Du willst diesen Beitrag hören statt lesen?
Klicke dazu auf den unteren Button, um den Inhalt von Soundcloud zu laden.
Das körpereigene Cannabinoid System, auch Endocannabinoid-System (ECS) genannt, reguliert zahlreiche Prozesse im Körper des Menschen. Eine der wichtigsten Funktionen des ECS ist der Schutz des Nervensystems, also die sogenannte Neuroprotektion.
Professor Raphael Mechoulam, der gleiche Wissenschaftler, der das Endocannabinoid-System entdeckte und den Cannabis Wirkstoff THC im Detail erforschte, veröffentlichte einen Artikel über diese neuroprotektive Funktion, die Cannabinoide für das zentrale Nervensystem haben.
THC ohne CB-1?
Im Verlauf von Tierversuchen mit Cannabinoiden konnte beobachtet werden, dass einige Cannabis Wirkstoffe das Zentrale Nervensystem schützen vor verletzungsbedingten Schäden, aber auch vor Schäden, die durch Reduktion von Sauerstoff und Durchblutung oder aber auch durch Vergiftung verursacht wurden. Ebenfalls schützen Cannabinoide vor neuronalen Entzündungen. Bei einem Versuch, bei welchem manchen Ratten parallel ein Gift namens Ouabain und THC verabreicht wurden, anderen nur die giftige Substanz, wiesen diejenigen, die auch THC erhielten, wesentlich geringere Hirnschwellungen auf. Nach drei Tagen zeigten sie um 30 Prozent geringere Nervenschäden als die Kontrollgruppe.
Noch ist nicht genau erforscht, wie die Cannabinoide diesen Schutz ermöglichen, doch man geht davon aus, dass diese spezielle Wirkung nicht im Zusammenhang mit dem CB-1 Rezeptor stehen muss, der für gewöhnlich mit der Wirkung von THC in Verbindung gebracht werden kann. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass Cannabinoide auch freie Radikale bekämpfen, ohne dass die Cannabinoidrezeptoren involviert sind. Damit bewahren sie Nerven und Organe vor großen Schädigungen.
Oder doch eher mit?
In Studien, die sich mit der degenerativen Erkrankung Multiple Sklerose auseinandersetzen, die auf eine Entzündung des Nervensystems zurückzuführen ist, hat sich aber herausgestellt, dass Mäuse, die durch genetische Manipulation über keinen CB-1 Rezeptor verfügten, deutlich schlechter einen Nervenschaden, der durch Entzündung verursacht wurde, vermeiden oder minimieren können. Die meisten der Tiere, die an der tierischen Form der MS litten, wiesen später weitläufige Degenerationen der Nerven auf.
Das lässt die Schlussfolgerung zu, dass Cannabis den neuronalen degenerativen Ablauf verlangsamen kann. Aber die Cannabinoide schützen nicht nur das Nervensystem, sie hemmen auch die Entzündungen im zentralen Nervensystem sowie in den Organen und Geweben des Körpers. Bei der Alzheimer-Krankheit produziert der Körper eine giftige Substanz (Beta-Amyloid), die die Nervenzellen schädigt und ihr Absterben fördert. Forschungen am Institut für Nervenwissenschaften in Irland haben gezeigt, dass das Endocannabinoid-System Teile der Zelle vor den Schädigungen durch das Gift schützen kann.
Noch nicht auf den Punkt
Sollten die körpereigenen Endocannabinoide nicht ausreichen, das Nervensystem vor Schaden zu bewahren, können von außen zugeführte Cannabinoide einen erhöhten Schutz gewährleisten. Die Mechanismen, die bei schweren Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Alzheimer wirken, sind nur unzureichend erforscht. Der gezielte Einsatz für eine möglichst positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf von MS, oder als Prävention gegen die Entwicklung von Alzheimer, sollten durch weitere wissenschaftliche Untersuchungen entwickelt werden.