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Die Natur ist kein Chemielabor
In einem Chemielabor geht es sehr steril und genau zu, um aus reinen Ausgangsstoffen immer ein gleichwertiges Produkt erstellen zu können. Es geht darum, jede „Chemikalie“ einzeln zu erzeugen, um sie wiederum als Ausgangsstoff für andere Chemikalien oder eben Rezepturen zu haben. So möchte es die Industrie und auch die Pharmazie. Die Marihuanablüte enthält hingegen dutzende Wirkstoffe und noch mehr Stoffe, weswegen viele Mediziner, Apotheker, Politiker oder auch Pharma-Lobbyisten gegen die Marihuanablüte sind und den aus ihr heraus extrahierten Reinstoff bevorzugen würden.
Der Arzt wird immer erklären, dass er mit der Marihuanablüte nicht genau weiß, was denn alles in welcher Konzentration enthalten ist, und dass möglicherweise mit jeder Ernte alles wieder ganz anders ist. Er könne mit dem extrahierten Reinstoff gründlicher arbeiten und diesen sicherer verabreichen, da es hier immer exakt gleich ist. Im praktischen Leben derjenigen, die Cannabismedizin verwenden, sieht die Realität bei vielen jedoch ganz anders aus. Viele kannten bereits die lindernde Wirkung von Marihuanablüten, gingen zum Arzt und erhielten die Fertigarznei Dronabinol mit dem Reinstoff THC. Dieser Wirkstoff mag bei vielen Leiden eine entscheidende Rolle spielen, konnte vielen Patienten als Reinstoff jedoch nicht oder nicht so gut wie die Marihuanablüte helfen.
Warum die Marihuanablüte besser als der Reinstoff sein kann
Es gibt natürlich auch Patienten, denen mit dem Reinstoff sehr gut geholfen werden kann und die sogar lieber diesen anwenden, da ein paar Tropfen Dronabinol eher dem Verständnis von einem Medikament entspricht als eine Marihuanablüte. Dabei sind doch auch Salbeiblätter oder andere Pflanzen als medizinische Kräuter anerkannt, haben aber auch nicht die Form einer schönen weißen Pille?
Sehr viele Patienten erklären, dass ihnen ein aus der Marihuanablüte extrahierter Reinstoff nicht oder nicht so gut hilft, wie die Marihuanablüte. Auch hier haben viele ihre Sorten, die ihnen helfen und andere, die nicht so gut helfen. In jeder Marihuanablüte wirken immer dutzende Wirkstoffe zusammen. Es sind die Cannabinoide und Terpene, die teils nur in der Kombination ihre Wirkung entfalten.
Es gibt also Cannabinoide, die für sich allein eine medizinische Wirkung entfalten. Dann gibt es aber auch andere Cannabinoide oder die Terpene, die nur in der Kombination zur Geltung kommen und die Wirkung signifikant beeinflussen. Genau das alles muss noch erforscht werden oder die Patienten müssen sich durch ein paar Marihuanasorten testen und schauen, welche ihnen gut und welche besser helfen.
Es wirken viele Cannabinoide und Terpene zusammen und damit anders, als ein Reinstoff. Das ist leider schwer aufzuschlüsseln, da es nicht nur viele verschiedene Substanzen sind, sondern auch das Endocannabinoid-System so kompliziert ist, dass es weiter erforscht werden muss. So kann bei einer Marihuanablüte oder dem Vollextrakt das Verhältnis einzelner Cannabinoide zueinander stark unterschiedlich sein. Wenn das gewohnte Cannabinoid bei normaler Konzentration ist, aber ein anderes stärker enthalten ist, setzt dieses sich vielleicht auf einen Teil der Rezeptorstellen und ändert damit die Wirkung vom anderen Cannabinoid. Und das bei dutzenden Wirkstoffen noch aufschlüsseln zu können, kann eine sprichwörtliche Ewigkeit dauern.
Bis zum jetzigen Zeitpunkt wissen wir bereits einiges, aber noch nicht alles. Man muss es auch nicht exakt verstehen, wenn über Generationen beobachtet wird, dass es die Erbanlagen nicht zerstört und man merkt und sieht, dass es hilft. Auch bei vielen Medikamenten aus dem Chemielabor wissen wir gar nicht, wie genau sie wirken. Hier wissen wir aber noch nicht, ob sie nicht doch über Generationen, auch über künftiges Trinkwasser, schwere Schäden anrichten.
Wie ist es beim Genusskonsumenten?
In den USA wurde der Cannabis-Genusskonsum bis 2017 in acht Bundesstaaten legalisiert und damit auch reguliert. Der Trend geht weg von der Marihuanablüte hin zu den Edibles. Gerade Nichtraucher wollen nicht inhalieren, sondern naschen lieber. Die Hersteller der Edibles verwenden zum Teil kein Vollextrakt aus der Marihuanablüte, in dem dann ihre gesamten Wirkstoffe enthalten wäre. Sie verwenden ebenfalls den Reinstoff, teils ausschließlich THC, teils THC und CBD.
Hohe Konzentrationen von sehr reinem THC können für Problemgruppen kontraproduktiv sein und auch der normale Konsument es oft nicht mehr schön findet. Zu viel und zu reines THC kann die sogenannte „Kifferparanoia“ hervorrufen, die natürlich nach dem Ausnüchtern wieder weg ist, die aber sehr unangenehm sein kann. Bei der gleichen Menge THC, die zugleich mit CBD oder auch anderen Cannabinoiden eingenommen wird, kann die THC-Wirkung gepuffert und damit angenehmer empfunden werden. Sie ist für die Problemgruppen zugleich weniger gefährlich.
Nicht nur Patienten, sondern auch Genusskonsumenten, die sich hoch dosieren, würden sehr häufig die Marihuanablüte dem Reinstoff Dronabinol vorziehen. Dennoch setzen in den USA viele Edibles-Hersteller auf den Reinstoff THC – warum? Wer sich als Außenstehender alles ansieht, der kann eben nicht nachvollziehen, dass eine Marihuanablüte so sicher und genau angewendet werden kann, wie ein Reinstoff. Dieser Reinstoff, wie er von Medikamenten oder auch dem Alkohol mit seinen festen Volumenprozenten bekannt ist, macht den sicheren Eindruck.
Es geht in der Legalize-Bewegung natürlich darum, sehr viel Sicherheit zu vermitteln. Hier wird aber einfach mal die Vermutung aufgestellt, dass der Trend von diesen Reinstoffen zumindest für den Genusskonsum nach einer Normalisierung wieder abebbt und es zu den Vollextrakten hin geht. Selbst wenn sich nicht jeder Wirkstoff exakt angeben lässt, so wird es für Edibles-Hersteller möglich sein, die relevanten Wirkstoffe mit einem Gehalt „von x bis y mg“ angeben zu können. Das reicht, damit ein erfahrener Anwender das Produkt mit einem Blick auf das Kleingedruckte einschätzen und damit sicherer verwenden kann.