Die Leber einer Frau soll im Durchschnitt ein alkoholisches Getränk wie Bier oder Wein pro Tag verarbeiten können, ohne dass die Leber davon Schaden nimmt. Bei einem Mann sollen es zwei Getränke sein.
So lautet eine ärztliche Empfehlung für den Umgang mit Alkohol. Bei regelmäßigem Überschreiten dieser Tagesdosis sollen der Gesundheit ernsthafte Konsequenzen drohen, da Alkohol für die Leberzellen toxisch ist. Durch übermäßigen Konsum entzündet sich die Leber, das Gewebe vernarbt und gefährliche Zirrhosen können die Folge sein, außerdem Bluthochdruck, Schlaganfälle und Lebererkrankungen hin zum Leberkrebs.
Ist die Kombination von Alkohol und Cannabis gefährlicher als die Einzelsubstanzen?
Vor kurzem haben sich Wissenschaftler der University of Massachusetts Medical School und dem INRS-Institut Armand-Frappier Research Centre unter der Leitung von Dr. Terence Bukong mit den Auswirkungen des langfristigen Mischkonsums von Cannabis und Alkohol auf die Leber auseinandergesetzt. Die Studie von 2018 beinhaltete Untersuchungen bei etwa 320.000 Menschen, die eine längere Vorgeschichte mit beiden Substanzen hatten. Und obwohl man meinen sollte, dass der kombinierte Konsum die negativen Folgen für den Körper zwingend verstärken würde, zeigen die Ergebnisse der Untersuchungen, dass es in diesem Fall überraschenderweise anders ist.
Cannabinoide wie CBD hemmen die Auslöser für Lebererkrankungen
Bukong und sein Team fanden heraus, dass bei Menschen, die sowohl Alkohol als auch Cannabis konsumieren, das Risiko für alkoholbedingte Lebererkrankungen geringer ist. Und je mehr Cannabis die Menschen konsumieren, desto stärker ist dieser Effekt. Die Forscher erklären sich diese erstaunlichen Ergebnisse mit der entzündungshemmenden Wirkung, die Cannabis, und insbesondere Cannabidiol (CBD) hat.
Dies legen auch ältere Studien nahe, die zeigen, dass über die Cannabinoid-Rezeptoren in der Leber dazu in der Lage sind, Lebererkrankungen zu vermeiden oder zu behandeln. Das Aktivieren dieser Rezeptoren durch Cannabis reduziert die Entzündungen der Leberzellen schon im Anfangsstadium. Dadurch verlangsamt sich die fortschreitende Schädigung durch Alkohol.
Die Forschung zum Mischkonsum von Alkohol und Cannabis geht in die nächste Runde
Dr. Bukong warnt jedoch davor, die Forschungsergebnisse als Einladung für den übertriebenen Mischkonsum zu verstehen. Da viele Daten aus der Vergangenheit durch Befragungen zusammengetragen wurden, liegen keine Informationen über die Qualität und Wirkstoffkonzentration des Cannabis vor, das die Teilnehmer damals konsumierten. Bisher gibt es auch keine klinischen Studien, die die Auswirkungen des Mischkonsums weitestgehend in Echtzeit mitverfolgt haben. Bukongs Forschungsgruppe arbeitet bereits daran, herauszufinden, welche Cannabinoide und Kombinationen von Cannabinoiden die beste medizinische Wirkung bei Lebererkrankungen entfalten.
Kaffee und Cannabis beugen Vernarbungen im Lebergewebe vor
Trotz aller Vorsicht und Vorbehalte, stellen die Wissenschaftler als Ergebnis ihrer Untersuchung fest, dass Cannabiskonsumenten mit geringerer Wahrscheinlichkeit an alkoholbedingten Leberschäden leiden, Dauerkonsumenten am wenigsten. Ebenfalls gut zur Vorbeugung von Vernarbungen im Gewebe der Leber soll das Trinken von zwei bis drei Tassen schwarzen Kaffee pro Tag sein. Warum das so ist, ist bis heute nicht erforscht worden.