienten mittlerweile jedoch eine große Auswahl an verschiedenen Blüten und können somit einen Sortenwechsel durchführen, um die Wirksamkeit der Medikation wieder sicherzustellen.
Fazit
Zusammenfassend kann man also sagen, eine Toleranzentwicklung ist eine wichtige Funktion unseres Körpers, uns zu warnen, dass es langsam etwas zu viel des Guten ist. Für Patienten wiederum ist es eine willkommene Eigenschaft, die den allermeisten ein vollwertiges Leben ermöglicht. Sollte sich also mal eine hohe Toleranz bemerkbar machen, sollte man sich etwas in Beherrschung üben oder als Patient einen Sortenwechsel mit dem Arzt besprechen.
Und bitte seht eine hohe Toleranz niemals als erstrebenswert an, weder bei Cannabis noch bei anderen Substanzen.