Wer in Deutschland eine Ausnahmegenehmigung nach § 3 Abs. 2 BtMG erhalten möchte, muss dafür nicht zwingend im Sterben liegen. Es reicht, wenn man austherapiert ist und damit belegen kann, dass nur der Hanf das eigene Leben erträglich macht. Dennoch sind die Hürden so hoch, dass praktisch nur Härtefälle diese Ausnahmegenehmigung beantragen. Bis man an der Stelle ist, ein solcher Härtefall zu sein, ist man meist schon aus dem normalen Leben mit festem Einkommen raus und hat nicht mehr viele Kontoeingänge. Jetzt kann man sich die Frage stellen, ob man lieber ein gesunder Patient oder ein Mensch mit gesundem Bankkonto sein möchte.
Wenn man sein Apothekenmarihuana zahlt
Je nach Leiden zahlt ein Patient für eine ausreichende Behandlung mit Marihuanablüten weit über 1000 € monatlich in der Apotheke. Wenn es mal 10.000 bis 50.000 € im Jahr wären, ist das Eigenheim nach rund 5 Jahren weg. Dass ein dank Marihuanablüten gesunder Patient schon fast in die private Insolvenz getrieben wird, sollte in unserem Sozialsystem mit Pflichtversicherung in der Krankenkasse nicht sein dürfen. Für Patienten, die Marihuanablüten aus der Apotheke benötigen, ist das jedoch der Alltag. Gesunder Patient mit krankem Bankkonto, bis dieses gesperrt wird und man wieder krank ist. Deswegen ist diese der Öffentlichkeit präsentierte Lösung in Wirklichkeit gar keine Lösung, sondern nur das geschönte Problem.
Nicht wirklich ein gesunder Patient
Auf der Dampfparade als Deutschlands Hanfpatientendemo in Köln geben Patienten häufig diesen Inhalt sinngemäß von sich: „Diese Angst davor, erwischt zu werden, ist einfach nur schrecklich. Dann habe ich den Antrag auf Ausnahmegenehmigung gestellt und endlich bewilligt bekommen. Ich dachte, all meine Probleme wären gelöst. Das ist nicht der Fall, es ist genauso schlimm, wie vorher.“
Schwerstkranke Menschen müssen sich um Rechtsberatung bemühen, einen mitwirkenden Arzt finden, für eine Erkrankung austherapiert sein und können erst dann den Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung stellen. Dieser kann abgelehnt werden, die Ablehnung muss dann angefochten werden. Dann kann der gesunde Patient sein ganzes Vermögen in die Apotheke tragen und sich verschulden. In der Apotheke gibt es aufgrund Lieferengpässe immer wieder nichts und man muss erneut auf den Schwarzmarkt zurückgreifen oder anbauen. Dann kann der Patient wieder belangt werden und auch ansonsten muss er immer um seinen Führerschein zittern.
Das wird Menschen zugemutet, die so krank sind, dass sie mit unter 40 Jahren bereits als erwerbsunfähig gelten. Drei Stunden tägliche Arbeit von Montag bis Freitag sind nicht mehr zumutbar, aber der Spießrutenlauf, an dem selbst gesunde und gewandte Menschen scheitern würden. Der mit Medikamenten zugedröhnte und am Stock laufende Patient soll das eben so machen, um sein Medikament zu erhalten, für das er sich finanziell ruinieren wird. Das Medikament, welches er oder sein Angehöriger, in einem Gemüsegarten für wenige Euro Kostenaufwand anbauen könnten.
Aber auch das kann nicht die Lösung sein, ein gesunder Patient muss doch nicht über einen grünen Daumen verfügen, um nicht wieder krank zu werden.
Kommt die Kostenübernahme?
Marihuana für medizinische Zwecke soll von Anlage I in Anlage III im BtMG übertragen werden, womit es mit einem einfachen BtM Rezept genau wie Opiate und andere Megakracher verschrieben werden kann. Eine Pflanze, die toxisch weniger bedenklich als Aspirin ist und nur bei den wenigsten Anwendern zu psychischen Problemen führt, die den Hanf dann einfach wieder absetzen können. Bereits das würde alles sehr vereinfachen, da man nur noch einen mitwirkenden Arzt finden müsste, der ein BtM Rezept ausstellt. Es wäre aber nur fast so einfach, wie eine schmerzbedingte Morphinsucht.
Die Krankenkasse sollen diese Medizinhanfblüten ab 2017 sogar wie das Morphium erstatten. Aber anscheinend gibt es viele Schlupflöcher, um sich vor diesen Kosten zu drücken, sowie diese Kostenübernahme möglicherweise auch nur bei klar definierten Krankheitsbildern stattfindet. Der Arzt könnte Marihuana zwar verschreiben, wenn er es für sinnvoll ansieht. Aber die Kassen könnten häufig erklären, dass sie nicht zahlen. Dann kann natürlich geklagt werden. Aber insgesamt ist auch das noch keine Problemlösung, sondern das Problem wird etwas geschönt, um noch mal Zeit zu gewinnen, es nicht lösen zu müssen. Es geht also ums Prinzip, den Hanf nicht zu zahlen und nicht in die Gesellschaft zu bringen. Die Süddeutsche berichtete am 20.04.2016 von einem Patienten, der im Jahr für rund 50.000 € Apothekenmarihuana kauft. Die Kasse wird die Kosten auch dann nicht übernehmen, wenn dieser Patient wieder zu seinen alten Medikamenten mit rund 250.000 € pro Jahr ausweichen muss, da er pleite ist. Aber diese 250.000 € werden ohne Nachfrage wie eh und je anstandslos erstattet.
Ein gesunder Patient, der im Garten arbeitet und seine Sachen selber erledigen kann, sitzt dann wieder untätig im Rollstuhl. Von den Opiaten und anderen Medikamenten kriegt man wenigstens keine „Kifferpsychosen“ sondern stirbt nur irgendwann an Organversagen. Der Patient sieht wenigstens die ganze Zeit krank aus und ist damit glaubwürdiger als ein gesunder Patient, der ständig kifft und sein Leben wieder genießen kann.
Ein dank Apothekenmarihuana gesunder Patient wird künftig weiterhin oft genug Grund zur Wut haben. Zu oft. Dennoch ist selbst diese erneute Miniauflockerung der Verbotspolitik gegenüber der Patienten ein riesiger Erfolg, wobei Deutschland es an diesen Baustellen mit Vernunft wirklich nicht eilig hat.