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Spätestens seit Cannabis in Deutschland von einem Arzt verschrieben werden kann, dürfte es auch zu Kritikern durchgedrungen sein, welch großes medizinisches Potenzial die Pflanze zu bieten hat. Es gibt Studien, die den Cannabinoiden sogar eine heilende Wirkung bestätigen. Die Erkenntnisse könnten primär für Schlaganfallpatienten interessant sein.
Das medizinische Potenzial von Cannabis
In den vergangenen Jahren sind immer mehr therapeutisch wertvolle Eigenschaften der Cannabinoide ans Licht gekommen. Vor allem in den USA laufen die Forschungsarbeiten dank der Legalisierung in einigen Bundesstaaten auf Hochtouren. Wir haben viel über die entzündungshemmenden und antioxidativen Eigenschaften der verschiedenen Cannabinoide erfahren und so langsam beginnen wir auch zu verstehen, welche Funktion sie bei der Signalübertragung zwischen Nervenzellen haben. Deswegen befassen sich Ärzte und Forscher nun mit dem Potenzial der Cannabinoide als neuroprotektive Wirkstoffe. In diversen Studien konnten Cannabinoide das Absterben von Nervenzellen bei akuten neuronalen Verletzungen wie Schlaganfällen und traumatischen Hirnverletzungen verhindern. Des Weiteren gibt es Indikatoren für eine Linderung der Symptome bei Multipler Sklerose, der Huntington-Krankheit sowie bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen.
Die Wirkung von Cannabinoiden nach einem Schlaganfall
Vor allem CBD ist im Hinblick auf die neuroprotektive Eigenschaft nach einem ischämischen Schlaganfall genauer untersucht worden. Es stellte sich heraus, dass das Cannabinoid die Durchblutung des Gehirns nach einem Schlaganfall erhöht und dadurch das Ausmaß des Infarkts eindämmt. Während THC bei mehrfacher Dosierung eine Tendenz zu geringerer Aktivität zeigt, wirkt CBD auch dann, wenn es über 14 Tage lang mehrmals verabreicht wurde. Zudem werden als Folge eines Schlaganfalls schädliche Stoffe freigesetzt und Entzündungen hervorgerufen. CBD kann diese Entzündungen nachweislich vermindern.
Bei einem Schlaganfall werden Hirnschäden größtenteils auf oxidativen Stress zurückgeführt, der durch eine Ansammlung von sauerstoffhaltigen Molekülen aufgrund der hohen Glutamat-Ausschüttung der Neurotransmitter hervorgerufen wird. THC und CBD fungieren dabei als effektive Antioxidantien, die den Glutamat-Ausstoß hemmen und die Ansammlung der Sauerstoffradikale infolge eines Schlaganfalls dadurch reduzieren.
Der Neurotransmitter Glutamat und Cannabinoide
Die Studie mit dem Titel „Neuroprotective Antioxidants from Marijuana“ wurde bereits im Jahr 2000 veröffentlicht und beschäftigt sich mit der Interaktion verschiedener Cannabinoide und dem Signalsystem unseres Gehirns, das Glutamat ausschüttet. Man untersuchte das neuroprotektive Potenzial von Cannabidiol und anderen Cannabinoiden in Neuronen von Ratten, die einer toxischen Glutamatkonzentration ausgesetzt wurden.
Es ist kein Geheimnis, dass eine hohe Glutamatkonzentration zur Bildung schädlicher Substanzen beiträgt und Neurotoxizität auslösen kann. Man weiß auch, dass Antioxidantien die Aktivität von Glutamat reduzieren und da sich CBD und THC als effektive Antioxidantien erwiesen haben, können sie diese Aufgabe mit Bravour übernehmen.
Außerdem konnte nachgewiesen werden, dass die Neuroprotektion durch sowohl THC als auch CBD erhöht und Neurotoxizität der NMDA-, AMPA- und Kainat-Rezeptoren vermindert werden kann. Des Weiteren kam man zu dem Schluss, dass CBD die Toxizität eines bestimmten Moleküls vermindert, womit das Cannabinoid die Effektivität als Antioxidans bestätigt. In einem Test verglich man dabei die Wirksamkeit von CBD mit zwei anderen Antioxidantien, nämlich Vitamin E und Ascorbat (Salz der Ascorbinsäure Vitamin C). In einem in Vitro Versuch erwies sich das Cannabinoid gegenüber den beiden anderen Substanzen bezüglich der neuroprotektiven Kapazität als überlegen.
Doch nicht nur CBD und THC können Nervenzellen schützen und reparieren. Wie eine internationale Studie nun herausfand, besitzt das Cannabinoid THCA ebenfalls eine neuroprotektive Wirkung.
Die neuroprotektive Wirkung von THCA
Tetrahydrocannabinolsäure (THCA) ist ein Cannabinoid in Säureform, das im unbehandelten Cannabis vorkommt. Ein internationales Forscherteam präsentiert uns jetzt eine Studie, die die neuroprotektive Wirkung von THCA nahelegt. Bei THCA handelt es sich um eine Säure, die im Cannabis vor der sogenannten Decarboxylierung vorkommt. Darunter versteht man den Vorgang, wenn Säuren im Cannabis durch Trocknung und Wärme in neutrale und psychoaktive Wirkstoffe umgewandelt werden.
Die medizinische Forschung wurde vom biomedizinischen Forschungsinstitut „Instituto Maimónides de Investigación de Cordoba“ zusammen mit drei im Bereich der medizinischen Cannabisforschung führenden Unternehmen durchgeführt: Phytoplant Research SL, VivaCell Biotechnology Spain SL und Emerald Health Pharmaceuticals. Veröffentlicht wurde die Studie im British Journal of Pharmacology.
Der Versuch wurde an Nagetieren durchgeführt. Es zeigte sich, dass die Cannabinoide in sauerer Form an bestimmte Rezeptoren andocken und sie stärker aktivieren als die decarboxylierten Gegenstücke. Bei Nagern, die mit einem Mitochondriengift infiziert waren, konnten motorische Defizite durch die Gabe von THCA verbessert und der Degeneration damit vorgebeugt werden. Außerdem konnte die Wirkung entzündungsfördernder Mittel und Marker, die mit der Huntington-Krankheit assoziiert sind, abgeschwächt werden.
Cannabinoide besitzen neuroprotektive Eigenschaften
In manchen Teilen der Gesellschaft hält sich das hartnäckige Stereotyp des verblödeten Cannabis-Konsumenten, denn: Kiffen macht dumm! Obwohl Freizeitkonsum und medizinischer Einsatz getrennt voneinander betrachtet werden müssen, liefert uns die Forschung immer wieder Belege dafür, dass genau das Gegenteil der Fall ist und Cannabinoide sogar zum Schutz von Nervenzellen beitragen. Insbesondere bei der Behandlung und Linderung traumatischer Hirnverletzungen und Schlaganfällen gibt es zahlreiche Beweise für das nutzbringende Potenzial von Cannabis.
Natürlich gibt es in diesem Bereich noch sehr viel mehr zu entdecken, doch die Forschung präsentierte uns in letzter Zeit immer mehr Erkenntnisse in kurzen Abständen. Vielleicht kann die stetig steigende Anzahl aussagekräftiger Forschungsergebnisse dazu beitragen, dass zeitnah an neuroprotektiven Therapiemöglichkeiten für die Linderung von neuronalen Schäden gefeilt wird, die durch traumatische Hirnverletzungen oder infolge eines Schlaganfalls auftreten können.