Du willst diesen Beitrag hören statt lesen?
Klicke dazu auf den unteren Button, um den Inhalt von Soundcloud zu laden.
In der Traditionellen Chinesische Medizin (TCM) werden sowohl Cannabis als auch Akupunkturverfahren bereits seit ein paar tausend Jahren angewandt. In einem vorangegangenen Beitrag, mit einigen Details zu Cannabis und TCM, wurde auch erläutert, dass Hanf in Verbindung mit TCM heutzutage kaum eine Rolle spielt. Wie könnte er auch, ist er ja illegal und noch immer sozial geächtet.
Doch die Zunahme der Akzeptanz und die Verbreitung von medizinischem Cannabis führen dazu, dass die Überlegung, Hanf zurück in die alternative Heilpraxis zu integrieren, wieder legitim wird. Akupunktur wurde zwar auch lange als Quacksalberei stigmatisiert, es erfreut sich jedoch bereits seit einigen Jahrzehnten nicht nur wachsender Beliebtheit, sondern wurde auch von westlicher Wissenschaft und Medizin als seriöses Heilverfahren akzeptiert und adaptiert.
Wie passt das zusammen?
An sich tendiert man nicht gerade dazu, zwischen Akupunktur und Cannabis Gemeinsamkeiten zu finden, wahrscheinlich kommt in unseren Breiten sogar kaum jemand darauf, nach solchen überhaupt zu suchen. Tatsächlich ist es so, dass die mehr oder minder äußerliche Behandlung mit den feinen Nadeln und die Einnahme von Cannabinoiden etwas ganz Wichtiges gemein haben. Sie wirken beide auf unser Endogenes Cannabinoid System (ECS). Da dieses System und seine Rezeptoren ja im Zentralen Nervensystem und in Immunorganen zu finden sind, erscheint das erst einmal abwegig, doch Cannabis und Akupunktur gehen als Therapie schon lange Hand in Hand.
Schon lange in einem Atemzug erwähnt
Vor über viertausend Jahren wusste man nichts von einem körpereigenen Cannabinoid-System. Dennoch wusste man sowohl um die heilende Wirkung von Cannabis, und auch von Akupunktur. Der sogenannte „Gelbe Kaiser“ Hoang Ti beschrieb 2698 v. Chr. im Nei Ching, ein Buch, das als der Maßstab der chinesischen Medizin gilt, sowohl die medizinische Nutzbarkeit von Cannabis als auch die Akupunktur. Beinahe dreitausend Jahre später soll Hua Tuo, ein berühmter Arzt in der Han Dynastie, Cannabis und Akupunktur als Anästhesie vor Operationen verwendet haben. Man sagt Hua Tuo nach, er sei der Erste gewesen, der überhaupt anästhesiert hat. In einem pharmakologischen Buch von Pen Ts´ao Ching, das um Christi Geburt entstanden ist, wurde die Verbindung der Anwendung von Akupunktur mit der von Cannabis detailliert erklärt.
Das Prinzip hinter der Wirkung
Eine maßgebliche Basis der TCM ist das Wissen um Qi (oder Chi). Dieses Qi wird fälschlicherweise heute oft als Lebensenergie verstanden, doch ganz so einfach ist der Begriff nicht zu fassen. Da sich im Gegensatz zur westlichen Medizin die TCM immer mit der Verbindung und dem Gleichgewicht von Geist (Seele) und Körper befasst hat, sieht sie den Menschen nicht nur in den Grenzen seiner körperlichen Organe, sondern auch Übergänge zwischen der materiellen und immateriellen Existenz. Somit ist Qi auch nicht nur etwas Unsichtbares, sondern manifestiert sich auch materiell in Blut (Xue) und anderen Körperflüssigkeiten (Jinye). Somit kann das Qi die Grenzen zwischen Körper und Geist überwinden und überall durch unseren Körper fließen. Die Qi-Flüsse passieren Punkte im Körper, die als Meridiane bezeichnet werden. In diese Meridiane werden die Akupunkturnadeln eingesetzt, um den Qi Fluss, der sich im Krankheitsfall in einem Ungleichgewicht befindet, zu regulieren.
Das Prinzip hat also schon etwas Ähnlichkeit mit den regulierenden Funktionen von Cannabinoiden auf die Rezeptoren des Cannabinoid-Systems und dessen regulierende Funktion auf Schmerzen, Entzündungen, Depressionen und vielen weiteren Leiden.
Um das Endocannabinoid-System wissen wir erst seit den 90er-Jahren, aber dennoch hatte man mit den Wirkungen auf den Menschen in der TCM schon sehr viele Erfahrungen. Über die Wirkung der Akupunktur hat man bereits in den 70er-Jahren herausgefunden, dass das Einsetzen der Nadeln an den richtigen Stellen des Körpers die Ausschüttung von körpereigenen Opioiden fördert, und so Schmerzlinderung und andere heilende Effekte auslösen kann. Mittlerweile ist auch erwiesen, dass es Zusammenhänge zwischen den körpereigenen Opioiden und den Endocannabinoiden gibt. Die Cannabinoide können die Produktion der Opioide erhöhen und so die heilenden Wirkungen entfalten. In der Weise wechselwirken Akupunktur und Cannabis in Kombination miteinander und begünstigen gegenseitig ihre regulierenden Eigenschaften.
Anwendungsgebiete von Cannabis und Akupunktur
Sowohl Hanf als auch Akupunktur können für die Behandlung verschiedener psychischer Störungen eingesetzt werden, darunter Depressionen und andere affektive Störungen, aber auch Suchtprobleme. Betreffend den körperlichen Leiden, die mit beiden Methoden behandelt werden können, ist die Wissenschaft noch nicht am Ende, sondern gerade erst in den Kinderschuhen. Aber es wird wohl die ganze Bandbreite entzündlicher Erkrankungen, chronische Schmerzkrankheiten und viele mehr beinhalten. Bis sich bei uns in der Praxis die Kombination beider Behandlungen etablieren könnte, ist natürlich noch reichlich Bedarf an Gesetzesänderungen, wissenschaftlichen Erkenntnissen und Aufklärung in der Bevölkerung. Aber vielversprechend ist der Ansatz allemal.